Teures Öl bedroht Wirtschaft – Brentpreis in Euro auf Rekordhoch
London / Frankfurt – Die krisengeplagte Eurozone steht vor einer weiteren Herausforderung: Der Preis für Rohöl der Nordsee-Sorte Brent bewegt sich in Euro gerechnet auf Rekordniveau. Am Donnerstag kostete ein Barrel (159 Liter) fast 95 Euro und damit mehr als während der Höhenflüge zu Jahresbeginn und Mitte 2008. Im aktuellen konjunkturellen Abschwung – die Euro-Wirtschaft ist bereits im zweiten Quartal um 0,2 Prozent geschrumpft – kommt diese Entwicklung äusserst ungelegen.
Den wichtigsten Grund für das teure Öl sehen Experten in der Euro-Schwäche. Gegenüber dem US-Dollar, in der weltweit mit Abstand die meisten Ölgeschäfte abgewickelt werden, hat die europäische Gemeinschaftswährung seit Jahresbeginn um 15 Prozent an Wert eingebüsst. Und Analysten erwarten, dass der Euro vorerst unter Druck bleibt.
Investoren skeptischer denn je
Denn die Skepsis der Investoren scheint grösser denn je. Zudem müssen am 12. September mit Fiskalpakt und dauerhaftem Rettungsfonds ESM zwei tragende Säulen der künftigen Grundordnung im Euroraum das deutsche Verfassungsgericht in Karlsruhe passieren. Bis dahin bleibt die Ungewissheit bei Anlegern hoch. Athanasios Vamvakidis, Währungsexperte der Bank of America, rechnet damit, dass der Eurokurs bis zum Jahresende bis auf 1,15 Dollar fällt.
Exporteuren im Euroraum kommt der schwächere Eurokurs zwar entgegen, da die Produkte dadurch günstiger im Ausland angeboten werden können. Solange sich die globalen Wirtschaftsaussichten jedoch weiter eintrüben, dürfte das ein schwacher Trost sein. Und Verbraucher zahlen einen hohen Preis.
Heizölpreise auf Vierjahreshoch
Wenn der Ölpreis steigt und der Eurokurs sinkt, klettern auch die Preise für Ölprodukte wie Benzin und Heizöl in die Höhe. Die Heizölpreise sind am Donnerstag bereits auf den höchsten Stand seit vier Jahren geklettert. Der bundesweite Durchschnittspreis stieg nach Einschätzung einschlägiger Internet-Portale auf mehr als 95 Euro für 100 Liter (bei Abnahme von 3.000 Litern).
Als weitere Ursachen für die jüngsten Anstiege der Rohölpreise gelten das Ölembargo gegen den Iran und abnehmende Lagerbestände in den USA. Zuletzt sorgten weltweite geopolitische Risiken wieder stärker für Preisauftrieb. Spekulanten nutzen unter anderem die Furcht vor einem israelischen Militärschlag gegen den Iran für Wetten auf steigende Ölpreise.
Ägypten als weiterer Krisenherd
Als weiterer Krisenherd in der Region ist laut Eugen Weinberg, Rohstoff-Experte der Commerzbank, Ägypten hinzugekommen. Der neugewählte Präsident hatte zuletzt die Armeeführung entmachtet und den Verteidigungsminister des bevölkerungsreichsten arabischen Landes ausgewechselt. Ägypten ist wegen des Suezkanals ein wichtiges Öltransitland. Dies erklärt laut Weinberg den im Vergleich zu Rohöl der US-Referenzsorte WTI um rund 20 Dollar höheren Brent-Preis. (awp/mc/ps)