Bernhard Koye, Schweiz. Institut für Finanzausbildung
Bernhard Koye, Leiter des Schweizerischen Institutes für Finanzausbildung an der Kalaidos Fachhochschule. (Foto: zvg)
von Alexander Saheb
Die Bank und Finanzbranche steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Konzepte aus der Industrie wie Lean Management sollen Kosten sparen helfen, dürften aber auch zahlreiche Arbeitsplätze kosten. Für Prof. Dr. Bernhard Koye, Leiter des Schweizerischen Institutes für Finanzausbildung an der Kalaidos Fachhochschule, gibt es jedoch Anzeichen, dass die Branche den nötigen Kulturwandel von innen heraus schaffen kann.
Der Finanzplatz Schweiz ist im Umbruch. Wie attraktiv ist die Bank- und Finanzbranche heute als Arbeitgeber?
Die Bank und Finanzbranche hat eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung. Daher wird sie auch mittelfristig weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber bleiben. Generell wird sich das Lohnniveau der Branche aufgrund der Industrialisierung graduell anderen Branchen angleichen müssen. Die aktuellen Trends fordern die Geschäftsmodelle der Banken jedoch heraus, nicht nur finanziell und strukturell, sondern auch kulturell. Es gilt, sich zu fragen, warum Google oder auch Cisco Systems Top-Talente anziehen können und welche Lehren es aus den aktuellen Entwicklungen zu ziehen gilt.
Gibt es bestimmte Bereiche, die in Zukunft krisensichere Arbeitsplätze bieten werden oder kommt eine Zeit in der jeder Bank Job ständig auf dem Prüfstand steht?
Die Geschäftsmodelle der Banken werden kritisch hinterfragt – auch von Kunden. Margen fallen, Cost-Income-Ratios steigen. Nachhaltige Industrialisierung ist die Chance, kurzfristiges Denken ist die Gefahr. Diese Entwicklung haben viele andere Industrien vor 20 oder 10 Jahren durchlaufen. Das Ausmass des notwendigen Abbaus von Arbeitsplätzen wird hoch sein. Es hängt von der Fähigkeit der Banken ab, echten – auch aus Kundensicht so empfundenen – Mehrwert zu schaffen. Es könnte durchaus mit der Entwicklung der Uhrenindustrie vor 20 Jahren verglichen werden. Generell werden in den unterstützenden Bereichen wohl mehr Arbeitsplätze verloren gehen als in den kundenorientierten Bereichen.
Nach der Finanzkrise 2008 wurde eine Finanzausbildung gefordert, welche Banker umfassender und mit mehr Sensibilität für Risiken ausbilden sollte. Wie weit wurde das eingelöst, was hat nicht geklappt?
Die Finanzausbildungen reflektieren seit einigen Jahren die Risiken der Kerngeschäfte der Banken in gutem bis sehr gutem Ausmass. Bis das verzahnte Spezial-Knowhow im notwendigen Ausmass aber bei allen Geschäftsleitungen und Bankmitarbeitern ankommt, braucht es aber Zeit. Neben dem Knowhow ist dabei vor allem die Frage des Risk Appetites im Auge zu behalten – wie viel Risiko geht eine Bank bewusst ein und welche Renditechancen sind damit verbunden? In diesem Sinne ist eine bewusste Risikopolitik auf Stufe Geschäftsleitungen ein Imperativ.
«Generell werden in den unterstützenden Bereichen wohl mehr Arbeitsplätze verloren gehen als in den kundenorientierten Bereichen.»
Bernhard Koye, Leiter des Schweizerischen Institutes für Finanzausbildung an der Kalaidos Fachhochschule.
Das ‚Schweizerische Institut für Finanzausbildung‘ der Kalaidos-FH FH bietet zahlreiche Weiterbildungen im Finanzbereich an. Welche scheinen Ihnen heute in besonders sichere Jobs zu führen?
Wir bieten Weiterbildung für Fach- und Führungsprofis von Banken an. Generell ist das fachliche Knowhow stets zu aktualisieren: Sei es in der Kundenberatung oder im Firmenkundengeschäft – wo wir spezialisierte CAS (Certificate of Advenced Studies) anbieten – oder im Management Knowhow. Hier ist das Kernverständnis für die wesentlichen Instrumente zum notwendigen Umbau der Geschäftsmodelle für jede Führungskraft ein Muss. Einfluss wird immer mehr abhängig von der eigenen Fähigkeit, in seiner jeweiligen Rolle echten Mehrwert für die Bank zu schaffen und gemeinsam die notwendige Umgestaltung der Geschäftsmodelle zielgerichtet voranzutreiben. Dabei spielt die Zeit eine wesentliche Rolle – es ist nicht mehr viel Platz für langfristiges politisches Taktieren.
Welche Weiterbildungen werden von Studierenden derzeit favorisiert? Sehen Sie da bestimmte Gründe dafür?
