Liechtenstein: Erstmals eine vierte Kraft im Parlament
Adrian Hasler, designierter Regierungschef Liechtensteins.
Vaduz – Im Fürstentum Liechtenstein haben die arrivierten Grossparteien bei den Parlamentswahlen Verluste erlitten. Das ändert nichts daran, dass der neue Regierungschef Adrian Hasler heissen wird. Er gehört der grossen Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP) an. Erstmals in der Geschichte des Fürstentums werden im 25-köpfigen Landtag Vertreter von vier Parteien sitzen. Ins Parlament einziehen werden «Die Unabhängigen» (DU). Die neue politische Kraft holte auf Anhieb vier Sitze.
Das ist die eigentliche Überraschung der Wahlen. Vermutet wird, dass DU viele Proteststimmen auf sich versammelte. Gegründet wurde DU von Harry Quaderer. Dieser ist ein abtrünniges Mitglied der Vaterländischen Union (VU).
Verbessert hat sich auch die zweite Kleinpartei, die grün-alternative Freie Liste (FL). Die Partei legte zwei Mandate zu und hält im Landtag in den nächsten vier Jahren drei Sitze.
Vom Polizei zum Regierungschef
Neuer Regierungschef wird der Chef der Landespolizei, der 48-jährige Adrian Hasler von der FBP. Die FBP, die letzten vier Jahre Juniorpartner in der Regierung, überflügelte die Koalitionspartnerin Vaterländische Union (VU) deutlich und holte zehn Mandate, eines weniger als vor vier Jahren.
Die VU, die Wahlsiegerin von 2009, verlor massiv. Die Partei von Regierungschef Klaus Tschütscher büsste nicht weniger als fünf Parlamentssitze ein und kam noch auf acht Mandate. Die VU rutschte auf ein historisches Tief und fiel bei den Wählerstimmen von 47,6 auf 33,5% zurück.
Die FBP kam auf 40% der Stimmen und verlor 3,5 Prozentpunkte. DU erreichte 15,3% der Stimmen und übersprang die Sperrhürde von 8% locker, die FL legte 2,2 Prozentpunkte zu und erzielte 11,1%. Die Wahlbeteiligung lag bei 79,8%.
Grosse Koalition wahrscheinlich
Die Wahlen im Fürstentum bestätigten einmal mehr, dass der Wechsel eine Konstante ist. Die Grossparteien VU und FBP wechselten sich regelmässig in der Regierungsverantwortung ab. Die letzten vier Jahre war die VU mit Regierungschef Klaus Tschütscher die starke Partei. Die nächsten vier Jahre gibt die FBP mit Adrian Hasler den Takt an.
Ob VU und FBP traditionell wieder eine Koalitionsregierung bilden, ist wahrscheinlich. Eine grosse Koalition sei das Ziel, sagte FBP-Präsident Alexander Batliner der Nachrichtenagentur sda. Möglich wäre laut Batliner ebenfalls eine Koalition zwischen FBP und FL.
Gespräche in den nächsten Tagen sollen Klarheit in der Regierungsbildung bringen. Gewählt wird die neue Landesregierung im kommenden Frühjahr vom neuen Parlament.
Vier Regierungsmitglieder treten zurück
Von den aktuellen Regierungsmitgliedern stellt sich einzig Aussenministerin Aurelia Frick (FBP) für eine weitere Amtszeit zur Verfügung. Regierungschef Klaus Tschütscher, die Regierungsräte Renate Müssner und Hugo Quaderer (alle VU) und Martin Meyer (FBP) hatten schon vor den Wahlen ihren Rücktritt angekündigt.
Die Regierung Tschütscher hat in den letzten vier Jahren die Neupositionierung des Finanzplatzes mit aller Kraft vorangetrieben. Gegen 30 bilaterale Steuerabkommen nach internationalen Standards wurden unter Dach gebracht. Die neue Regierung wird sich nun des grossen Defizits in der Staatskasse annehmen müssen. (awp/mc/ps)
Adrian Hasler, designierter Regierungschef Liechtenstein (Fortschrittliche Bürgerpartei FBP)