Aluindustrie kämpft mit negativer Währungssituation
Zürich – 2011 erzielte die Schweizer Aluminiumindustrie eine Steigerung der Gesamtproduktion um 7,6 % gegenüber dem Vorjahr. Dies sei lediglich ein erfreulicher statistischer Rekord, wie der Branchenverband festhält. De facto blieb für die Unternehmen mit einem Exportanteil von rund 80 % unterm Strich 2011 durch die Eurokrise nur eine schwarze Null. Die Schweizer Produktionsstandorte sind zunehmend gefährdet. „Seit der Aluminium-Verband Schweiz eine Statistik über die Ergebnisse seiner Mitgliedsfirmen führt, konnte noch nie eine solch hohe Produktion wie in 2011 ausgewiesen werden“, erklärte Verbandsgeschäftsführer Marcel Menet an der heutigen Pressekonferenz in Zürich.
Die Gesamtproduktion der Schweizer Walz- und Presswerke inklusive der Exporte erhöhte sich gegenüber 2010 im vergangenen Jahr um 7,6 % auf 184’130 Tonnen. Der Aluminiumeinsatz im Inland zeigte einen Anstieg von 12 % auf 213’700 Tonnen – das entspricht 27,3 Kilogramm Aluminium pro Kopf in der Schweiz.
Starker Franken verursacht Margenverluste
In den einzelnen Werkstoffgruppen steigerten die Schweizer Leichtmetallgiesser 2011 ihre verarbeiteten Tonnagen um 2,1 % auf 20’830 Tonnen, der Leichtmetall-Sandguss erreichte ein Plus von 1,2 % auf 4’370 Tonnen, der Druckguss eine Steigerung von 3 % auf 13’730 Tonnen und der Kokillenguss musste eine leichte Reduktion von 1,1 % auf 2’730 Tonnen hinnehmen. Im Anschluss an diese erfreulichen Zahlen stellte jedoch Verbandspräsident Markus Tavernier ernüchternd fest: „Der schwache Eurokurs verursachte auch 2011 wieder Margenverluste in Millionenhöhe und vernichtete mögliche Gewinne.“ Das Resultat 2011 habe bei der Aluminium Laufen AG lediglich zur Finanzierung der Abschreibungen, der Dividende und der notwendigsten Investitionen ausgereicht, betonte Geschäftsführer Alex Kummer.
Exportsteigerungen in China und Nordamerika
Den grössten Zuwachs bescherte der Aluminiumindustrie 2011 die gute Konjunktur im Transportwesen. „Exportsteigerungen erzielten wir vor allem in den Zukunftsmärkten China und Nordamerika“, bestätigte René Gentinetta, Geschäftsführer der Novelis Switzerland AG, den Trend. Auch die DGS Druckguss Systeme AG konnte durch Innovation und Ultraleichtbau im Strukturguss aus Aluminium und Magnesium die Bauteilgewichte im Fahrzeug um bis zu 20 % reduzieren und damit ihre starke Position in diesem Segment dank Alleinstellungsmerkmalen ausbauen. „Wir erwirtschafteten ein Plus von 25 %“, sagte der Verwaltungsrat und Mit-Gesellschafter der DGS, Alfred Lichtensteiger.
Zuwächse mit neuen Produkten für Solaranlagen
„In Nischenmärkten wie dem Energiesektor konnten wir insbesondere mit neuen Produkten für Solaranlagen ebenfalls Zuwächse erzielen“, erklärte Roland Gloor, CEO der Alu Menziken Extrusion AG. Auch der Maschinenbau habe sich wieder leicht erholt. „Während sich die Nachfrage für die Oberflächenveredler im Bauwesen eher rückläufig verhielt, waren vor allem qualitativ hochstehende anodisierte Aluminiumoberflächen für den Einsatz im Flugzeugbau weiterhin stark gefragt“, bemerkte Dr. Ruedi Wunderlin, Verwaltungsratspräsident der BWB Holding AG.
Energieeffiziente Aluminiumfenster und -fassaden gefragt
Die Schweizer Hersteller von energieeffizienten Aluminiumfenstern und -fassaden erzielten 2011 wiederum Zuwachsraten. Zur Förderung des Dialogs über „Nachhaltiges Bauen“ wurde vor kurzem ein Blog ins Leben gerufen: Auf www.sustainblog.ch sind Architekten, Bauplaner, Entscheidungsträger aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sowie Journalisten, Studenten und Professoren, aber auch private Bauherren eingeladen, Beiträge zu verfassen und eine rege Diskussion miteinander zu führen.
Bei den Verpackungen verzeichnete die Schweizer Aluminiumindustrie 2011 einen stabilen Geschäftsverlauf. „Ein Wachstum konnten wir mit neuen ‚Single Serve Extraction Packs‘-Lösungen für die Nahrungsmittelindustrie erzielen“, erklärte dazu Jürgen Schwarz, Geschäftsführer der Amcor Flexibles Rorschach AG. Allerdings habe der Wettbewerbsdruck von Anbietern aus Europa aufgrund der für die Schweizer Exportfirmen ungünstigen Währungssituation auch im Verpackungsbereich stark zugenommen.
Vorbildhafte Recyclingbereitschaft
Aluminium kann beliebig oft und ohne Qualitätseinbussen wiederverwertet werden. „In diesem Zusammenhang kommt uns die vorbildhafte Recyclingbereitschaft der Schweizer Bevölkerung stark entgegen“, stellte Markus Tavernier erfreut fest, der neben seiner leitenden Funktion im Aluminium-Verband Schweiz auch der Geschäftsführer der IGORA-Genossenschaft in Zürich ist, die für das Sammeln und Recyceln von gebrauchten Aluminiumverpackungen in der Schweiz verantwortlich ist.
Besorgniserregende Aussichten
Die Festlegung des Euro-Wechselkurses auf die Untergrenze von 1.20 habe zwar die Planungssicherheit erhöht, aber nicht die Wettbewerbsfähigkeit, fasste Alex Kummer abschliessend die augenblickliche Situation der Schweizer Aluminiumindustrie zusammen. „Die Arbeitsplätze in der Schweiz sind massiv gefährdet“, urteilte Roland Gloor, dem sich die anwesenden Unternehmensvertreter der Schweizer Aluminiumindustrie anschlossen. Neuinvestitionen werden oft nur noch im Ausland getätigt und Produktionsverlagerungen haben bereits stattgefunden oder werden mit Sicherheit in naher Zukunft kommen. (alu.ch/mc/ps)