Die Studierenden bevorzugen Weiterbildung, die auch in der Praxis konkret angewandt werden kann. Der Grund ist einfach: Auch die Weiterbildung muss direkten Mehrwert für ihre Kunden schaffen. Jeder Tag, den man nicht am Arbeitsplatz ist, muss Sinn machen. Das ist für uns am SIF motivierend.
Praxisbezug schreiben Fachhochschulen ja gross. Wie ist das bei Ihren Bildungsgängen? Können Sie Dozenten mit einem hervorragenden praktischen Leistungsausweis gewinnen?
Absolut. Fachhochschulen haben die Chance, mit der optimalen Mischung aus Praxis und erfolgsfördernden Konzeptionen die Kompetenzen ihrer Studierenden und somit auch die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen nachhaltig zu stärken. Deswegen kooperieren wir vor allem mit Dozenten, die diese Brückenfunktion mit Herzblut und Kompetenz wahrnehmen können und wollen. Und wir dürfen sagen, dass dieser Typ Mensch dann die Studierenden sehr gut motivieren kann.
«Die Finanzausbildungen reflektieren seit einigen Jahren die Risiken der Kerngeschäfte der Banken in gutem bis sehr gutem Ausmass.»
Wie gut gelingt es Ihnen, das relativ junge Institut für Finanzausbildung neben den Platzhirschen aus Zug und Winterthur zu positionieren?
Wir dürfen sagen, dass wir nach 3 Jahren bei 25% Marktanteil im Markt für Bankmangement-Weiterbildung auf Stufe MAS/DAS/CAS (Master, Diploma, Certificate of Advanced Studies) stehen – Tendenz steigend. Diesen Anteil konnten wir nur erreichen, da uns unsere Studierenden uns aufgrund ihrer bei uns deutlich weiterentwickelten Kompetenzen in hohem Masse weiterempfehlen. Zudem können wir ab Herbst 2013 das erste und einzige Angebot auf Stufe MAS/DAS/CAS auf Französisch in der Romandie lancieren – und dies in Kooperation mit den lokalen Bankiervereinigungen in Genf und Lausanne. Dies ist uns nur ermöglicht worden, weil unsere Produkte hier in Zürich von den Banken ein hervorragendes Feedback erhalten haben. Dafür sind wir dankbar.
Welche Schwerpunkte gibt es in der Forschung des Instituts für Finanzausbildung?
Angewandte Forschung an den Kernthemen der Praxis kann einen wesentlichen Beitrag für den Bankenplatz Schweiz leisten. Dies ist zumindest unser Strategieverständnis am SIF. Daher – und aufgrund unseres eigenen Forschungshintergrunds – liegen unsere Forschungsschwerpunkte auf den Themen, die für die Banken aktuell und in den kommenden 3-5 Jahren von grösster Wichtigkeit sind: Lean Banking, Industrialisierung der Geschäftsmodelle, Service Design und Wandlungsfähigkeit von Banken.
Haben Sie auch allgemein interessante Erkenntnisse gewonnen?
Die Menschen, die in Banken arbeiten, können den bevorstehenden Wandel der Geschäftsmodelle sehr gut mittragen oder auch treiben – wenn es den Banken gelingt, die Potenziale der Menschen auch wirklich zu nutzen und zuzulassen und Führungs- und Kopoperationsformen zu entwickeln, die lösungsorientiert sind. Der Kommunikationsstil verändert sich in unseren Weiterbildungen – Menschen werden direkter, offener und auch konstruktiv-kritischer. Dieser kulturelle Wandel wird in jedem Jahr deutlich spürbarer – wobei er zwischen den Teilnehmern heiss diskutiert wird. Die wachsende Offenheit macht mir dabei Mut, dass die Bank und Finanzbranche den Wandel von innen heraus bewältigen kann.
Herr Koye, besten Dank für das Interview.
Der Gesprächspartner:
Prof. Dr Bernhard Koye (*1968) ist Institutsleiter am Schweizerischen Institut für Finanzausbildung der Kalaidos Fachhochschule Zürich. Nach Studium und Promotion an der Universität Zürich war Koye bei verschiedenen Banken und Finanzdienstleistern in führenden Positionen tätig. Ausserdem übernahm er Lehraufträge an der Universität Zürich.
Das Unternehmen:
Die Kalaidos FH ist eine 2006 staatlich akkreditierte Hochschule nach schweizerischem Recht mit privatrechtlicher Trägerschaft. Ihre Wurzeln reichen bis ins Jahr 1997 zurück. Die Kalaidos FH hat mittlerweile mehr als 6000 Ehemalige, bietet über 20 Bachelor- und Masterstudiengänge an und bedient jährlich über 1800 Studierende und zahlreiche Unternehmen in der deutschen und der französischen Schweiz.