Immobilienmarkt 2012: Heimtückische Stabilität
Büroflächenmarkt: Die Ruhe vor dem Sturm?
Zürich – Der Schweizer Immobilienmarkt ist von den ausgeprägten Kapitalmarkt- und Konjunkturschwankungen der letzten Jahre praktisch unberührt geblieben. 2012 wird die stabile Entwicklung eine Fortsetzung erfahren, denn die Fundamentaldaten des Immobilienmarktes bleiben für das laufende Jahr weitgehend unverändert. Tiefe Zinsen und eine anhaltend hohe Zuwanderung prägen nach wie vor den Markt. Die gegenwärtige Konjunkturabschwächung fällt zu moderat aus, als dass sie den zur Überhitzung neigenden Markt für Wohneigentum abkühlen könnte.
Dieser zeigt verstärkt Anzeichen einer nachfragegetriebenen Überbewertung, eine spekulative Preisblase stellt die aktuelle Studie der Credit Suisse aber nicht fest. Gefahren orten die Ökonomen eher auf dem hart umkämpften Markt für Renditeliegenschaften.
Immobilienmarkt von Krisen der letzten Jahre unberührt geblieben
Von den weltweiten Krisen und konjunkturellen Rückschlägen der letzten Jahre, auch in der Schweiz, ist der Schweizer Immobilienmarkt praktisch unberührt geblieben. Die stabile Entwicklung hat den Schweizer Immobilienmarkt ins Visier von privaten und institutionellen Anlegern gerückt, so dass Anlagenotstand und Überhitzung die dominierenden Themen sind. Mittelfristig lassen die abnormal tiefen Zinsen, die schon heute zu Marktverzerrungen führen, Verwerfungen erwarten. Seit Jahren wird vor einer Blase gewarnt, und viele fürchten eine Wiederholung der Geschichte. Risiken sind auch heute vorhanden, doch sind sie anders gelagert als hierzulande in den Neunzigerjahren oder jüngst in den USA. Weder wird der Schweizer Immobilienmarkt massgeblich von Spekulation geprägt, noch kann ein übermässiges Wachstum des Hypothekarkreditvolumens festgestellt werden. Und weil die Bauwirtschaft an Kapazitätsgrenzen stösst, ist vorderhand auch kein Angebotsüberhang in Sicht. Eine potenzielle Gefahr bildet jedoch die zuletzt beobachtete hohe Stabilität des Schweizer Immobilienmarktes, weil sie die privaten und institutionellen Investoren in falscher Sicherheit wiegt. Die tiefen Zinsen sind heimtückisch. Sie verleiten die Investoren, Renditeliegenschaften zu hoch zu bewerten.
Run auf Eigentumswohnungen
Die zinsbedingten Kostenverzerrungen lassen auf dem Wohnungsmarkt immer deutlicher zwei Geschwindigkeiten erkennen: Hier ein beispielloser Run auf Eigentumswohnungen, der das Angebot verknappt und beängstigende Preisanstiege ausgelöst hat. Dort wachsende Absatzprobleme bei Mietwohnungen besonders im Neubau- sowie im Hochpreissegment, die nur von der anhaltend hohen Zuwanderung gemildert werden. Verschärfend wirkt, dass sich die Angebotsausweitung – getrieben vom erhöhten Interesse der institutionellen Anleger an Renditeobjekten – immer stärker auf Mietwohnungen fokussiert. Dieser Trend dürfte sich im laufenden Jahr fortsetzen, da die Fundamentaldaten keine Änderung erwarten lassen. Sowohl Angebotsquoten wie auch die Leerstände von Eigentumswohnungen werden weiter auf die tiefsten Werte seit Jahren sinken. Es ist daher mit anhaltenden Preisschüben im Eigentumssegment und spiegelbildlich mit steigenden Leerständen im Mietwohnungssegment zu rechnen.
Büroflächenmarkt: Die Ruhe vor dem Sturm?
Die Tiefzinssituation und die international betrachtet tiefen Leerstände haben auf dem Büroflächenmarkt eine Welle von Projekten ausgelöst, deren Volumen auf den ersten Blick beängstigende Ausmasse angenommen hat. Steigende Leerstände sind besonders in den Deutschschweizer Büroflächenmärkten zu erwarten. Im Zuge des anhaltenden Trends zu Standortkonzentrationen dürften einige Flächen frei werden, deren Wiedervermietung schwierig wird. Doch es gibt auch Lichtblicke. Die robuste Basisnachfrage nach Büroarbeitsplätzen in einer sich rasch wandelnden Arbeitswelt sowie die räumlich breite Verteilung der Projekte sprechen dafür, dass der Angebotsüberhang nicht überborden wird. Vor allem Bestandesobjekte mittleren Alters an nicht optimal an den öffentlichen Verkehr angebundenen Standorten dürften unter Druck geraten. Betroffen werden in erster Linie die Büroflächenmärkte Bern und Basel sowie Zürich-Nord sein, wohingegen die Westschweizer Büroflächenmärkte Vermietermärkte bleiben.
Grösse ist Trumpf im Verkaufsflächenmarkt
Obwohl die Detailhändler gewohnt optimistisch in die Zukunft blicken und ihre Verkaufsflächen mehrheitlich auszudehnen beabsichtigen, sprechen die Daten eine andere Sprache. Die übermässige Flächenexpansion kann als abgeschlossen betrachtet werden. Das wird auch von der geringen Zahl von bewilligten Grossprojekten bestätigt. Diese Konsolidierung hat zur Stabilität im Verkaufsflächenmarkt beigetragen, die sich in Form konstanter Leerstände und sinkender Angebotsquoten manifestiert. Einzig der sinkende Preistrend der Mieten passt hier nicht recht ins Bild. Eine vertiefte Analyse zeigt, dass der sinkende Trend weitgehend die kleinen Verkaufsflächen betrifft. Sie sind die Verlierer des Strukturwandels, denn Grösse ist nach wie vor Trumpf. Einer der Gründe für diesen Strukturwandel ist das Aufkommen von Fachmärkten, die sich an gut drei Dutzend Standorten in der Schweiz zu eigentlichen Fachmarktzentren entwickelt haben. In diesem Segment, das die Ökonomen der Credit Suisse erstmals schweizweit identifiziert und analysiert haben, ist weiterhin mit Wachstum zu rechnen. Ansonsten dürfte der Markt nachfrageseitig eher von Zurückhaltung geprägt sein, denn insbesondere im grenznahen Raum macht der gegenüber dem Vorjahr um rund 20 bis 30% erhöhte Einkaufstourismus dem Detailhandel zu schaffen. (CS/mc/ps)