Italien: Berlusconi holt mit Steuerversprechen in Umfragen auf

Italien: Berlusconi holt mit Steuerversprechen in Umfragen auf

«Rattenfänger» auf Stimmenkauf: Ex-Premier Silvio Berlusconi.

Rom – Zwei Wochen vor dem Urnengang spürt Ex-Premierminister Silvio Berlusconi Rückenwind. Sein Versprechen, die verhasste Immobiliensteuer abzuschaffen und eine Steueramnestie durchzusetzen, hat dem bisher eher gemässigten Wahlkampf in Italien eine unerwartete Wende verliehen. Berlusconis Rivalen können jetzt eine ernsthafte Diskussion über Wirtschaftspakete und politische Reformen vergessen. Seit Berlusconi seinen «schockierenden Vorschlag» – wie er in Italien genannt wird – angekündigt hat, kreist der Wahlkampf nur noch um die populistischen Wahlversprechen des Medienzaren.

Der 76-jährige TV-Unternehmer hat unbestritten ein gutes Gefühl für die Stimmung der Wähler. Die von der Regierung Mario Montis eingeführte einmalige Grundsteuer auf Eigentumswohnungen gehörte im vergangenen Jahr für viele Italiener zu den besonders verhassten Abgaben.

Schätzungen zufolge haben zwar Familien weniger als 300 Euro für ihren ersten Wohnsitz bezahlt; doch in Metropolen wie Rom oder Mailand fiel die Steuer höher aus. Die Abgabe in zwei Raten musste Mitte Dezember entrichtet werden. Dies drückte zur Bestürzung des Handels den ohnehin schon flauen Konsum in der Weihnachtszeit.

Kein Wunder, dass das Versprechen, die Immobiliensteuer abzuschaffen und sogar zurückzuerstatten die Wähler anspricht in einem Land, wo vier von fünf Personen in den eignen vier Wänden wohnen.

Milliarden aus Steuerabkommen mit der Schweiz
Insgesamt kamen 4 Milliarden Euro für den ersten Wohnsitz und 19 Milliarden Euro für Zweitwohnungen und Gewerbeimmobilien in die Staatskasse. Nun will Berlusconi so schnell wie möglich mit der Schweiz ein Steuerabkommen schliessen und die dadurch erhaltenen Mittel für die Rückzahlung von 4 Milliarden Euro für 2012 und den Steuerausfall von weiteren 4 Milliarden Euro 2013 verwenden.

Doch der TV-Unternehmer ging mit seinen Wahlversprechen noch viel weiter: «Wenn ich die Mehrheit habe, werde ich die Komplettamnestie durchsetzen», lockt er die Wähler. Sämtliche Steuerhinterziehungen wären damit vergeben und vergessen. Das wäre eine Generalamnestie für alle Steuersünden der Vergangenheit.

Auch dieser Vorschlag dürfte in einem Land, in dem die Schattenwirtschaft auf bis zu ein Drittel des Bruttoinlandprodukts geschätzt wird, durchaus auf Zustimmung stossen. Schon während der letzten Legislatur hat Berlusconi mit Steueramnestien für Kapitalflucht Geld in die Staatskassen gebracht.

«Rattenfänger» auf Stimmenkauf
Berlusconis Wahlversprechen stimmen seine Rivalen nervös. Der Spitzenkandidat der Linken, Pier Luigi Bersani, wirft Berlusconi pure Demagogie vor. Monti bezeichnet seinen Vorgänger als Rattenfänger, der schon früher nur leere Versprechen gemacht habe und die Wähler, die zur Vermeidung eines finanziellen Kollapses grosse Opfer erbracht hätten, mit ihrem eigenen Geld zu bestechen versuche.

Er beschuldigte den Medienzaren des Stimmenkaufs. Berlusconis Wahlversprechen würde einem Korruptionsversuch ähneln. Monti warnt vor der Gefahr stark erhöhter Risikoaufschläge für Staatsanleihen und vor der Aussicht, dass Italien wie bereits im Herbst 2011 ins Visier internationaler Spekulanten gerate, sollte die Mitte-rechts-Koalition Berlusconis die Parlamentswahlen gewinnen. (awp/mc/ps)

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