Trotz Wachstumsrückgang: Ökonomen erwarten weiche Landung in China
Geht dem chinesischen Drachen die Puste aus?
Peking / Frankfurt – Eigentlich ist es eine Hiobsbotschaft: Die chinesische Wirtschaft hat weiter an Fahrt verloren. Das Wachstum der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt ist im dritten Quartal auf den niedrigsten Stand seit mehr als drei Jahren gesunken, wie das Statistikamt am Donnerstag in Peking berichtete. Dennoch sind Ökonomen optimistisch und sehen Hinweise auf eine «weiche Landung» Chinas. Eine Reihe anderer Indikatoren sowie die Möglichkeiten der chinesischen Regierung zur Stützung der Konjunktur dürften laut den Wissenschaftlern gar zu einer baldigen Trendwende führen – auch wenn es auf dem ersten Blick nicht danach aussieht.
So legte die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nur noch um 7,4 Prozent zu. Es war der siebte Quartalsrückgang in Folge und das niedrigste Wachstum seit Anfang 2009, kurz nach Ausbruch der weltweiten Finanzkrise. Allerdings war der Rückgang von Ökonomen erwartet worden. Angesichts des schwächeren Aussenhandels und der unzureichenden heimischen Nachfrage war bereits im zweiten Quartal nur ein Wachstum von 7,6 Prozent verzeichnet worden.
Erste Besserungstendenzen
Allianz-Ökonom Gregor Eder sieht denn auch Hinweise für eine «weiche Landung» in China. Das Wirtschaftswachstum sei im dritten Quartal nur geringfügig niedriger ausgefallen als im zweiten Quartal. Gleichzeitig zeigten harte Konjunkturdaten wie die Industrieproduktion und die Einzelhandelsumsätze erste Besserungstendenzen.
Industrieproduktion gewinnt wieder an Schwung
Chinas Industrieproduktion hatte im September wieder leicht an Schwung gewonnen und im Jahresvergleich um 9,2 Prozent zugelegt. Eder verwies auch auf die zuletzt aufwärts gerichteten Einkaufsmanagerindizes. Zudem liessen sich die chinesischen Verbraucher von der Abkühlung der Konjunktur im September nicht beeindrucken. Die Einzelhandelsumsätze stiegen um 14,2 Prozent zum Vorjahr, nachdem sie im Vormonat noch um 13,2 Prozent geklettert waren.
VP Bank erwartet Trendwende im vierten Quartal
Im laufenden Quartal ist daher laut Eder mit einer Wachstumsbeschleunigung zu rechnen, wozu eine moderat expansiv wirkende Wirtschaftspolitik der Regierung in Peking beitragen dürfte. «China erhöht die Ausgaben für Infrastrukturprojekte nun deutlich», heisst es etwa in einer Studie der VP-Bank aus Liechtenstein. Eine Wachstumswende dürfte daher im vierten Quartal vollzogen werden. Ein Rückkehr zu den hohen Wachstumsdaten der Vorjahre erwarten die Experten jedoch nicht.
Gedämpfte Erwartungen an geld- und fiskalpolitische Stimulierung
Die DekaBank-Volkswirte haben nach den Daten ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum von 7,6 Prozent im Vorjahr auf 7,8 Prozent angehoben. Für 2013 gehen sie jetzt sogar von einem Wachstum von 8,1 Prozent aus, nachdem sie zuvor noch 7,7 Prozent erwartet hatten. Die Dynamik seit Jahresbeginn sei höher als erwartet ausgefallen, begründeten sie ihre Entscheidung. Weitere Unterstützung durch die Politik für die Wirtschaft ist laut der DekaBank hingegen unwahrscheinlicher geworden: «Da die chinesische Wirtschaft nach den nun vorliegenden Zahlen bereits seit einigen Monaten wieder Tritt gefasst hat, dürften die Erwartungen an eine geld- und fiskalpolitische Stimulierung zurückgeschraubt werden.» (awp/mc/upd/ps)