IHAG-Kommentar: Nervosität nach Wahlen in Italien und Sequester
Zürich – Das Ergebnis der Wahl in Italien mit einer Pattsituation wurde von den Märkten in Richtung Unregierbarkeit und somit negativ für den Euro interpretiert. Die Kurse rasselten am Dienstag in die Tiefe, allen voran italienische Banken, und der Euro Stoxx 50 verlor 3%. Bereits am Dienstag wurde die Situation nicht mehr so negativ gesehen und bis am Donnerstag erholten sich die globalen Börsen wieder, als wenn nichts geschehen wäre. Am Freitag rückte dann wieder der Budgetkampf in den USA in den Vordergrund. Der S&P 500 und der Europe Stoxx 50 konnten über die Woche dennoch mit je 0.2% leicht zulegen. Der SMI inklusive Dividende (Novartis mit Dividendenabgang) stieg sogar 1.3%.
Sicherheit war wieder gesucht und die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen sanken in den USA und Deutschland rund 12 Basispunkte, in der Schweiz 8 Basispunkte. Mit der erhöhten Unsicherheit in Italien schwächte sich der EUR zum USD markant ab und sank unter die kritische Marke von 1.30. Im Gegenzug nahm der USD zum CHF die Resistance bei 0.94. Der EUR/CHF gab am Dienstag einen Rappen auf 1.215 nach, kletterte dann aber wieder bis auf 1.227. Die Edelmetalle erlebten am Dienstag im Zuge der schwachen Börsen nur kurz ein kleines Comeback, gaben dann aber die Avancen wieder ab. Gold schloss im London Fixing bei auf USD 1578 die Unze über die Woche fast unverändert. Silber zeigte ein ähnliches Bild, wobei hier der kritische Support bei 28.3 die Unze am Freitag kurzzeitig fiel, aber dann wieder zurückerobert wurde. Der Ölpreis sank weiter bis auf USD 110 pro Barrel Brent, womit er vom Höchst seit 8. Februar rund 8% verlor. Insgesamt sind die Edelmetalle und Rohstoffe unter Druck und die Nervosität ist erhöht. Am Freitag kam der Manufacturing PMI in China mit 50.1 Punkten schwächer als erwartet und belastete die Stimmung, befindet sich aber über der kritischen 50er Marke.
«Sequester» dürfte in den USA auf Wachstum drücken
Wie erwartet stieg die Nervosität im Umfeld der italienischen Wahlen und der auslaufenden Frist im Budgetstreit in den USA. Nachdem in den US am Freitag doch keine Einigung in letzter Minute zustande kam, tritt automatische der „Sequester“ in Kraft, wonach bis Ende Jahr Ausgabenkürzungen im Umfang von USD 84 Mrd. vorgenommen werden. Die Kürzungen werden zur Hälfte bei der Verteidigung und zur anderen Hälfte bei diversen Stellen vorgenommen, wo z.B. gewisse Staatsangestellte mit Kurzarbeit nur noch Lohn für eine 4 Tage-Woche erhalten. Gemäss diversen Schätzungen dürfte dies das GDP-Wachstum um rund 0.5% reduzieren, womit die USA mit einem Wachstum von noch 1.5% aber nicht in eine Rezession stürzt. Es wurden auch Kommentare abgegeben, wonach das Ganze nicht so schlimm sei und im Vorfeld von beiden Seiten aufgebauscht wurde, um Druck zu machen. Jedenfalls reagierte die Börse in den USA nur mit geringen Abgaben, u.a. auch weil das QE des FED klar weiter läuft. Somit hat die Börse die beiden Politereignisse der letzten Woche gut weggesteckt.
Warten auf EZB-Zinssitzung
Diese Woche tagen die europäischen Minister am Montag und Dienstag und dürften das weitere Vorgehen nach den Wahlen in Italien und zur Rettung von Zypern besprechen. Am Donnerstag wird die EZB den Zinsentscheid bekannt geben, wo wir keine Änderung erwarten. Wir sehen diese Woche von der Politik her keine grossen Treiber und es könnte daher gut möglich sein, dass die Börsen mit der nachlassenden Nervosität weiterhin nach oben tendieren. In den USA erreichen der Dow Jones und auch der S&P 500 bald das Allzeithöchst, welches dann doch eine Resistance bildet. Bis dahin liegen noch ein paar Prozent Kurssteigerung drin.
Europas Unternehmen mit zumeist soliden Zahlen
Die Reporting Season in Europa läuft auch Hochtouren, lieferte aber meist solide Zahlen mit leicht positivem Ausblick. Zusammen mit den soliden Unternehmensbilanzen und hohen Cashreserven bildet dies eine Stütze für die Börse. Die Mehrheit der Unternehmen dürfte dank Effizienzsteigerungen auch bei unverändertem Umsatz weiteres Gewinnwachstum realisieren. Solche Aktien sind zwar meist stattlich bewertet. Angesichts der hohen Staatsverschuldung erachten wir aber einen Zinsanstieg als wenig wahrscheinlich und gehen demzufolge von einer P/E-Expansion aus. Somit würden wir bei Aktien investiert bleiben und punktuell dazu kaufen.
Holcim im Fokus
Hier gefällt uns Holcim, welche wir vor ein paar Wochen auf die VV-Titelliste genommen haben, weil wir den Beginn eines neuen Gewinnzyklus sehen. Mit den höheren Zementpreisen, den wieder steigenden Margen und dem positiven Ausblick sind die Kaufargumente anlässlich des Jahresabschlusses bestätigt worden. 2013 sollten keine wesentlichen Restrukturierungskosten anfallen und im 2014 erwarten wir dann nochmals ein markantes Gewinnwachstum. Georg Fischer wird von den Investoren als Automobil-Zulieferer wahrgenommen, welcher unter den Problemen der europäischen Kleinwagenhersteller leidet. Allerdings dürfte der Umsatzanteil mit diesen Kunden nur rund 9% ausmachen. 57% vom EBIT erzielt Georg Fischer im mit 2% bis 4% stabil wachsenden Röhrengeschäft, welches ausgebaut wird, bei zweistelliger EBIT-Marge. Die Bewertung ist bei einem P/E 2013 von 11.6x und einem EV/EBITDA von unter 5.8x preiswert und wir sehen hier daher weiteres Kurspotential.
Der Gesundheitskonzern Fresenius SE konnte 2012 den bereinigten Gewinn um 22% steigern und erwartet auch 2013 ein EPS-Anstieg von über 7%. Die Bewertung lässt bei einem P/E 2013 von knapp 16x angesichts des klaren Wachstums weiteres Kurspotential zu. Mit der diversifizierten Fresenius SE partizipiert der Investor an einem Trend, der von wachsendem Bedürfnis nach Gesundheitspflege einer alternden Weltbevölkerung getrieben ist. Auf mittlere Sicht ein klarer Kauf. (IHAG/frp/mc/ps)