SNB: Musterschüler Schweiz in Sachen Stabilitätspolitik
Fritz Zurbrügg, Mitglied des Nationalbank-Direktoriums
Luzern – In der Schweiz besteht heute – trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds – kein Spannungsfeld zwischen Geld- und Fiskalpolitik. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens sind die öffentlichen Finanzen sehr gesund. Zweitens war auch die Geldpolitik stets auf Stabilität bedacht. Die Schweizer Wirtschaftspolitik zeichnet sich durch «gute» Regeln und eine Stabilitätskultur aus, die sich durch die hiesigen politischen Strukturen gegenseitig begünstigen. Die Schweiz konnte dank dieser Stabilitätskultur der Krise mit soliden Finanzen und einer glaubwürdigen und wirksamen Geldpolitik entgegentreten. Dies erklärte Fritz Zurbrügg, Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, am Mittwoch in einem Referat an der Universität Luzern.
Die Fiskalpolitik ist in verschiedenen Ländern als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise an die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit gestossen. Dies hat die an die Geldpolitik gestellten Erwartungen erhöht, etwas für die Stabilisierung der Wirtschaft und der Finanzmärkte zu tun. Tatsächlich haben Zentralbanken weltweit unkonventionelle Massnahmen ergriffen, um ihr Mandat auch unter diesen aussergewöhnlichen Umständen zu erfüllen. Dies hat dazu geführt, dass heute in verschiedenen Ländern ein Spannungsfeld zwischen Geld- und Fiskalpolitik besteht. Um eine Wirtschaftspolitik möglichst frei von Spannungsfeldern gestalten zu können, müssen Fiskal- und Geldpolitik stabilitätsorientiert handeln. Doch wie wird das garantiert? Damit Fiskal- und Geldpolitik ihre diskretionären Spielräume nicht missbrauchen, sondern ihre Instrumente zielkonform einsetzen und dadurch eine nachhaltige Wirtschaftspolitik betreiben, müssen klare und verbindliche Regeln existieren.
Frankenaufwertung und demografischer Wandel als Herausforderung
Die übermässige Frankenaufwertung ist ein monetäres Problem, weil sie deflationäre Risiken birgt. Somit ist sie ein Problem, um das sich die Geldpolitik kümmern muss. Der Mindestkurs hat in der breiten Öffentlichkeit und in er Politik Unterstützung gefunden. Er muss aber als Extremmassnahme verstanden werden. Er kann nicht sämtliche Probleme der Schweizer Wirtschaft lösen und birgt auch beträchtliche Risiken. Eine der grössten Herausforderungen für die Fiskalpolitik ist der demographische Wandel, der die Staatsfinanzen in Zukunft stark belasten wird. Die Berechnungen zeigen eindeutig, dass die altersbedingten Kosten bei unveränderter Politik rasch anwachsen werden. Diese Probleme können nicht mit Fiskalregeln wie der Schuldenbremse gelöst werden. Sie benötigen tiefgreifende strukturelle Reformen bei den Sozialversicherungen. (snb/mc/cs)