Roaming ist deutlich günstiger geworden
Zürich – Bei Sunrise hat sich der Preis seit letztem Jahr halbiert, bei Swisscom ist er um einen Viertel günstiger geworden: Die Kosten für Telefonie und Internet im Ausland sind deutlich gesunken, wie eine Erhebung des Internet-Vergleichsdienstes comparis.ch zeigt. Trotzdem bleibt die Schweiz in Sachen Roaming-Gebühren eine Hochpreisinsel.
Zwei der drei grossen Telecom-Unternehmen der Schweiz haben ihre Roaming-Preise gesenkt, und zwar deutlich. Die erfreuliche Botschaft gilt für die Tarife, die beim Telefonieren und Surfen im europäischen Ausland anfallen. Einen Viertel weniger berechnet die Swisscom: Ein definierter Warenkorb von Gesprächsminuten und Datentransfer hatte vor einem Jahr 104 Franken gekostet; jetzt sind es noch 78 Franken. Bei Sunrise haben sich die Kosten von 126 Franken auf 60 Franken sogar halbiert. Orange verharrt auf 71 Franken; vor einem Jahr war Orange noch die günstigste der drei Grossen. Diese Beobachtungen gehen aus einer Erhebung der Roaming-Tarife hervor, die der Internet-Vergleichsdienst comparis.ch zum zehnten Mal durchgeführt hat.
Günstige Tarife nur auf Bestellung
Doch profitieren nicht alle Kunden automatisch von den Reduktionen. Sie müssen dazu vor der Handynutzung im Ausland eine sogenannte Option lösen. Bei einer Option bezahlt der Kunde in der Regel eine Grundgebühr und erhält dafür günstigere Roaming-Tarife für Telefon oder Internet fernab der Schweiz. Allerdings verfolgen Sunrise und Orange weiterhin eine undurchsichtige Strategie mit ihren Optionen. «Wer sich nicht vorgängig informiert und handelt, wird gnadenlos abgezockt», sagt Ralf Beyeler, Telecom-Experte von comparis.ch. Ein Beispiel: Die allermeisten Sunrise-Kunden zahlen für den von comparis.ch definierten Warenkorb ohne Option 378 Franken; mit Option kostet es bloss 60 Franken. Der Mehrpreis beträgt nicht weniger als 530 Prozent.
Kompolizierte Tarifpläne
Bei Grenzübertritt weisen Sunrise und Orange ihre Kunden per SMS lediglich auf die für das jeweilige Land geltenden Roaming-Tarife hin. Diese Information ist rechtlich vorgeschrieben. Von Hinweisen auf günstigere Optionen fehlt meistens jede Spur. Bei Orange kommt hinzu, dass es inzwischen einen Wildwuchs von 12 Optionen gibt. Das Resultat: Die Kunden wissen ohne gründliches Studium des Tarifplans gar nicht, dass eine Option für sie in Frage kommen könnte und, falls ja, welche Option für sie am besten ist. «Sunrise und Orange profitieren davon, dass die Kunden nur ungern Zeit für komplexe Tarifpläne aufbringen», sagt Ralf Beyeler.
Für die Swisscom gilt dies weniger. Die Differenzen zwischen den Preisen mit und den Preisen ohne Option sind geringer. Zudem hat die grösste Mobilfunk-Betreiberin im Unterschied zu ihren Konkurrentinnen auch ihre Standard-Tarife gesenkt, die fürs Telefonieren und Surfen ohne zusätzliche Optionen berechnet werden. Wer keine Option löst, zahlt bei Swisscom in der Regel weniger als die Hälfte im Vergleich zu Sunrise und Orange.
Datenpakete prüfen
Auch ein näherer Blick auf die unterschiedlichen Datenpakete lohnt sich. Denn Smartphones sind praktische Begleiter im Alltag im Heimatland; wer aber das mobile Internet auch in den Ferien nutzt, riskiert, von einer horrenden Telefonrechnung erschlagen zu werden. Vor allem Dienstleistungen wie Fernsehen, Radio oder auch Strassenkarten erfordern hohe Datenmengen und lassen die Ausgaben in die Höhe schnellen. Eine Alternative zum mobilen Internet via Handynetz sind kostenlose Wireless-Netze beispielsweise in der Hotelanlage.
Wer aber auch am Strand, das heisst ausserhalb der Reichweite von Gratis-WLAN, im Internet surfen will, für den gibt es preislich attraktive Alternativen. Das gilt besonders für Swisscom-Kunden. Mit dem Wochenpaket «Data Travel» können sie innerhalb Europas für 24 Franken während einer Woche insgesamt 50 MB übertragen. Diese Datenmenge sollte ausreichen, sofern man bloss selten Videos schaut oder Radio hört. Für gelegentliches Surfen ist auch die «Roaming»-Option von Sunrise interessant: Sie verlangt 1 Franken pro MB. Wer weniger als 24 MB in einer Woche überträgt, bezahlt bei Sunrise also weniger als bei Swisscom.
Wesentlich teurer ist Orange. Mit «Travel Data Daily 2MB» fallen 2 Franken pro MB an, wobei man pro Tag mindestens den Preis für 2 MB bezahlen muss, selbst wenn man weniger Daten übertragen hat. Orange bietet zwar eine ganze Palette von Optionen für den Datentransfer an; davon profitieren die Kunden allerdings kaum, da sie im Voraus nur schwer abschätzen können, wie viele Daten sie in ihren Ferien übertragen werden. Am günstigsten dürfte es sein, an der Feriendestination eine lokale Prepaid-SIM-Karte zu kaufen und diese in sein Smartphone einzusetzen. In vielen Ländern gibt es bereits für rund 10 Euro vernünftige Datenpakete zu kaufen.
Schweizer zahlen zu viel
Trotz den eingangs erwähnten Preisreduktionen bilden die Schweizer Telecom-Anbieter mit ihren Roaming-Tarifen weiterhin eine Hochpreisinsel. Das Datenpaket, das Swisscom für 24 Franken verkauft, wird von einigen Anbietern in der EU für lediglich 6 Franken angeboten. Zwar gibt es innerhalb der EU regulierte Tarife, die für Schweizer Anbieter nicht gelten. Dennoch gibt es keinen vernünftigen Grund, dass Swisscom, Sunrise und Orange so horrende Tarife verrechnen. «Zu hoffen bleibt, dass das Parlament den im letzten Herbst eingeschlagenen Weg weiter verfolgt und mit dem Roaming im Sinne der Konsumenten endlich handelt», sagt Ralf Beyeler.
Spartipps
- Handy in den Ferien ausschalten
- im Ausland kosten auch eingehende Anrufe
- Combox ausschalten – auf die Sprachmailbox umgeleitete Anrufe kosten drei Mal: Ein erstes Mal für die Verbindung über das fremde Telefonnetz, ein zweites Mal für die Umleitung auf die Combox und ein drittes Mal fürs Abhören der Mailbox im Ausland
- SMS schreiben statt telefonieren
- Öffentliche Telefone benutzen
- Sich aus der Schweiz im Hotelzimmer anrufen lassen
- Ausländische Prepaid-SIM-Karte kaufen (lohnt sich für Vielnutzer)
- Mit Optionen günstiger aus dem Ausland telefonieren
- Nicht mit dem Handy surfen und wenn doch, dann nur mit Option (Sunrise, Orange) oder über WLAN.
(comparis.ch/mc)