Nationalrat sagt Ja zu Steuerabkommen
EFD-Vorsteherin Eveline Widmer-Schlumpf.
Bern – Das Schweizer Parlament hat die Steuerabkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich gutgeheissen. Nach dem Ständerat sagte am Mittwoch der Nationalrat Ja zur Abgeltungssteuer. Nun müssen noch die Parlamente der betroffenen Länder entscheiden. Die Abkommen sind auch in der Schweiz umstritten: Die beiden grössten Fraktionen – jene der SVP und jene der SP – stellten sich dagegen. Da die SP-Fraktion gespalten war, reichte dies jedoch nicht für ein Nein.
Das Abkommen mit Deutschland passierte im Nationalrat mit 108 zu 81 Stimmen bei 2 Enthaltungen, jenes mit Grossbritannien mit 109 zu 81 bei 1 Enthaltung und jenes mit Österreich mit 138 zu 51 bei 2 Enthaltungen.
Pragmatische Lösung
Kernstück ist die Abgeltungssteuer. Diese soll gewährleisten, dass andere Staaten die ihnen zustehenden Steuergelder erhalten, ohne dass die Schweiz das Bankgeheimnis aufgeben muss. Die Banken ziehen ausländischen Kunden einen pauschalen Steuerbetrag von nicht deklarierten Vermögen und künftigen Kapitalerträgen ab. Die Schweiz überweist das Geld dann an die Behörden im Ausland, ohne die Steuersünder zu verraten.
Die Mehrheit im Nationalrat sah darin eine pragmatische Lösung für das Schwarzgeldproblem. «Der Unmut ist zwar gross, aber die Vernunft obsiegt», resümierte Lucrezia Meier-Schatz (CVP/SG). Die Banken bräuchten eine akzeptable Lösung für die Vergangenheit und für die nahe Zukunft.
Ausländsiche Parlamente müssen noch zustimmen
Noch sind die Steuerabkommen nicht im Trockenen: Neben einem möglichen Referendum in der Schweiz könnten auch die Parlamente in Deutschland, Grossbritannien und Österreich die Abkommen noch zu Fall bringen.
Während in Wien und London eine Zustimmung als relativ sicher gilt, steht das Steuerabkommen in Berlin auf der Kippe. Bei einer ersten Debatte über das Steuerabkommen im April gab es im deutschen Bundestag harte Fronten: Regierungskoalition und Opposition sind völlig uneins über die ausgehandelten Regelungen.
Erneuter Anlauf Schäubles
Im Bundestag ist der christlich-liberalen Regierung zwar noch eine Mehrheit sicher. Im Bundesrat (Länderkammer), der ebenfalls zustimmen muss, hat die Regierung jedoch keine Mehrheit. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte angekündigt, am (morgigen) Donnerstag bei einem Treffen mit seinen Länderkollegen in Halle im Bundesland Sachsen-Anhalt erneut über das Abkommen zu diskutieren.
Wann die Beratungen im Parlament genau stattfinden, ist noch unklar, wie eine Sprecherin des Bundestags sagte. Weil Deutschland, Grossbritannien und Österreich im Gegensatz zur Schweiz keine Referendumsmöglichkeit kennen, bleibt ihnen noch mehr Zeit. (awp/mc/ps)