Zweitwohnungen: BR kommt Kantonen und Gemeinden entgegen
Bern – Viele Tourismusgemeinden werden ab 1. Januar 2013 keine Ferienwohnungen mehr bewilligen können. Auf diesen Termin hin hat der Bundesrat die Verordnung zur vorläufigen Umsetzung der Zweitwohnungs-Initiative in Kraft gesetzt. Diese lässt viel Raum für Ausnahmen.
Die bedeutendste davon ist wohl, dass die Umnutzung von Erst- in Zweitwohnungen weiterhin zulässig ist. Wer in Gstaad oder St. Moritz wohnt, kann seine Liegenschaft als Ferienwohnung verkaufen. Die Initianten sehen darin eine Verletzung des Volkswillens, der Bundesrat verweist auf die Verfassung: Für Eingriffe in die Eigentumsgarantie genüge eine Verordnung nicht, dafür brauche es eine gesetzliche Grundlage, schreibt er in einer Mitteilung.
Warme Betten möglich
Trotzdem knüpft er die Umnutzung in der Verordnung an verschiedene Bedingungen. Ausdrücklich verboten ist es etwa, eine Wohnung als Feriendomizil zu verkaufen und dann den fehlenden Wohnraum durch einen Neubau zu ersetzen. Zulässig ist die Umnutzung dann, wenn sie mit einem Wegzug oder einem Erbgang zusammenhängt oder im Interesse des Ortsbildschutzes geboten ist. Auch bei «warmen Betten» drückt der Bundesrat ein Auge zu: Der Bau von Wohnungen soll zulässig sein, wenn diese ein hotelähnliches Betriebskonzept haben, nicht individuell ausgestattet sind und zur kurzzeitigen Nutzung durch Gäste zu marktüblichen Bedingungen angeboten werden.
Umnutzung von Hotelimmobilien zu Zweitwohnungen
Unter bestimmten Bedingungen dürfen auch Hotelimmobilien zu Zweitwohnungen umgenutzt werden: Möglich ist dies, wenn die Liegenschaft als Hotel gebaut und während 25 Jahren so betrieben worden ist. Ein Gutachten muss zeigen, dass der Hotelbetrieb nicht rentabel weitergeführt werden kann. Umgenutzt werden dürfen ferner Rustici und Maiensässe, wenn sie vor Annahme der Initiative bestanden. Grossprojekte, für die ein Sondernutzungsplan besteht, können erstellt werde, auch wenn bei Annahme der Initiative noch keine Baubewilligung vorlag.
Die Lösungen entsprechen weitgehend dem Verordnungsentwurf, den eine von Bundesrätin Doris Leuthard eingesetzte Arbeitsgruppe vorgelegt hat. Die Initianten um den Umweltschützer Franz Weber sahen ihre Anliegen darin zu wenig berücksichtigt.
Arbeit für Gerichte
Ebenfalls übergangen wurden sie bei der Frage der Inkraftsetzung: Entgegen ihren Forderungen gilt die Verordnung nicht ab 1. September 2012, sondern erst ab 1. Januar 2013. Damit können Baubewilligungen noch bis Ende Jahr erteilt werden. Unklar ist jedoch, was nach diesem Datum mit Bewilligungen geschieht, die wegen Einsprachen und Beschwerden noch nicht rechtskräftig sind. Experten schliessen nicht aus, dass solche vom Bundesgericht ab 2013 als nichtig beurteilt werden. An die Verordnung des Bundesrats sind die Gerichte dabei nicht gebunden. Sie können diese – anders als Bundesgesetze – überprüfen und darauf gestützte Bewilligungen aufheben.
Dass sich das Bundesgericht mit der Sache befassen muss, steht fest. Dafür sorgen die Fondation Franz Weber und die Organisation Helvetia Nostra: Sie haben bereits mehrere hundert Einsprachen gegen Bauprojekte erhoben, dazu kommen die Einsprachen von Privaten. (awp/mc/ps)