KMU: Standortvorteile vom unsicheren Umfeld überschattet

KMU: Standortvorteile vom unsicheren Umfeld überschattet

Zürich – Die Schweizer KMU erachten die Mitarbeitenden und deren Qualifikationen sowie die Infrastruktur als die zentralen Faktoren für ihren Geschäftserfolg. Beide Faktoren bleiben nach Einschätzung der KMU auch mittelfristig Vorteile des Standortes Schweiz. Dies geht aus der Studie «Erfolgsfaktoren für Schweizer KMU – Umgang mit volkswirtschaftlichen Risiken» der Credit Suisse hervor.

Geprägt durch das unsichere Umfeld und den starken Schweizer Franken, sind gemäss der Umfrage das wirtschaftliche Umfeld und die Auslandsverflechtung die grössten Herausforderungen. Negativ nehmen die KMU den Einfluss der regulatorischen Rahmenbedingungen wahr. Die wichtigsten volkswirtschaftlichen Risiken sind gemäss den KMU eine globale Rezession, der Mangel an Fachkräften und der zunehmende Wettbewerb. Die KMU begegnen diesen Risiken durch Diversifikation, die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen und Investitionen in Aus- und Weiterbildung.

Hans Baumgartner, Leiter KMU-Geschäft Schweiz der Credit Suisse, erläuterte: «Die Schweizer KMU haben sich im schwierigen Marktumfeld bislang gut behauptet. Hohe Qualitäts- und Ausbildungsstandards ermöglichen es den Unternehmen immer wieder, Nischen zu besetzen und sich auch im Ausland erfolgreich zu etablieren. Wenn die KMU weiterhin ihre Hausaufgaben machen, bin ich optimistisch, dass sie auch kommende Herausforderungen meistern werden. Durch Unternehmergeist und Innovation schaffen sie die Grundlage für ihren Geschäftserfolg.»

Mitarbeiter und deren Qualifikationen sowie Infrastruktur zentrale Standortvorteile
Mitarbeiter und deren Qualifikationen sowie die Infrastruktur sind diejenigen Erfolgsfaktoren, die aus Sicht der KMU heute am positivsten auf den Geschäftserfolg der KMU einwirken. Gemäss 80% der Umfrageteilnehmer haben Mitarbeiter und Qualifikationen eine grosse Bedeutung für den eigenen Geschäftserfolg und beinahe 60% beurteilen den Beitrag dieses Faktors auf den eigenen Erfolg derzeit als positiv. Die Infrastruktur rangiert bezüglich der Bedeutung an dritter Stelle, trägt zurzeit aber eindeutig am positivsten zum unternehmerischen Erfolg bei. Insgesamt bewerten die KMU aktuell sechs der neun Erfolgsfaktoren positiv und bestätigen damit die gute Positionierung der Schweiz in international vergleichenden Studien zur Wettbewerbsfähigkeit.

Wirtschaftliches Umfeld und Auslandsrisiken belasten KMU am stärksten
Die Faktoren wirtschaftliches Umfeld und Auslandsverflechtung wirken derzeit negativ auf den Erfolg der Schweizer KMU. Die durch das wirtschaftliche Umfeld gegebenen Herausforderungen wie zum Beispiel Wettbewerbsintensität, Lohnniveau, Preisdruck und Nachfragetrends haben die Unternehmen in den letzten Jahren stark gefordert. Das wirtschaftliche Umfeld ist für den Unternehmenserfolg von besonders grosser Bedeutung. Der Auslandsverflechtung messen die KMU hingegen insgesamt eine geringe Bedeutung zu. Zurückzuführen ist dies darauf, dass viele der KMU rein binnenorientiert sind. 44% der befragten KMU erwirtschaften den gesamten Umsatz im Inland, 23% zu mehr als 90%. Die KMU gehen davon aus, dass das wirtschaftliche Umfeld und die Auslandsverflechtung sich in den kommenden drei bis fünf Jahren sogar noch negativer auf ihre Geschäftstätigkeit auswirken werden. Diese erwartete Verschlechterung verdeutlicht, dass weitere Massnahmen zur Reduktion der Kosten oder Steigerung der Effizienz nötig sind und die nach wie vor schwierige Lage nicht einfach ausgesessen werden kann.

Regulatorische Rahmenbedingungen bremsen den Erfolg
Die negative Beurteilung der regulatorischen Rahmenbedingungen ist umso mehr beunruhigend, als die KMU auch in diesem Bereich in den kommenden drei bis fünf Jahren eine Verschlechterung erwarten und die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Hälfte der befragten KMU von grosser Wichtigkeit sind. Die Kritik am regulatorischen Umfeld scheint unterschiedlich motiviert. Regionale und branchenspezifische Unterschiede sind in der Beurteilung besonders markant. Am negativsten sehen sich KMU aus den Bereichen Tourismus und Unterhaltung, Handel und Verkauf und aus dem Bau von den regulatorischen Rahmenbedingungen beeinflusst.

