Der brüllende Clown zieht ins Parlament

Der brüllende Clown zieht ins Parlament

Einfache und – so sagen seine Kritiker – populistische politische Positionen: Bebbe Grillo.

Rom – Den Politclown Silvio Berlusconi erleben die Italiener seit Jahren, nun haben sie auch noch einen Clown zum Politiker gemacht: Knapp 20 Prozent der Stimmen haben der Komiker Beppe Grillo und seine Bewegung Fünf Sterne (M5S) Prognosen zufolge bei der Parlamentswahl erhalten. Fast jeder fünfte Italiener hat aus dem Urnengang damit eine Protestwahl gemacht – denn der 64-jährige Grillo steht für die Ablehnung der politischen Klasse Italiens.

Seine Karriere begann Grillo in den Siebzigerjahren beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen Rai. Als Komiker nimmt er häufig die etablierten Parteien im Visier.

Rascher Aufstieg zur Schreckensfigur
Die Kritik als Künstler reicht Grillo irgendwann nicht mehr. Ab 2007 organisiert er Massendemos gegen die politische Klasse unter dem Titel «Vaffanculo Days», die «Leck-mich-am-Arsch-Tage». 2009 gründet er die Sammlungsbewegung Fünf Sterne, die der als Komiker zum Millionär gewordene Wuschelkopf vor allem aus eigener Tasche finanziert.

Der Erfolg kommt schnell: Bei den Regionalwahlen in Sizilien im Oktober erhält die Partei 18 Prozent der Stimmen, und bei der Bürgermeisterwahl im konservativen Parma setzt sich der M5S-Kandidat im Mai sogar mit über 60 Prozent durch. Für die anderen Parteien wird Beppe Grillo spätestens mit diesen Erfolgen zur Schreckensfigur. Am letzten Tag des Wahlkampfs warnen die sonst so zerstrittenen Kandidaten die Wähler unisono vor Grillo.

20-Stunden-Woche und Euro-Abstimmung
Grillos Positionen sind einfach und – so sagen seine Kritiker – populistisch. Seine Bewegung fordert niedrigere Gehälter für Politiker, weniger Geld für die Parteien und die öffentlich-rechtlichen Medien. Die Arbeitswoche will Grillo auf 20 Stunden verkürzen. Über den Verbleib oder ein Ausscheiden in der Eurozone sollen die Italiener in einer Volksabstimmung entscheiden.

Nicht reden mag Grillo mit den Medien. Die Sender der Rai lehnt er inzwischen ab, weil sie für die Öffentlichkeit zu teuer seien – und nur dem Parteienproporz in Italien dienten. Dafür setzt Grillo aufs Internet: Sein Blog ist der meistgelesene Italiens.

Grillos öffentliche Veranstaltungen, zu denen häufig Zehntausende strömen, sind bereits legendär. Von Anfang bis Ende steht der Mann dort meist allein am Mikrofon und brüllt: Brüllt seinen Anhängern seine Wut gegen die Parteien und ihre Skandale entgegen, gegen den Staat und seine Geldverschwendung, gegen die Medien und ihre Parteilichkeit.

Beteiligung an Regierung unwahrscheinlich
Dabei vergreift sich Grillo gelegentlich mit seiner Wortwahl. «Die Mafia erstickt uns nicht, der Staat und seinen politischen Parteien schon», sagte er einmal. Doch auch das ändert nichts daran, dass er bei vielen Italienern punktet, querbeet durch alle sozialen Schichten – und zum Entsetzen der traditionellen Parteien.

Im Abgeordnetenhaus stellt Fünf Sterne nun den Prognosen zufolge die drittgrösste Fraktion, nach dem Mitte-links-Bündnis von Pier Luigi Bersani und der Mitte-rechts-Allianz Berlusconis. Eine Beteiligung an der Regierung ist aber so gut wie ausgeschlossen: Das würde Grillos Grundsätzen widersprechen – und die anderen Parteien dürften sich darauf nicht einlassen. (awp/mc/ps)

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