Intelligente Innovationspolitik setzt auf Wettbewerb, Bildung und Vernetzung

Intelligente Innovationspolitik setzt auf Wettbewerb, Bildung und Vernetzung
Rudolf Minsch, Chefökonom Economiesuisse.

Rudolf Minsch, Chefökonom von economiesuisse.

Zürich – Innovation ist der wichtigste Rohstoff der Schweiz – und doch ist weitgehend unklar, wie er gefördert werden kann. Eine aktuelle Umfrage von economiesuisse zeigt, dass Wettbewerb, die Verfügbarkeit von Fachkräften sowie starke Hochschulen von den Unternehmen als wichtigste externe Faktoren für eine hohe Innovationsleistung angesehen werden. Im heute präsentierten Positionspapier legt der Wirtschaftsdachverband dar, was das für die Politik bedeutet. Nicht alles, was als «Innovationsförderung» bezeichnet wird, dient der Innovation.

In den vergangenen Wochen hat economiesuisse unter allen wichtigen Branchen der Schweizer Wirtschaft eine Expertenumfrage zum Thema Innovation durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass diese überlebenswichtig ist – nicht nur im Industrie-, sondern vermehrt auch im Dienstleistungssektor. Ausgeprägtes eigenes Know-how sehen 24 Prozent der Firmen als Schlüsselfaktor für die Entwicklung und erfolgreiche Umsetzung von neuen Ideen. Daneben spielen zwei Voraussetzungen eine besonders wichtige Rolle: eine unternehmerische Grundhaltung und eine Innovationstradition in der Firma. Dieser Befund widerspricht der landläufigen Meinung, dass in der Schweiz vor allem junge Start-ups die grössten Innovationsleistungen erbringen.

Haupthindernisse
Auch die Haupthindernisse für Innovation in Unternehmen wurden identifiziert: 21 Prozent der befragten Experten nannten hier fehlende finanzielle Mittel, gefolgt von mangelndem Unternehmergeist (17 Prozent). Dennoch sind die ausgewählten Branchenvertreter zuversichtlich, was die zukünftigen innovativen Leistungen in der Schweiz anbelangt. Rudolf Minsch, Chefökonom von economiesuisse, erklärte heute anlässlich der Präsentation der Ergebnisse: «Insbesondere die Informationstechnologie wirkt weiterhin als Innovationstreiber für viele Branchen und wird neue Dienstleistungen und Produkte, Prozesse oder Vermarktungsformen ermöglichen. Darüber hinaus werden auch der Bio-, Mikro- und Nano-, Molekular- und Gentechnologie in der Schweiz grosse Innovationspotenziale attestiert.»

Innovation und Produktion gehören zusammen
Der Begriff Innovation wird in der Politik geradezu inflationär verwendet – es gibt kaum eine Partei, die sich nicht deren Förderung auf die Fahnen geschrieben hat. Ulrich Jakob Looser, Präsident der Kommission Bildung und Forschung von economiesuisse, stellte klar: «Es ist gerade eine Stärke der Schweiz, dass nicht der Staat, sondern die Privatwirtschaft über 73 Prozent aller Aufwendungen im Bereich Forschung/Entwicklung (F&E) erbringt.» Was also kann die Politik in diesem Zusammenhang überhaupt leisten? Antworten gibt die ebenfalls heute publizierte economiesuisse-Studie «Innovationspolitik in der Schweiz: Erfolgsfaktoren und populäre Irrtümer». Sie analysiert acht Möglichkeiten der Innovationsförderung, wovon vier als tauglich erachtet werden. Dazu gehört die stetige Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Schweiz – insbesondere, um auch die Produktionsbetriebe im Land halten zu können. Dass F&E und Produktion untrennbar zusammengehören, betonte auch Christoph Tobler, CEO des Präzisionsgewebeherstellers Sefar Holding AG: «Innovation geschieht bei Sefar an jedem Arbeitsplatz. Eine Serie von kleinen Verbesserungen bringt uns laufend weiter und garantiert uns den Vorsprung vor der ausländischen Konkurrenz.» Solche Erfolge seien aber nur möglich, wenn man über sehr gute Praktiker verfüge, wie sie das duale Bildungssystem der Schweiz hervorbringe. Eine Verakademisierung der Ausbildungswege – so eine weitere Erkenntnis der economiesuisse- Studie – wäre demnach Gift für die Innovationsleistung in der Schweiz.

Starke Hochschulen sind Anziehungspunkte für Innovation
Dennoch muss die Schweiz auch ihre Hochschulen weiter stärken, um ihren internationalen Spitzenplatz punkto Innovation verteidigen zu können. Insbesondere für die mathematischen und naturwissenschaftlichen Fächer ist ein finanzieller Effort nötig. Denn Institutionen wie die ETH Zürich bilden nicht nur innovative Leute aus, sie sind auch ein Anziehungspunkt und willkommener Partner für innovative Unternehmen aus der ganzen Welt. Beispielsweise IBM: Im Mai 2011 hat der Technologiekonzern in Rüschlikon zusammen mit der ETH ein neues Forschungszentrum für Nanotechnologie eröffnet, an dem sich auch die EMPA beteiligt. Alain Gut, Director Public Sector von IBM Schweiz, sieht darin ein erfolgreiches Konzept für die Zukunft: «Das neue Zentrum bietet eine Forschungsumgebung auf dem neusten Stand der Technik und ist Anziehungspunkt für einige der besten Wissenschaftler weltweit. Innovation ist garantiert!»

Während die Politik auf diesen Gebieten aktive Unterstützung leisten kann, sollte sie gemäss der economiesuisse-Studie von anderen Rezepten besser die Finger lassen. Abschreckende Beispiele aus dem Ausland zeigen beispielsweise, dass die massive Subventionierung einer als zukunftsträchtig eingeschätzten Branche nicht zu mehr Innovation, wohl aber zu hohen Kosten für die Allgemeinheit führt. Ebenso ist es wenig sinnvoll, Innovationsförderung mit staatlicher Konjunkturförderung zu vermengen. Innovationen lassen sich nicht einfach verordnen. Eine erfolgreiche Innovationspolitik schafft unternehmerische Freiräume, sorgt für ein gutes Bildungssystem und fördert die internationale Vernetzung. Gute Ideen gedeihen vor allem dort, wo auch ein Scheitern erlaubt ist. (economisuisse/mc/ps)

Schreibe einen Kommentar