economiesuisse: Eurokrise drückt Schweizer Wachstum

economiesuisse: Eurokrise drückt Schweizer Wachstum

Zürich – Trotz ungünstiger Vorzeichen hat sich die Schweizer Wirtschaft im laufenden Jahr gut gehalten und sowohl der Eurokrise als auch der Frankenstärke getrotzt. Doch am schwierigen Umfeld wird sich 2013 leider nicht viel ändern. Mit Besorgnis stellt der Dachverband der Schweizer Wirtschaft fest, dass der Reformwille in vielen stark verschuldeten europäischen Staaten bereits wieder erlahmt ist. Unter diesen Vorzeichen dürfte das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz im kommenden Jahr real nur noch um 0,6 Prozent wachsen, die Arbeitslosigkeit bleibt jedoch tief.

Die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz zeigte 2012 gleichermassen Licht und Schatten. Als erfreulich robust hat sich der Binnenmarkt erwiesen, allen voran die Bauindustrie, der Detailhandel und manche Dienstleister wie zum Beispiel die Versicherungen. Deutlich weniger gut lief es vielen Kommunikations- und Telekommunikationsunternehmen sowie der Werbebranche. Unter den exportorientierten Branchen hatten im laufenden Jahr fast alle mit Problemen zu kämpfen. Positive Ausnahmen bilden hier die Uhrenindustrie sowie Chemie und Pharma. Insgesamt rechnet economiesuisse für 2012 weiterhin mit einem BIP-Wachstum von 0,9 Prozent.

Euro-Mindestgrenze stützt
Eine wichtige Stütze für den Export, die in der aktuellen Situation keinesfalls aufgehoben werden sollte, ist die von der Nationalbank verteidigte Wechselkursuntergrenze zum Euro. Mit 1.20 ist der Franken gemessen an der Kaufkraftparität zwar weiterhin um rund zehn Prozent überbewertet, doch die stabile Untergrenze verschafft den Unternehmen Planungssicherheit. Würde sie nun aufgehoben und der Wechselkurs noch tiefer fallen, hätte dies gravierende wirtschaftliche Konsequenzen.

Europa bleibt im Krisenmodus
Das massive Eingreifen der EZB hat die Gefahr, dass die Eurozone auseinanderbricht, zwar deutlich verringert. Gleichzeitig lässt sich aber beobachten, dass der Reformwille in verschiedenen betroffenen Ländern bereits wieder erlahmt. Die strukturellen Probleme bleiben bestehen, während Steuererhöhungen den wirtschaftlichen Aufschwung massiv behindern. Auch die Geldpolitik der EZB kann die nötigen Reformen nicht ersetzen. «Stellen die Zentralbanken viel billiges Geld zur Verfügung, gewinnt man etwas Zeit und ein bisschen Wachstum. Aber es besteht die grosse Gefahr, dass die grundlegenden Probleme auf die lange Bank geschoben werden und man das Ende des Tunnels nie erreicht», stellte economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta heute vor den Medien klar. Der rasante Zentralisierungsprozess innerhalb der EU könnte nicht nur zum Hindernis für die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Kontinents werden, sondern auch den bilateralen Weg erschweren.

Angesichts dieser ungünstigen Vorzeichen rechnet der Dachverband der Schweizer Wirtschaft damit, dass die Verschuldungskrise in Europa noch mindestens zwei bis drei Jahre anhalten wird. Die Wachstumsrate der gesamten Eurozone wird sowohl 2012 (minus 0,4 Prozent) als auch 2013 (minus 0,5 Prozent) negativ ausfallen.

2013: Wirtschaftswachstum in der Schweiz verlangsamt sich
Nach wie vor präsentiert sich die Lage für die Schweizer Wirtschaft zwar nicht rosig, aber deutlich besser als in den meisten Euro-Staaten. economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch rechnet damit, dass sich die wesentlichen Trends im nächsten Jahr fortsetzen werden: Die Nachfrage nach Schweizer Produkten und Dienstleistungen in Europa wird weiter abnehmen, der starke Franken wird den Export behindern und der anhaltende Mangel an Fachkräften dem Wachstum von Unternehmen in der Schweiz Grenzen setzen. «Insgesamt rechnet die Wirtschaft für 2013 mit einem relativ schwachen Wachstum von 0,6 Prozent», erklärte Minsch.

Die Aussichten für die einzelnen Branchen präsentieren sich sehr unterschiedlich. Im Exportbereich werden die Uhrenindustrie, die Pharma und die Luftfahrt 2013 zu den Gewinnern zählen. Deutlich schwieriger wird es für die Maschinen-, Elektro-, Metall-, Textil-, Kunststoff-, Papier- und Nahrungsmittelindustrie, für die Banken und insbesondere für den Tourismus. Auch auf dem Binnenmarkt werden manche Branchen zu kämpfen haben, insbesondere die Werbung, Kommunikationsunternehmen und der Automobilhandel. Mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten dürften hingegen viele Dienstleistungsbranchen, der Detailhandel, die Informations- und Telekommunikationsbranche und einmal mehr die Bauwirtschaft aufwarten.

Tiefe Arbeitslosigkeit, minimale Inflation
Durch das abflauende Wachstum verringert sich die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften zwar etwas – was sich auch in einer tieferen Zuwanderung spiegeln wird -, doch sind in innovativen, expandierenden Branchen nach wie vor viele Spezialisten gefragt. economiesuisse rechnet für 2013 mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 3,3 Prozent.

Auch die Inflationsrate wird in den kommenden zwölf Monaten auf tiefem Niveau verharren, aber knapp im positiven Bereich zu liegen kommen. Grosse Preissteigerungen sind aufgrund der zunehmenden Konkurrenz im Schweizer Markt nicht zu erwarten. Eine Ausnahme bildet der Immobilienbereich. Hier ist die Gefahr einer Blasenbildung weiterhin vorhanden, denn der Druck auf die begehrtesten Wohnlagen hat kaum nachgelassen.

ZKB senkt BIP-Prognose für 2013 auf +1,0 (+1,5)%
Die Ökonomen der Zürcher Kantonalbank (ZKB) haben ihre Prognosen für die Entwicklung des realen Bruttoinlandproduktes (BIP) der Schweiz im kommenden Jahr 2013 auf +1,0% von zuvor +1,5% gesenkt. Aufgrund des globalen Konjunkturbildes und dabei insbesondere einer weniger erfreulichen Einschätzung der Euro-Zone sei man betreffend der weiteren Konjunkturentwicklung in der Schweiz etwas pessimistischer als noch vor einigen Monaten, so die Bank in einer Studie. Aufgrund des guten dritten Quartals 2012 – die Zahlen wurden letzte Woche veröffentlicht – erwartet die ZKB hingegen für dieses Jahr ein leicht höheres Wachstum als bisher (0,8% statt 0,6%).

Für 2014 gibt sich die ZKB wieder optimistischer und belässt ihre Prognose für das erwartete BIP-Wachstum bei 1,5%, was allerdings nach wie vor unter Potential sei, wie es heisst. (economiesuisse/awp/mc/upd/ps)

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