Über 437’000 Arbeitnehmer verdienen unter 4000 Franken

Zürich – In der Schweiz muss mehr als jeder zehnte Arbeitnehmende (11.8 Prozent) zu einem Tieflohn arbeiten, der selbst bei einer 100-Prozent-Stelle in vielen Fällen nicht zum Leben reicht. Bei mindestens 437‘000 Betroffenen liegt der Lohn unter der so genannten Tieflohnschwelle von knapp 4000 Franken. Dies zeigt eine neue Analyse der Universität Genf im Auftrag des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes SGB. Eine weniger zurückhaltende Schätzung ergibt sogar über 500‘000 Betroffene.

Der Bund ging bislang von deutlich tieferen Zahlen aus. Er hatte aber weder die Angestellten in der Land- und in der Hauswirtschaft mitgezählt, noch alle Löhne zur Berechnung der Tieflohnschwelle berücksichtigt, wie der SGB in einer Mitteilung schreibt.

Mehr als ein Drittel der Tieflohn-Beschäftigten haben eine Berufslehre absolviert. Der grösste Teil davon arbeitet im Detailhandel. Diese Zahlen stellten der Schweizer Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik ein miserables Zeugnis aus, so der SGB. „Eine Berufslehre ist also keine Garantie mehr für eine Stelle mit einem anständigen Lohn“, kritisierte SGB-Präsident Paul Rechsteiner. Wie sollen Jugendliche so noch motiviert werden, eine Lehre zu absolvieren?

Frauen besonders betroffen
Besonders stark unter tiefen Löhnen leiden die Frauen. Sie sind fast drei Mal häufiger betroffen als die Männer (Tieflohnanteil der Frauen: 15,8 %; Männer: 6,1 %). Dieser im internationalen Vergleich markante Abstand zu den Männerlöhnen sei in hohem Ausmass auf die Lohndiskriminierung der Frauen in den Unternehmen zurückzuführen, hält der SGB fest.

Unia-Copräsidentin Vania Alleva ergänzt: „Tiefstlöhne sind eines der grössten sozialen Probleme der Schweiz. Der Handlungsbedarf ist riesig. Mit der Mindestlohninitiative liegt endlich ein guter Lösungsvorschlag auf dem Tisch.“ Mit dieser wird ein Mindestlohn von 22 Franken in der Stunde bzw. 4000 Franken im Monat gefordert. Der Bundesrat empfahl die Initiative im Januar 2013 zur Ablehnung. (SGB/mc/pg)

 

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