Investoren begrüssen Rauswurf von Kuoni-Chef
Zürich – Der Rauswurf von Kuoni-Chef Peter Rothwell kommt bei Investoren gut an. An der Schweizer Börse legte der Aktienkurs des Reisekonzerns bis zum Mittag zu. Der Brite hatte nach den schlechten Zahlen des letzten Jahres unter Druck gestanden.
Zeitweise kletterte der Titel am Freitagmorgen um über 3%. Danach bröckelte das Papier während der Mittagspause ab und notierte um 15.40 Uhr noch um 1,1% höher auf 301.25 CHF. Damit hielt sich die Aktie etwas besser als der Gesamtmarkt (+0,1%).
Am Vorabend hatte der Reisekonzern bekannt gegeben, Rothwell zu entlassen und per sofort interimistisch durch Finanzchef Peter Meier zu ersetzen. Rothwell werde das Unternehmen «nach einer Übergabe» auf Ende Monat verlassen, hiess es. Zu den Gründen für den Entscheid wollte Konzernsprecher Peter Brun auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda keine Angaben machen. Den Entscheid habe der Verwaltungsrat gefällt.
Deutlicher Verlust 2012
Rothwell stand seit 2009 an der Spitze von Kuoni. Zuvor war der Brite stellvertretender Chef des Konkurrenten TUI gewesen. Unter seiner Führung ging Kuoni zuletzt durch schwierige Zeiten. Der Ausstieg aus dem defizitären europäischen Reiseveranstaltergeschäft bescherte dem Unternehmen im vergangenen Jahr einen Verlust von 13,2 Mio CHF, nach einem Gewinn von 33,3 Mio CHF im Vorjahr. Um der schwachen Entwicklung entgegenzusteuern, baute Kuoni Hunderte von Stellen ab.
Im laufenden Jahr peilt Kuoni gemäss früheren Angaben die Rückkehr in die Gewinnzone an. Zwar schlügen nochmals Kosten von 56 Mio CHF für den Rückzug aus dem defizitären Reiseveranstaltergeschäft zu Buche, hatte Finanzchef Meier im März der sda gesagt. Dafür seien die operativen Verluste viel kleiner als im Vorjahr. Und andere Einmalkosten in Höhe von knapp 20 Mio CHF fielen weg.
Transformation
Kuoni habe sich unter Rothwell seit 2009 zu einem führenden globalen Reisedienstleister entwickelt, hiess es in der Medienmitteilung vom Donnerstag: So kaufte der Konzern unter anderem das britische Onlinereisebüro GTA (Gullivers Travel Association), das den Umsatz erstmals in der Kuoni-Geschichte weit über die Grenze von 5 Mrd CHF hob. Zudem wuchs unter Rothwells Führung das Visa-Geschäft zu einem Goldesel heran. Bei diesem Geschäft übernimmt Kuoni die Verarbeitung von Visa-Anträgen von den Botschaften und Konsulaten, wobei der Entscheid über die Visa-Erteilung bei den diplomatischen Vertretungen bleibt.
Grösster Auftraggeber ist Saudi-Arabien. Dank der Abermillionen islamischer Pilger nach Mekka und Medina ist dies ein lukratives Geschäft.
«Der Verwaltungsrat dankt Peter Rothwell, dass er die Kuoni-Gruppe durch diesen Veränderungsprozess führte.» Die Transformation sei nun weitgehend abgeschlossen, hiess es im Communiqué weiter. Rothwell selber hatte noch vergangenen Monat gesagt, er wolle Kuoni weiterentwickeln und mittel- und langfristig voranbringen. Er wolle so lange Konzernchef bleiben, «bis ich die Ergebnisse des Wandels sehe und dazu beitragen kann.»
Zeitpunkt überraschend
Offensichtlich sah dies der Verwaltungsrat nun anders. Der Zeitpunkt des Chefwechsels sei überraschender als der Entscheid des Verwaltungsrates an und für sich, urteilten Analysten. Mit Peter Meier übernehme ein erfahrener Finanzchef vorübergehend die Führung, schrieb die Privatbank Notenstein. Seit Ende 2010 habe er die Phase des Umbaus eng begleitet. Trotz der Unsicherheiten, die mit einem Wechsel an der Unternehmensspitze üblicherweise verbunden seien, dürfte dies die Anlieger einigermassen beruhigen, meinte Notenstein. Die Suche nach einem neuen Chef ist laut Kuoni angelaufen. Er soll noch in diesem Jahr ernannt werden. (awp/mc/cs)