Greenpeace: Keine Stromnetze auf Vorrat
Zürich – Die Schweiz hat eines der besten Stromnetze der Welt. Einen dringenden Ausbaubedarf gibt es für Greenpeace, Pro Natura, SES und WWF nicht. Erst mittelfristig sind Ausbauten nötig, wenn immer mehr dezentrale erneuerbare Kraftwerke die Grosskraftwerke ersetzen.
Für die Umweltverbände ist klar: Ein künftiger Netzausbau muss stets auf eine Versorgung mit 100% erneuerbaren Quellen ausgerichtet sein. «Dafür braucht es aber kaum neue Hochspannungsleitungen, sondern ein modernes Verteil- und Einspeisenetz», sagt Felix Nipkow, Verantwortlicher für Netzfragen bei der Schweizerischen Energiestiftung SES. Für Ausbaupläne im Übertragungsnetz ist nicht die Energiewende ausschlaggebend, sondern grosse Pumpspeicherwerke und die Bedürfnisse des internationalen Stromhandels.
Netzausbau langfristig planen
Trotz der vergleichsweise komfortablen Situation ist es wichtig, den Netzausbau langfristig zu planen. Die Umweltverbände begrüssen darum die Stossrichtung der Strategie Stromnetze des Bundes, die noch bis Ende Monat in der Konsultation ist. In vier Punkten muss aber nachgebessert werden:
1. Keine Bevorzugung der Hochspannungsleitungen
Hochspannungsleitungen sollen im neu zu schaffenden Mehrjahresplan automatisch «nationale Bedeutung» haben. Dies ist unnötig bis schädlich. Unnötig, weil wichtige Projekte schon heute gegen andere Interessen von nationaler Bedeutung abgewogen werden können. Schädlich, weil damit jedes beliebige Leitungsprojekt automatisch gegen nationale Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes ausgespielt werden kann.
2. Keine Netzplanung ohne fixe Ausstiegsdaten
Die fehlende Klarheit darüber, wie lange die Schweizer Atomkraftwerke am Netz bleiben, stellt einen gravierenden Unsicherheitsfaktor für nachhaltige Investitionen dar. «Eine Laufzeitbeschränkung ist nicht nur für die Förderung der Erneuerbaren Energien unabdingbar, sondern auch für eine vorausschauende Netzplanung», sagt Anne Koch, Energie-Expertin bei Greenpeace Schweiz. Die Umweltverbände fordern daher eine maximale AKW-Laufzeit von 40 Jahren.
3. Keine Intransparenz bei den Netzdaten
Für die Öffentlichkeit und die Umweltverbände ist es unerlässlich, dass sie über alle Netzdaten verfügen, die zur Beurteilung der propagierten Netzausbauten erforderlich sind. «Nur so können die Umweltverbände und die Bevölkerung Netzbetreibern und Verwaltung im Planungsprozess kritisch auf die Finger schauen, und nur so können die nötigen Massnahmen in der Bevölkerung Akzeptanz finden», sagt Elmar Grosse Ruse, Energiefachmann beim WWF Schweiz.
4. Keine überdimensionierte Netze
Die Umweltverbände verlangen eine Abkehr vom Dogma, dass die Netze jede produzierte Kilowattstunde zu jeder Zeit aufnehmen müssen. Die Übertragungs- und Verteilnetze sollen nicht so dimensioniert werden, dass auch die höchste denkbare Energieerzeugung des Kraftwerkparks der Zukunft transportiert werden kann. Ein Stromnetz, das nur in wenigen Stunden pro Jahr voll ausgelastet ist, ist weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll. (Greenpeace/mc/ps)