Europa Forum Luzern: Personalrekrutierung aufgabenfokussiert angehen
Jörg Lienert, Gründer der Jörg Lienert AG.
Luzern – Der Steuerstreit, das Ringen um bilaterale Abkommen, die Währungs- und Schuldenkrise in verschiedenen EU-Ländern sowie die Zweifel an der Zukunft des Euro fordern Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Egal, ob die Wirtschaftsprognosen pessimistisch sind, in der Schweiz herrscht praktisch Vollbeschäftigung und das Land steht mitten in Europa als Insel da, das Arbeitskräfte braucht.
Der grösste Teil der ausländischen Arbeitskräfte wird in Deutschland rekrutiert. Jörg Lienert, Gründer der Jörg Lienert AG, kennt die Besonderheiten im Recruiting im Auftrag von KMUs. Die aktuelle Situation auf dem europäischen Arbeitsmarkt wurde am Europa Forum Luzern beleuchtetet.
Gründe für den starken wirtschaftlichen Auftritt der Schweiz dürfte es viele geben. „Aus Sicht der Personalrekrutierung stehen drei Beobachtungen im Vordergrund, die gleichzeitig Hinweise auf die Knackpunkte im internationalen Recruiting liefern: Es sind dies die KMU-Struktur der Schweiz, die Berufsbildungstradition und die Leistungsbereitschaft der Mitarbeitenden, die auf einem überdurchschnittlichen Commitment beruht,“ sagt Jörg Lienert, der seit 30 Jahren für Schweizer Unternehmen Fach- und Führungskräfte rekrutiert. Entgegen den internationalen Megatrends heisst das Erfolgsrezept, dass die Stärke in vergleichsweise kleinen, agilen und vielfältigen Unternehmen liegt, die fachlich führend auf Kundenwünsche eingehen können. Ein Resultat ist die mit Abstand höchste Dichte an Patenten pro Kopf – weltweit. Darin könnte auch der entscheidende Innovationsvorteil liegen: «It happens on the factory floor», hat das Time Magazine im Februar 2011 konstatiert.
Vergleichbarkeit der Kompetenzen
Gemäss Lienert beeinflussen drei Faktoren die Rekrutierung: „Kleine Unternehmen verlangen gewandte und sehr lernfähige Fachkräfte, dann ist auch in Führungspositionen eine hohe fachliche Kompetenz gefordert. Und: es ist leider ein entscheidender Nachteil der kleinen Unternehmen, dass sie als Employer Brand im internationalen Wettbewerb nahezu unbekannt sind, auch wenn sie sich als Nischenleader profilieren können.» Bei der Rekrutierung stelle sich immer die Frage nach der Kompetenz und nach der Vergleichbarkeit. Trotz Bologna- und weiteren Orientierungssystemen seien internationale Diplome kaum vergleichbar. „Dieses Problem kann angepackt werden, indem die Vakanzen möglichst konkret – das heisst aufgabenfokussiert – ausgeschrieben werden“, betont Lienert. „Eine weitere Herausforderung stellt sich darin, dass ausländische Führungskräfte in der Schweiz die Stärken des Schweizer Berufsbildungssystems begreifen und entsprechend schätzen und nutzen.“ Auf der Führungsebene seien nicht General Manager gesucht, sondern Führungskräfte mit hoher Fach- und Branchenkompetenz. „Kräfte aus dem Ausland sind hochwillkommen, wenn sie in der Lage sind, an eine Unternehmenskultur anzudocken“, unterstreicht Lienert.
Sich kundig machen und eigene Netze pflegen
Rekrutieren im Ausland heisst für Schweizer Unternehmen, sich persönlich kundig zu machen und auf die eigenen Informationsnetzwerke zu vertrauen. Lienert meint weiter: „Wer sich weltweit in Branchen und Märkten bewegt, ist gut beraten, diese auch punkto Rekrutierung verstärkt zu nutzen.“
Audiofiles zu Baustelle Europa und die Schweiz
Wie wirkt sich die bilaterale Baustelle auf Steuerstandort, Marktzugang, Exportwachstum, Arbeitsmarkt und auf die Souveränität der Schweiz aus? Diesen Herausforderungen war das Europa Forum Luzern vom 22. April 2013 gewidmet. Audiofiles der Tagung, insbesondere zur Diskussion Arbeitsmarkt finden Sie unter: www.europa-forum-luzern.ch