China und die EU legen «Solarstreit» bei
Peking – China und die Europäische Union haben ihren Handelsstreit über chinesische Solarimporte beigelegt. Nach einem wochenlangen Tauziehen einigten sich beide Seiten auf Mindestpreise für Importe chinesischer Solarprodukte in die EU. Dies geht aus einer Mitteilung von EU-Handelskommissar Karel De Gucht vom Samstag hervor. Er sprach von einer «freundschaftlichen Lösung». Nach Angaben von Diplomaten soll ein Mindestpreis von 56 Cent pro Watt gelten.
Die Gesamtmenge der chinesischen Importe an Solarmodule in die EU soll gedeckelt werden, und zwar umgerechnet in Leistung auf sieben Gigawatt pro Jahr. Chinesische Firmen, die sich auf diese Bedingungen einlassen, müssen keine Strafzölle fürchten.
Für alle anderen gelten ab dem 6. August Strafzölle in einer Spanne zwischen 37,2 und 67,9%, wie EU-Handelskommissar De Gucht am 6. Juni erklärt hatte. Etwa 90 Firmen dürften sich laut EU-Kommission beteiligen, das entspreche 60% der in der EU durch Solarmodule erzeugten Leistung.
EU hofft auf «neues Gleichgewicht»
Angesichts der Billig-Konkurrenz aus China seien 25’000 Arbeitsplätze in der kriselnden europäischen Solarbranche in akuter Gefahr, hatte die EU-Kommission die Strafzölle begründet. Als die EU Anfang Juni dann vorläufige Strafzölle von 11,8% verhängte, verschärfte auch Peking prompt die Gangart.
«Wir sind zuversichtlich, dass diese Preisverpflichtung den europäischen Solarmodul-Markt stabilisieren und den Schaden beseitigen wird, der der europäischen Industrie durch die Dumping-Praktiken entstanden ist», erklärte De Gucht nun. Der Kompromiss werde «zu einem neuen Gleichgewicht auf dem europäischen Markt für Solarmodule führen und zu einem stabilen Preisniveau führen wird.» Die EU-Kommission kündigte für Montag eine Medienkonferenz des Kommissars an.
Vorläufige Massnahmen umstritten
In den nächsten zehn Tagen will die Brüsseler Behörde den Kompromiss offiziell beschliessen, nach Beratungen mit den EU-Staaten. Mit der Einigung konnte eine weitere Eskalation des Handelsstreits vermieden werden. Der Fall ist wegen des hohen Marktwertes der Einfuhren von geschätzt 21 Milliarden Euro pro Jahr beispiellos.
Die EU wirft chinesischen Solarherstellern Dumping vor. Durch staatliche Unterstützung in China könnten sie ihre Produkte unter Herstellungswert in der EU verkaufen, lautet der Vorwurf.
Die vorläufigen Strafmassnahmen waren unter den Mitgliedstaaten der EU umstritten. Trotz des Widerstandes Deutschlands und 17 weiterer Länder hatte die EU-Kommission die vorläufigen Strafzölle verhängt. Gegner der Strafzölle hatten vor einem Handelskrieg gewarnt.
Peking mit Vergeltungsaktionen
Mit der jetzt erreichten Einigung im Solarstreit gab es Hoffnung, dass Peking auch in anderen Bereichen wieder auf die EU zugeht. So hatte China ein Anti-Dumping-Verfahren gegen europäischen Wein eingeleitet, das als Vergeltungsaktion gewertet worden war, um den Druck auf die Solar-Verhandlungen zu erhöhen. Auch ermittelt China bei Importen legierter Stahlrohre und spezieller Chemieprodukte aus der EU. Gegen Dumping kann jedes Land nach Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) vorgehen, um die heimische Industrie vor unfairer Konkurrenz zu schützen.
Die Einigung erfolgte nur eine Woche vor Ablauf der Frist am 6. August. Danach wollte die EU Strafzölle von 47,6% verhängen. Seit Anfang Juni galten bereits vorübergehende Strafzölle von durchschnittlich 11,8%. (awp/mc/pg)