Euphorie an Finanzmärkten wegen Hoffnung auf EZB-Eingreifen
EZB-Präsident Mario Draghi (Bild: EZB)
London / Athen / Berlin – EZB-Präsident Mario Draghi hat die Hoffnung auf ein weiteres Eingreifen der Währungshüter in der Euro-Krise genährt und damit an den Finanzmärken ein Kursfeuerwerk ausgelöst. Der zuletzt massiv unter Druck geratene Eurokurs schnellte in die Höhe. Auch die internationalen Börsen schossen nach oben. Der deutsche Leitindex Dax legte zeitweise um rund 3 Prozent zu. Auch die Anleihemärkte der Euro-Krisenländer Spanien und Italien, die zuletzt ein bedrohliches Rendite-Niveau erreicht hatten, entspannten sich.
Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) bekräftigte am Donnerstag in London: «Die EZB wird im Rahmen ihres Mandats alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten.» Wörtlich fügte er hinzu: «Und glauben Sie mir – es wird ausreichen.»
Taten erwarten
Wichtiger noch als die demonstrative Entschlossenheit werteten Händler Aussagen des EZB-Präsidenten, die auf eine Wiederaufnahme des seit März ruhenden Anleihekaufprogramms der EZB hindeuten könnten. «Die Notenbank dürfte Draghis Andeutungen nun auch Taten folgen lassen», sagte Thomas Amend, Experte des Bankhauses HSBC Trinkaus.
Draghi sagte, sollte der Transmissionsmechanismus für die Wirkung der Geldpolitik durch das hohe Zinsniveau gestört werden, falle dies in den Aufgabenbereich der Notenbank. Mit ähnlichen Formulierungen hatte die EZB bereits früher Eingriffe am Anleihemarkt begründet.
Reformdruck könnte vermindert werden
Viele sehen im massiven Kauf von Anleihen durch die Notenbank kurzfristig den einzigen Weg, die hohen Zinsen zu drücken, die Länder wie Spanien oder Italien derzeit am Markt für frisches Kapital bezahlen müssen. Fraglich ist aber, wie dauerhaft die Renditen damit gesenkt werden können. Ein Kritikpunkt ist, dass mit einem solchen Eingriff der EZB der Reformdruck in den Krisenländern sinken könnte. Ohnehin sind Anleihenkäufe durch die Notenbank wegen der Nähe zur unerlaubten Staatsfinanzierung durch die Notenpresse umstritten. Das Programm ruht seit Monaten. Daher sorgt jeder Hinweis auf eine mögliche Wiederaufnahme für heftige Marktbewegungen.
So auch am Donnerstag: Nach Draghis Rede schnellte der Kurs des Euro um rund 1,5 Cent nach oben – über die Marke von 1,23 US-Dollar. Zuletzt notierte er bei 1,2281 Dollar.
Anleihemärkte von Spanien und Italien profitieren
Am stärksten profitierten jedoch die angespannten Anleihemärkte der Krisenstaaten Spanien und Italien, also der Krisenherd, auf den die mutmasslichen Eingriffe der EZB zielen würden: Im längeren und richtungsweisenden Laufzeitbereich von zehn Jahren sank die Rendite für spanische Staatsanleihen erstmals seit einer Woche wieder unter die kritische Marke von sieben Prozent. Bei kurzlaufenden Titeln von zwei Jahren gaben die Renditen sowohl in Spanien als auch Italien noch kräftiger um mehr als einen halben Prozentpunkt nach.
Euro-Sorgenkind Griechenland will unterdessen mit einem Bündel noch härterer Sparmassnahmen die internationalen Geldgeber beruhigen. Es geht um Einsparungen in Höhe von mehr als 11,5 Milliarden Euro für die kommenden zwei Jahre. Am härtesten dürften diese Massnahmen abermals die Rentner treffen. Übereinstimmenden Medieninformationen zufolge soll es künftig in Griechenland keine Renten mehr geben, die 2 200 Euro übertreffen. «Wer viel verdient, muss mehr bezahlen», sagte ein hoher Funktionär des Finanzministeriums der Nachrichtenagentur dpa. Kürzungen soll es auch nochmals im Gesundheitsbereich geben.
Griechenland mit neuem Sparprogramm
Die Eckpunkte des neuen, harten Sparprogramms präsentierte der neue griechische Finanzminister Ioannis Stournaras den Experten der Troika von EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) am Donnerstag. Am Abend stand noch ein Treffen von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso mit dem griechischen Regierungschef Antonis Samaras an.
Die Sparprogramm sei noch nicht endgültig festgelegt, hiess es aus Regierungskreisen. Gerungen wird zudem noch um zahlreiche geplante Privatisierungen.
Sparmassnahmen müssen genehmigt werden
Die Sparmassnahmen müssen von den Geldgebern genehmigt werden. Die Kontrolleure der Troika wollen sich am Freitag mit Samaras treffen. Vorläufig sei die Abreise am 6. August geplant. Von ihrem endgültigen Bericht hängt ab, ob Athen weitere Gelder aus den Hilfsprogrammen bekommt oder das Land zahlungsunfähig wird. Der Bericht wird für den September erwartet.
Auch an Deutschland gehen die Krisenfolgen nicht spurlos vorbei, wie der Warnschuss des US-Ratingriesen Moody’s zuletzt gezeigt hat: Nun nehmen die Bonitätswächter auch zahlreiche deutsche Banken unter die Lipe. Moody’s senkte am späten Mittwochabend den Ausblick für 17 Institute von «stabil» auf «negativ» – eine logische Folge der schlechteren Aussichten für den Bund und sechs Bundesländer. Betroffen sind vor allem Landesbanken und Förderbanken. (awp/mc/upd/ps)