Greenepace zum BGer-Entscheid: Mühleberg muss trotzdem vom Netz

Greenepace zum BGer-Entscheid: Mühleberg muss trotzdem vom Netz
AKW Mühleberg.

Zürich/Bern/Lausanne – Mit Befremden und Enttäuschung nehmen der Verein Mühleberg Ver-fahren, die Berner Organisation Fokus Anti-Atom und Greenpeace das Urteil des Bundesgerichts zur Erteilung der unbefristeten Betriebsbewilligung zur Kenntnis. Besorgniserregend ist vor allem, dass laut Bundesgericht nur noch eine einzige Behörde für die AKW-Sicherheit in der Schweiz zuständig sein soll: das ENSI. Die Anwohner und die drei Organisationen halten nach dem Urteil an der Ausserbetriebnahme des AKW Mühleberg fest.

Das Bundesgericht hat heute dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts den wichtigsten Zahn gezogen: die Begrenzung der Laufzeit des AKW Mühleberg und damit die Begrenzung der Atomrisiken. Damit darf Mühleberg bis auf weiteres wie gehabt weiter betrieben werden – ohne verschärfte Sicherheitsvorschriften. Dafür haben Mühleberg Ver-fahren, Fokus Anti-Atom und Greenpeace kein Verständnis, zeigte doch die Katastrophe in Fukushima, wie verheerend das Ausmass sein kann, wenn sich in einem überalterten und schlecht gewarteten Werk ein Atomunfall ereignet.

Zu lange Nachrüstungsfristen bewilligt
Nach dem heutigen Urteil bleibt die alleinige Entscheidungs- und Definitionsmacht punkto Sicherheit beim ENSI konzentriert. Es muss das von der BKW bereits eingereichte Instandhaltungskonzept absegnen. Doch die Aufsichtsbehörde orientierte bislang ihr Handeln leider nicht an der Maxime der grösstmöglichen Sicherheit für die Bevölkerung, sondern geht zu stark auf die Bedürfnisse der Betreiber ein. Zum Beispiel wird durch vom ENSI bewilligte zu lange Nachrüstungsfristen das AKW in höchst unsicherem Zustand betrieben, um die Rendite nicht zu schmälern. «Damit hat das Bundesgericht in Kauf genommen, dass die BKW die Sicherheitsgrenzen beim AKW Mühleberg aus wirtschaftlichen Interessen bis über die Schmerzgrenze hinaus ausreizen kann.  Das darf der Bevölkerung nicht zugemutet werden. Diese wird bis zur Ausserbetriebnahme weiter kämpfen», sagt Rainer Weibel, Anwalt der 113 Anwohner des AKW Mühleberg.

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Das Bundesgericht hat Mühleberg heute eine unbefristete Betriebsbewilligung erteilt, ohne dass die (auch von BKW und ENSI anerkannten) Sicherheitsdefizite behoben sind: die Risse im Kernmantel, das Fehlen einer zweite Kühlmittelquelle und die ungenügende Erdbebensicherheit. „Ein Problemreaktor vom gleichen Typ und Alter wie der Unfallreaktor in Fukushima ist ein untragbares Risiko“, sagt Jürg Joss, Präsident des Vereins Mühleberg Ver-fahren.

Schlechtes Zeichen für Schweizer Sicherheitskultur
Es ist ein schlechtes Zeichen für die Schweizer Sicherheitskultur, dass sich die beiden höchsten Gerichte in einer so relevanten Frage nicht einigen konnten. Kaspar Schuler von Greenpeace: „ Jetzt wäre es an der BKW als Betreiberin, zur Vernunft zu kommen und das AKW Mühleberg vom Netz zu nehmen. Denn wie hoch die nach dem heutigen Entscheid anstehenden Investitionen in den altersschwachen Reaktor auch sein mögen – er lässt sich nicht auf den nötigen Sicherheitsstandard bringen.»

Nachdem die beiden höchsten Schweizer Gerichte keine gemeinsame Haltung finden konnten, müssen Bundesrat und Parlament das Heft wieder in die Hand nehmen und bei der Gesetzgebung nachbessern. Sie müssen den bislang ¬– insbesondere vom ENSI ¬– als Hohlformel verwendeten Begriff „Safety first“ mit Inhalt füllen. Die Laufzeit der fünf Reaktoren ist gesetzlich zu begrenzen. Weil die Richter heute entschieden haben, dass das ENSI alleine für die Sicherheitsbeurteilung zuständig ist, muss die Umsetzung der Sicherheitsauflagen besser überwacht und die Kontrolle über das ENSI verstärkt werden. Es liegt nach wie vor im öffentlichem Interesse, dass der beschlossene Atomausstieg sicher erfolgt. (Greenpeace/mc/ps)

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