Mobilitäts-Monitor: Tendenz zum Auto – Ökologie muss sich rechnen

Mobilitäts-Monitor: Tendenz zum Auto – Ökologie muss sich rechnen

Bern – Für 77 Prozent aller Schweizerinnen und Schweizer ist und bleibt das Auto ein unverzichtbarer Alltagsgegenstand. Die Nutzung und der Nutzen des Autos stehen dabei klar im Vordergrund. Dies sind erste Ergebnisse des zum vierten Mal durchgeführten Mobilitäts-Monitors, der vom Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag von auto-schweiz durchgeführt wurde.

41 Prozent der Befragten sehen, dass der motorisierte Verkehr sowohl positive wie negative Seiten aufweist. Diese Gruppe bildet nach wie vor die grösste Gruppe. Seit der ersten Befragung 2005 stetig zugenommen hat der Anteil Personen, die mehr Vorteile als Nachteile sehen (34 Prozent, +10). Konstant geblieben ist die Gruppe, bei der die Negativsicht überwiegt, sie macht 20 Prozent aus. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Grundeinstellung gegenüber dem Auto über die Jahre stabil ist – mit einer leicht positiven Tendenz.

Weniger Umwelt mehr Nutzen
Unverändert die drei wichtigsten Aussagen zu Autos sind, dass diese die Erreichbarkeit abgelegener Ortschaften ermöglichen (91 Prozent voll und eher zutreffend), dass sie wichtige Transportleistungen für unsere Gesellschaft ermöglichen (88 Prozent) und wichtig für das Funktionieren der Schweizer Wirtschaft sind (87 Prozent). Praktisch unverändert betrachten 77 Prozent aller Befragten das Auto als unverzichtbar. Zugenommen hat die Wahrnehmung, dass moderne Autos weniger umweltbelastend sind als früher (84 Prozent, +10). 84 Prozent sind der Überzeugung, dass die Autobranche dank modernen Antriebstechnologien zur Lösung der Klimaproblematik beitragen kann. Neu sind rund zwei Drittel der Meinung, dass der Nutzen des Autos allen zu Gute kommt (67 Prozent, +12).

Bedenken wegen Klimawandel
Wie vor drei Jahren gibt es auch Bedenken, sie scheinen aber weniger stark zu wiegen als die Nutzensicht: Unverändert dreht sich die Kritik vor allem um die Bereiche Klimawandel (75 Prozent) und Umweltbelastung (70 Prozent), etwas weniger als noch 2009 um Lärmbelastungen (68 Prozent, -5). Auf tieferem Niveau zugenommen hat die Kritik, dass Autos aus reiner Bequemlichkeit genutzt werden (53 Prozent, +5) oder mehr Statussymbol denn Fortbewegungsmittel seien (35 Prozent, +8).

Was 2012 auffällt, ist, dass das Auto in erster Linie aus einer Nutzen- und weniger aus einer Problemoptik beurteilt wird. 2009 waren die umweltpolitischen Aussagen ähnlich wichtig wie die Nutzenaspekte. «Diese Fokusverschiebung vom (Umwelt-)Problem hin zum Nutzen ist der Hauptgrund für die generell autofreundlichere Haltung der Schweizerinnen und Schweizer», so Urs Bieri, Forschungsleiter des Forschungsinstituts gfs.bern.

Technische Lösungen sind beliebter
Auch 2012 sind die Schweizerinnen und Schweizer grundsätzlich bereit, ihr eigenes Verkehrsverhalten zugunsten der Umwelt anzupassen – hier werden jedoch eher technische Lösungen dem Anpassen des eigenen Mobilitätsverhaltens vorgezogen. Die beliebtesten Nennungen waren hier, beim nächsten Autokauf verbrauchsarme Fahrzeuge (88 Prozent) oder solche mit tiefem CO2-Ausstoss (84 Prozent) zu bevorzugen. Mit dem sinnvollen Abwägen, wann das Auto und wann der öV die bessere Wahl ist, sind 75 Prozent der Befragten einverstanden, und 71 Prozent versuchen, so viel wie möglich den öV zu benutzen.