Schwerpunktthema: «Umgang mit volkswirtschaftlichen Risiken»
Globale Rezession, Fachkräftemangel, und zunehmender Wettbewerb stellen in den Augen der Schweizer KMU in den nächsten ein bis zwei Jahren die grössten volkswirtschaftlichen Risiken dar. Auch Rohstoff- und Energiepreise sowie Wechselkursentwicklungen sind für die Unternehmen nicht zu vernachlässigende Gefahrenquellen. 62% der Umfrageteilnehmer erachten das Schadensausmass im Falle eines Fachkräftemangels als gross, gleichzeitig schätzen 59% die Eintrittswahrscheinlichkeit als eher gross bis sehr gross ein. 80% erwarten steigende Energiepreise, wobei 44% grosse negative Auswirkungen auf ihr Unternehmen erwarten. Besonders Industriebetriebe sehen in steigenden Rohstoffpreisen eine grosse Gefahr. Für exportorientierte KMU spielt die Wechselkursentwicklung eine grosse Rolle. Als vergleichsweise unbedeutend erachten die Schweizer KMU das Risiko einer politischen Isolation der Schweiz.

Bildungssystem besser auf Arbeitsmarkt ausrichten
Mit Blick auf den Fachkräftemangel versuchen sich die KMU hauptsächlich durch das Angebot von attraktiven nicht-monetären Arbeitsbedingungen (69%), von Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten (64%) und von Lehrstellen (57%) genügend qualifizierte Arbeitskräfte zu sichern. Attraktive Löhne rangieren an vierter Stelle (56%). 72% der Unternehmen fordern vom Staat, dass das Bildungssystem besser auf den Arbeitsmarkt ausgerichtet wird. 53% wünschen sich mehr öffentliche Mittel für die Bildung; in der Westschweiz und im Tessin ist der Anteil deutlich höher als in der Deutschschweiz. Gesamtschweizerisch erachten nur 27% eine weitere Förderung der Einwanderung von Fachkräften als geeignete Lösung.

Vorwärtsgang mit Blick auf Auslandsrisiken
Der starke Franken belastet die Schweizer Wirtschaft noch immer stark. Auf die Risiken der Auslandsverflechtung reagieren die Unternehmen am häufigsten mit der Diversifikation der Lieferanten und der Erschliessung neuer Absatzmärkte. Die Diversifikation von Produktionsstätten ist hingegen eher selten. Nur 20% der befragten Unternehmen haben eine solche durchgeführt. Eine Exportrisikoversicherung wird gar nur von 11% zur Risikominderung benutzt, lediglich weitere 20% haben dies zumindest in Erwägung gezogen. 47% der KMU mit Auslandsverflechtung erachten sich gut auf Wechselkursrisiken vorbereitet. Am besten sehen sich die KMU gegenüber Risiken eines unzureichenden Beziehungsnetzes im Ausland gerüstet (76%), am schlechtesten gegenüber ausländischen Konjunkturrisiken (34%).

Nur 23% der KMU evaluieren volkswirtschaftliche Risiken systematisch
Nur wenn ein Unternehmen seine Risiken kennt und realistisch einschätzen kann, ist es in der Lage, geeignete Strategien dagegen zu ergreifen. Gemäss Umfrage evaluieren jedoch nur rund 23% der KMU volkswirtschaftliche Risiken systematisch; weitere 51% tun dies immerhin situativ. Grössere KMU beschäftigen sich häufiger und systematischer mit ihren Risiken als kleine. (Credit Suisse/mc/pg)

Anmerkungen zur Umfrage
In der neu konzipierten Umfrage beurteilten die KMU die Bedeutung (klein/gross) sowie die Einflussrichtung (positiv/negativ) von neun Erfolgsfaktoren heute und in Zukunft (mittelfristiger Horizont von drei bis fünf Jahren). Die Umfrage löst die bisherige Reihe «Megatrends – Chancen und Risiken für KMU» ab. Die untersuchten Erfolgsfaktoren sind: Infrastruktur, Ressourcen und Umwelt, regulatorische Rahmenbedingungen, wirtschaftliches Umfeld, Auslandsverflechtung, Werte und Gesellschaft, Forschungsumfeld, Mitarbeiter und Qualifikationen, Finanzierungsbedingungen.

Ferner wurden folgende zehn Risiken beurteilt: Anstieg Rohstoffpreise, Anstieg Energiepreise, schwierigerer Ressourcenzugang, globale Rezession, Intensivierung des Wettbewerbs, Verlust der Preisstabilität, politische Isolation der Schweiz, zunehmender Protektionismus, ungünstige Wechselkursentwicklung, mangelnde Verfügbarkeit von Fachkräften. Die KMU bewerteten zum einen deren Eintrittswahrscheinlichkeit, zum anderen das erwartete Schadensausmass im Eintrittsfall. Zudem gaben die Unternehmen für ausgewählte Risiken an, welche Massnahmen sie zur Risikominimierung bisher ergriffen oder in Erwägung gezogen haben.

Schreibe einen Kommentar