Euro auf dem tiefsten Stand seit 2010
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Frankfurt am Main – Die Unsicherheit um die Zukunft Griechenlands hat den Eurokurs auf den tiefsten Stand seit August 2010 gedrückt. Hauptbelastungsfaktor für den Euro sind laut Devisenexperten die am 17. Juni in Griechenland anstehenden Wahlen. Die Folgen eines möglichen Austritts Griechenlands aus der Eurozone sorgen für grosse Verunsicherung an den Märkten. Während die Folgen für Griechenland dramatisch wären, sind die Folgen für die Eurozone als Ganzes kaum abzusehen. Experten sehen daher zunächst weiteres Abwärtspotenzial für den Euro. Der Eurokurs sank am Mittwoch zeitweise bis auf 1,2615 US-Dollar. Am 28. Februar hatte er noch ein Jahreshoch bei 1,3479 Dollar erreicht.
Ein wichtiger Auslöser für die jüngsten Kursverluste waren Aussagen des bisherigen griechischen Premierministers Lucas Papademos vom Dienstag. Demnach muss sich Griechenland an seine Verpflichtungen halten, ansonsten sei ein Austritt aus dem Euro unvermeidlich. Es würden mittlerweile sogar Vorbereitungen zur Eindämmung der Konsequenzen eines Austritts getroffen, hatte Papademos gesagt. Nach diesen Aussagen geriet der Euro erneut unter Druck. Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank, ist angesichts der Marktreaktionen verwundert: «Es ist zwingend erforderlich, Notfallpläne parat zu haben. Würde die griechische Regierung solche Pläne nicht haben, müsste man ihr angesichts der aktuellen politischen Situation massivste Kritik entgegen bringen.» Laut Presseberichten haben auch die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bundesbank Krisenstäbe eingerichtet.
Euro bleibt bis Griechenlandwahl unter Druck
«Bis zu den Wahlen am 17. Juni in Griechenland wird der Euro unter Druck bleiben», sagt Hellmeyer. Bis dahin bleibe unklar, wie es mit Griechenland und der Eurozone weiter gehe. Besonders wichtig sei jetzt die Marke von 1,26 US-Dollar. Sollte der Euro diese Marke unterschreiten, könnte er bis auf 1,24 Dollar fallen. Hellmeyer geht davon aus, dass Griechenland in der Eurozone bleiben wird.
Auch Spanien im Fokus
Es ist aber keineswegs nur Griechenland, das den Euro belastet. Auch die kritische Lage in Spanien steht im Fokus der Märkte. Neben der Haushaltslage sorgt vor allem der Bankensektor für Verunsicherung. Die Spar- und Reformanstrengungen in Spanien und in Italien werden von den Märkten nicht honoriert. Im Gegenteil: Da die Massnahmen die Konjunktur zunächst belasten, sorgen schwache Konjunkturdaten für weitere Verunsicherung und belasten den Euro. So hat am Mittwochmorgen die trübe Stimmung der italienischen Verbraucher den Euro zusätzlich unter Druck gesetzt. Der entsprechende Index war im Mai auf den niedrigsten Stand seit 1996 gefallen.
Deutscher Anleihemarkt stabilisiert Euro
Der Eurokurs hatte sich in der Krise lange recht stabil gehalten. Auch auf dem derzeitigen Niveau notiert der Euro zum Dollar keineswegs schwach. Die meisten Ökonomen sehen den Euro bei einem Niveau von 1,10 bis 1,20 US-Dollar als fair bewertet an. Gestützt wird der Euro derzeit durch die hohe Attraktivität der als sicher geltenden deutschen Staatsanleihen. Deutschland kann sich dank der starken Nachfrage im kurzlaufenden Bereich fast zum Nulltarif refinanzieren. «Die Schweizer Notenbank und asiatische Notenbanken sind auf der Käuferseite, da für die Notenbanken die Rendite kaum eine Rolle spielt», sagt Peter Merk, Chefvolkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). «Zudem spekulieren offenbar viele US-Spekulanten auf ein Auseinanderbrechen der Eurozone», so Merk weiter. Durch die Zuflüsse in den deutschen Anleihemarkt wurden zuletzt auch Euro-Abflüsse aus dem Währungsraum, insbesondere aus den Krisenländern, zumindest teilweise ausgeglichen.
Keine Trendwende zu erwarten
Eine Trendwende für den Euro durch die Politik in der Eurozone ist zunächst nicht zu erwarten. Und in Griechenland kann wohl nur das Wahlergebnis abgewartet werden. Auch der am Mittwochabend anstehende EU-Sondergipfel dürfte keine grossen Impulse liefern. «Die eigentlichen Ergebnisse dürften eher mau ausfallen und kaum für mehr Risikoappetit an den Märkten sorgen», meint Lutz Karpowitz, Devisenexperte von der Commerzbank. Dass die Regierungschefs wirklich neue Vorschläge zur Wachstumsförderung vorlegen, sei unwahrscheinlich. Vielmehr dürften bereits bekannte Pläne der EU-Kommission wiederbelebt werden. «Die deutsche Regierung muss zulassen, dass mehr für das Wachstum getan wird», fordert unterdessen Experte Hellmeyer. «Nur auf Strukturreformen zu setzen, reicht nicht. Ohne Wachstumsmassnahmen wird die konjunkturelle und gesellschaftliche Stabilität gefährdet.» Dies zeige der Fall Griechenland.
Schwacher Euro könnte europäischer Konjunktur helfen
Realwirtschaftlich könnten die jüngsten Euro-Verluste jedoch zumindest einen kleinen Beitrag zur Entspannung der Schuldenkrise liefern. So hatten sich zuletzt die Exporte aus Krisenländern positiv entwickelt. «Die Konkurrenzfähigkeit könnte durch einen schwächeren Euro zusätzlich gestützt werden», sagt Hellmeyer. Dies gilt insbesondere für Irland, dass eine enge Verflechtung mit der US-Wirtschaft hat. Sollten auch gleichzeitig die Ölpreise weiter fallen, könnte so zumindest ein kleiner Konjunkturimpuls entstehen. (awp/mc/pg)