Bewährtes ist beliebter – Ökologie muss sich rechnen
Die Bereitschaft, beim nächsten Autokauf auf ein Auto mit neuem Antriebssystem (58 Prozent, -10) oder ein verbrauchsarmes Auto mit geringem CO2-Ausstoss (69 Prozent, -8) zu setzen, ist mehrheitlich vorhanden, aber am Sinken. Kritik an den neuen Technologien, persönliche sowie finanzielle Gründe und der bewusste Autoverzicht sind Hauptgründe für einen Nicht-Kauf. Für einen Kauf hingegen sprechen vor allem ökologische Aspekte. Betrachtet man die beliebtesten Antriebssysteme, so stehen an erster Stelle energieeffiziente Benzinmotoren (89 Prozent, +5) sowie verbrauchssparende und umweltfreundliche Dieselmotoren (80 Prozent, +13). Es ist bezeichnend, dass die Systeme beliebt sind, welche auf konventionellen Energieträgern basieren und sich bewährt haben.

Die anderen Systeme, welche zumindest teilweise andere Energieträger verwenden, verlieren dagegen an Zustimmung. Verbrennungsmotoren kombiniert mit einem Elektromotor kamen nur noch für 76 Prozent (2009: 88 Prozent, -12) und reine Elektromotoren gerade mal für 59 Prozent (2009: 68 Prozent, -9) in Frage. «Ein erster Hype um alternative Antriebssysteme scheint sich zu Ende zu neigen, die hohen Erwartungen, die in einer ersten Euphorie daran gestellt wurden, konnten sich (noch) nicht erfüllen», verortet Andreas Burgener, Direktor auto-schweiz, diese Ergebnisse und fährt fort: «Das Auto ist für die Schweizerinnen und Schweizer in erster Linie ein Gebrauchsgegenstand, dessen Nutzen im Vordergrund steht. Solange alternative Antriebe in diesem Punkt zurückbleiben, wird das Strassenbild weiterhin von konventionellen Modellen dominiert sein. Wie viel Ökologie man sich leisten will und kann, wird ganz genau berechnet.»

Autoindustrie und Staat sind gefordert
Auch 2012 ist eine knappe Mehrheit (52 Prozent, +1) der Ansicht, dass sich die Autoindustrie noch mehr zur Verminderung der Abgase einsetzen soll. Und auch vom Staat erhoffen sich die Befragten einen Beitrag. 84 Prozent (+5) sind der Meinung, dass besonders energieeffiziente Autos steuerlich begünstigt werden sollen.
Besonders stark zugenommen hat seit 2009 aber auch die Forderung, Fahrzeuge mit hohem Benzinverbrauch stärker zu besteuern (60 Prozent, +13). Drei Viertel der Befragten wünschen sich, dass die Strasseninfrastruktur laufend verbessert wird; rund die Hälfte kann sich auch die Einrichtung eines Infrastrukturfonds vorstellen. Stark gewachsen, aber weiterhin minderheitlich ist die Position, bei den Strassenbauausgaben zu sparen.

Massnahmen mit individueller Kostenfolge wie teurere Treibstoffpreise, Road-Pricing, aber auch CO2-Abgabe finden keine Mehrheiten. Rund zwei Drittel der Befragten (68 Prozent, +2) spricht sich zudem gegen ein Verbot von Autos aus, die älter als 13 Jahre sind. Hauptsächlich aus finanziellen Gründen. Auch hier zeigt sich:
Staatliches Verhalten muss sich insofern rechnen, als dass das Preis-Leistungs-Verhältnis für den Einzelnen nicht beeinträchtigt wird.

Eine knappe Mehrheit (51 Prozent) findet, dass die Steuern und Abgaben fürs Autofahren zu hoch sind. Vor diesem Hintergrund ist es daher nicht erstaunlich, dass sich eine deutliche Mehrheit von 84 Prozent dagegen ausspricht, die Autofahrer für den öffentlichen Verkehr noch mehr zur Kasse zu bitten. Ebenso unbeliebt (74 Prozent) ist aber auch der Vorschlag, stattdessen höhere Billettpreise für den öV durchzusetzen. (auto-schweiz/mc/pg)

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