Klima-Schnappschuss aus dem Pazifik
Das Bohrschiff «DP Hunter» vor Tahiti. (Foto: I. Pheasant, ECORD/IODP)
Bremen – Weltweit bemühen sich Wissenschaftler darum, die Dynamik des Klimageschehens besser zu erklären. Jetzt präsentieren Wissenschaftler Thomas Felis vom Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen MARUM und eine Gruppe internationaler Meeresforscher ein neues Teilchen im globalen Klimapuzzle. Sie zeigen, dass der tropische Südpazifik gegen Ende der letzten Eiszeit – anders als heute – vom Klimaphänomen El Niño geprägt war. Das Team untersuchte einen fossilen Korallenkern, der im Rahmen des Integrierten Ozeanbohr-Programms IODP vor Tahiti erbohrt worden war.
Das Ende der letzten Eiszeit wurde buchstäblich mit grossem Getöse eingeleitet. Vor rund 18.000 Jahren brachen von den Eisschilden, die sich von Kanada und Grönland bis über Skandinavien hinaus erstreckten, riesige Eisberge ab und trieben auf den Atlantik hinaus. Das darin enthaltene Süsswasser schwächte die Meeresströmungen im Atlantik für mehrere Jahrtausende ab. Dieser Prozess beeinflusste sogar den asiatischen Monsun. Unklar war bislang allerdings, wie sich die Vorgänge im Nordatlantik auf Klima und Wetter im tropischen Pazifik auswirkten – etwa auf das Auf und Ab des El Niño, der heute globale Wetteranomalien verursacht.
El Niño am Ende der letzten Eiszeit im tropischen Pazifik aktiv
Jetzt ist das Rätsel gelöst: „Unsere umfangreichen Untersuchungen ergaben, dass die Südseeinsel Tahiti vor 15.000 Jahren – anders als heute – im Einflussbereich des El Niño lag“, fasst Erstautor Dr. Thomas Felis den wichtigsten Befund der Untersuchungen zusammen. Denn die Daten, die an dem vor Tahiti erbohrten Korallenkern erhoben wurden, belegen, dass die Meerwassertemperaturen damals in einem typischen El Niño-Rhythmus von zwei bis fünf Jahren schwankten. Das Forscherteam kann damit erstmals zeigen, dass das Klimaphänomen El Niño am Ende der letzten Eiszeit im tropischen Pazifik aktiv war.
„Das besondere, ja einmalige ist, dass unser Kern zwar nur 60 Zentimeter lang ist, dafür aber eine kontinuierliche Zeitspanne von 22 Jahren Korallenwachstum umfasst“, sagt MARUM-Forscher Thomas Felis. Damals, d.h. 15.000 Jahre vor heute, wuchs die Koralle im nördlichen Teil des Riffs, das Tahiti säumt, vermutlich in einer Wassertiefe von weniger als fünf Metern. Als das IODP-Bohrschiff im Spätherbst 2005 vor Ort war, befand sich die inzwischen abgestorbene Koralle 113 Meter unter dem aktuellen Meeresspiegel, der ja seit dem Ende der letzten Eiszeit stark angestiegen ist.
«Einzigartiger Schnappschuss der Klimageschichte»
„Wir haben es hier mit einem einzigartigen Schnappschuss aus der Klimageschichte zu tun“, bilanziert Thomas Felis. „Im Korallenkern sind 22 Jahresgänge Wetter und Klima archiviert. Weil er so gut erhalten ist, konnten wir engmaschig beproben und haben pro Monat einen Wert zur Rekonstruktion der Meerestemperatur gewinnen können.“ Dies bildete die Grundlage dafür, dass die Wissenschaftler erstmals für die letzte Eiszeit Temperaturschwankungen im typischen El Niño-Rhythmus für den tropischen Pazifik dokumentieren konnten.
Weil der Kern nur eine relativ kurze Zeitspanne abdeckt und um ihre Befunde zu untermauern, kooperierten die Korallenforscher mit Klimamodellierern. Deren Ergebnisse gehen Hand in Hand mit den am Korallenkern selbst erhobenen Daten: Die Rechenmodelle spiegeln den El Niño-Rhythmus eindeutig wider. (