Monti warnt vor Zerstörung Europas

Monti warnt vor Zerstörung Europas

Italiens Ministerpräsident Mario Monti.

Berlin – Die Euro-Schuldenkrise droht nach Ansicht von Italiens Regierungschef Mario Monti das Projekt Europa zu zerstören. «Die Spannungen, die in den letzten Jahren die Euro-Zone begleiten, tragen bereits die Züge einer psychologischen Auflösung Europas», sagte Monti dem «Spiegel». Wenn die gemeinsame Währung zu einem Faktor des Auseinanderdriftens werde, «dann sind die Grundlagen des Projekts Europa zerstört». Gleichzeitig forderte Monti mehr Unabhängigkeit europäischer Regierungen gegenüber Parlamenten. Sonst werde ein Auseinanderbrechen wahrscheinlicher. Regierungen hätten auch die Pflicht, Parlamente zu erziehen. In Deutschland reagierten Unionspolitiker empört auf diese Äusserung Montis.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sprach in Deutschland von einem «Anschlag auf die Demokratie». «Die Gier nach deutschen Steuergeldern treibt bei Herrn Monti undemokratische Blüten», sagte er der «Welt» (Montag). «Herr Monti braucht offenbar die klare Ansage, dass wir Deutsche nicht bereit sein werden, zur Finanzierung der italienischen Schulden unsere Demokratie abzuschaffen.» Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sagte «Spiegel Online», keinesfalls gerechtfertigt sei der Versuch, die demokratisch notwendige parlamentarische Kontrolle einzuschränken.

CSUPolitiker mit neuer Attacke
Gleichzeitig starteten CSU-Politiker eine neue Attacke vor allem gegen die Regierung in Athen. Griechenland solle die Eurozone schnellstens verlassen, sagte Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU). «Nach meiner Prognose sollte Griechenland bis Jahresende ausscheiden. Jede neue Hilfsmassnahme, jede Lockerung der Auflagen wäre der falsche Weg», sagte er der «Bild am Sonntag». An Athen müsse «ein Exempel statuiert werden, dass diese Eurozone auch Zähne zeigen kann».

Söder rechnet für den Fall eines Verbleibs Griechenlands im Euro mit einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden für Deutschland. Und er verwies auf die Signalwirkung für andere schuldengeplagte Euro-Länder wie Italien und Spanien: Diese müssten sehen, was passiert, wenn man seine Schulden nicht zahlt. Er fügte hinzu: «Irgendwann muss jeder bei Mama ausziehen, und die Griechen sind jetzt so weit.»

SPD: «Söder ist ein gewissenloser Krawallmacher»
Die SPD reagierte empört auf Söders Äusserungen. «Markus Söder ist und bleibt ein gewissenloser Krawallmacher», sagte Vize-Fraktionschef Joachim Poss. Söders neueste Äusserungen ignorierten die enormen Kosten und Gefahren für die gesamte Eurozone.

Die Angriffe aus der CSU richten sich auch gegen den Rettungskurs von EZB-Präsident Mario Draghi, der sich grundsätzlich dazu bereit erklärt hat, massiv weitere Anleihen von Euro-Krisenländern zu kaufen – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die jeweiligen Länder zuvor beim EU-Rettungsfonds einen Antrag auf Hilfen stellen. «Die EZB geht einen gefährlichen Weg. Sie darf sich nicht vom Währungshüter zur Inflationsbank entwickeln», sagte Söder. CSU-Generalsekretär Dobrindt warf dem Italiener Draghi vor, die Europäische Zentralbank (EZB) für italienische Interessen zu missbrauchen. «Es ist auffällig, dass Draghi immer dann aktiv wird und über die EZB Staatsanleihen kaufen will, wenn es in Italien mal wieder eng wird», sagte Dobrindt dem «Tagesspiegel» (Samstag).

Noch grössere Anstrengungen nötig
Unterdessen einigte sich die griechische Regierung mit ihren internationalen Kreditgebern am Sonntag auf die Eckpunkte eines weiteren milliardenschweren Sparpakets. «Es wurden Fortschritte registriert», sagte der Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF), Poul Thomsen, am Sonntag zu Reportern. Anfang September werde das Expertenteam zu weiteren Prüfungen zurückkehren.

In der offiziellen Erklärung der Geldgeber hiess es, man sei sich mit den Griechen einig darüber geworden, dass noch grössere Anstrengungen nötig seien, um die Sparziele zu erreichen. Der Plan sieht vor, dass bis 2014 gut 11,5 Milliarden Euro eingespart werden.

Samaras will nach Berlin und Paris
Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras plant, Ende August zu Gesprächen mit den beiden stärksten Euro-Partnern nach Berlin und Paris zu reisen. Dieser Plan wurde der dpa in Athen aus dem Umfeld des Regierungschefs bestätigt. Laut griechischen Medienberichten geht es bei der Samaras-Reise darum, einen «schnellen Euro-Tod» Griechenlands abzuwenden. Den Verantwortlichen sei bewusst, dass es in Berlin einen «Grexit»-Plan gebe – einen Plan für den Austritt Griechenlands aus der Eurozone. (awp/mc/ps)

Schreibe einen Kommentar