WWF: Wilderei bedroht internationale Sicherheit
Allein 2012 fielen über 10’000 Elefanten und 588 Nashörner der Wilderei zum Opfer. (© naturepl.com / John Downer / WWF-Canon)
Zürich – Gewalt, Korruption, Geldwäsche – jährlich spült der illegale Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten mindestens 19 Milliarden Dollar in die Kassen von weltweit arbeitenden Syndikaten und Banden. Allein im Jahr 2012 fielen bislang weit mehr als 10’000 Elefanten und über 588 Nashörner der Wilderei zum Opfer. «Wildlife Crime» ist mehr als nur ein Umweltverbrechen.
Die illegale Wilderei ist eine ernsthafte Bedrohung für die internationale Sicherheit, das geht aus dem «Dalberg Report» hervor, der am 12. Dezember in der Deutschen UN-Botschaft in New York veröffentlicht wurde. Elfenbein und Nashorn stehen demnach auf einer Stufe mit Blutdiamanten, über deren Erlöse sich auch Terrorzellen und Rebellengruppen finanzieren können: «Während des militärischen Konflikts in Sudan hat die ‹Sudan People´s Liberation Army›, die zum heutigen Süd-Sudan gehört, mit Granaten und Panzerfäusten Elefanten gejagt. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass sich sudanesische Militäreinheiten, darunter auch die Dschandschawid, über die Elfenbeinjagd in Kenia und im Tschad finanziert hat», heisst es in dem Report.
«Wir brauchen die Unterstützung der Regierungen, die von der Wildereikrise unmittelbar betroffen sind», sagt Volker Homes, Leiter Artenschutz beim WWF Deutschland. «Dass uns die deutsche Botschaft dabei unterstützt, internationalen Druck auf die jeweiligen Nationen aufzubauen, ist dabei eine grosse Hilfe.» Die Studie «Fighting Illicit Wildlife Trafficking. A consultation with governments» wurde vom WWF im Rahmen seiner Anti-Wildereikampagne in Auftrag gegeben.
Nashorn und Elfenbein: die neuen Blutdiamanten
Die Botschaft des Reports ist unmissverständlich: Wer «Wildlife Crime» ausschliesslich unter dem Naturschutzaspekt betrachtet, hat die Dimension der aktuellen Wildereikrise nicht verstanden. Der Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten rangiert auf dem vierten Platz der lukrativsten Verbrechen – hinter Drogenhandel, dem Menschenhandel und der Produkt- und Geldfälschung. Hohe Profite bei geringem Risiko – so lautet die Einschätzung des Berichts: «Ein Kilogramm Nashorn erzielt einen Preis von bis zu 60’000 US-Dollar – deutlich mehr als Gold oder Platin. Auf dem Schwarzmarkt ist es wertvoller als Kokain und Diamanten. Die Strafen stehen jedoch in keinem Verhältnis zu diesem Wert. Nach südafrikanischem Recht kann Wilderei mit einer Busse ab 14’000 US-Dollar bestraft werden, der Besitz von fünf Gramm Kokain bringt jedoch eine Haftstrafe von mindestens fünf Jahren ein.»
Wilderei ist für Unruhen mitverantwortlich
«Die illegale Wilderei ist ein schwerwiegendes Verbrechen», sagt Volker Homes. «Leider wird sie nicht als solche geahndet. Aufgrund von Korruption verschwinden oftmals Beweisstücke, es kommt nur in seltenen Fällen zu polizeilichen Untersuchungen und Verurteilungen. Wir fordern die Vereinten Nationen dazu auf, die Wilderei endlich als das zu behandeln, was sie wirklich ist: Eine ernsthafte Bedrohung für die internationale Staatengemeinschaft.»
Eine Meinung, die auch David Higgins von Interpol teilt: «Wildlife Crime ist verantwortlich für Korruption, Betrug, Geldwäsche und Gewalt. Sie ist verantwortlich für Unruhen, sie untergräbt rechtsstaatliche Prinzipien und das Vertrauen in staatliche Einrichtungen.»
Interviews mit Regierungsvertretern
Zur Bekämpfung der Wildereikrise empfiehlt der Dalberg-Report eine international koordinierte Zusammenarbeit der betroffenen Regierungen. «Der Bedarf nach einer ressortübergreifenden Kooperation wird als besonders dringlich angesehen, um die Problematik zu adressieren und entsprechende Massnahmen einleiten zu können», heisst es darin. Weiterhin spricht sich der Bericht dafür aus, die notwendige Infrastruktur zu verbessern, um Ermittlungen durchführen zu können, die schliesslich zu Haftstrafen führen.
Für den Bericht kontaktierte «Dalberg Global Development Advisors» insgesamt 110 Regierungsvertreter und internationale Organisationen und interviewte schliesslich insgesamt 22 Repräsentanten aus Justiz-, Umwelt- und Wirtschaftsministerien sowie Aufsichtsbehörden intensiv aus Afrika, Europa, Asien und Amerika. Darunter befanden sich hochrangige Beamte der Europäischen Union, der Vereinten Nationen und Interpol. Auch ehemalige Wilderer wurden für die Studie befragt. Übereinstimmend erklären sie: Die Wildereikrise bedroht nicht nur die biologische Vielfalt unseres Planeten, sondern stellt zudem eine grosse Gefahr für die Stabilität in Krisenregionen dar, da sie die soziale und wirtschaftliche Entwicklung behindert. (WWF/mc/ps)
Weiterführende Informationen
«Fighting illicit wildlife trafficking» deutsche Zusammenfassung (PDF)
«Fighting illict wildlife trafficking» Report über den illegalen Handel mit Arten (in Englisch) (PDF)