Büromarktbericht 2012: Anlegerrennen um Betongold
Der Swiss Prime Tower in Zürich.
Zürich – Das instabile wirtschaftliche Umfeld hat die Nachfrage nach erstklassigen Anlageimmobilien in der ganzen Schweiz in die Höhe schnellen lassen. Das Angebot konnte nicht mithalten, was zu Bieterwettbewerben und sehr hohen Preisen führte. Anleger mussten und müssen deshalb tiefere Renditen in Kauf nehmen, was insbesondere für Pensionskassen zu einem Problem werden könnte. Die Quote an leerstehenden Büroflächen blieb 2011 konstant bei rund 4.2%. Für 2012 rechnet die Colliers International Zürich AG in ihrem Büromarktbericht mit einer Zunahme.
Die Turbulenzen der letzten Jahre – Subprimekrise, Finanzkrise, Rezession, Schuldenkrise von Staatshaushalten und Währungsschwankungen – konnten dem Schweizer Immobilienmarkt bisher wenig anhaben. Im Gegenteil: Das instabile wirtschaftliche Umfeld begünstigte 2011 die Nachfrage nach realen Sachwerten. Solange sich die Finanzmärkte labil verhalten und die Finanzierungskosten auf tiefem Niveau verharren, wird sich dieser Trend fortsetzen und die heute in Fachkreisen bereits Betongold genannten Immobilienanlagen werden noch stärker ins Visier der Investoren rücken.
Der hohe Nachfragedruck und die nahezu deckungsgleichen Strategien vieler Anleger wirkten 2011 stark preistreibend. Verkaufswilligen Eigentümern gelang es oft, die Interessenten in ein preismaximierendes Bieterverfahren zu zwingen. Für den Käufer bedeutete dies in den meisten Fällen eine tiefere Rendite als anvisiert. Die Recherchen von Colliers International Zürich AG für den Büromarktbericht 2012 zeigten, dass 2011 Nettorenditen von unter 4% bereits weit verbreitet waren. Einkäufe zu solch hohen Preisen senken die Rendite des Gesamtportfolios, die bei vielen Gesellschaften noch über 5% netto liegt.
Hohe Kaufpreise schmälern Renditen der Anlegerportfolios
Diese Situation ist problematisch für Anleger mit unveränderten Mindestverzinsungsansprüchen und einem hohen Anlagedruck. Dazu gehören klassischerweise die Pensionskassen, die ca. 20% ihres Anlagevermögens in Immobilien halten. Die durch höhere Preise bedingte geringere Rendite des Gesamtportfolios kann sich mittel- und langfristig auch auf die Renten auswirken. Erschwerend kommt hinzu, dass Alternativen zu den stabilen Immobilienanlagen weitgehend fehlen und Staatsanleihen sowie der Geldmarkt ebenfalls keine Lösung darstellen.
Der Investitionsfokus lag 2011 auf Büroliegenschaften an gut erschlossenen Standorten mit Nutzern, die eine zweifelsfreie Bonität aufweisen und mit langfristigen Mietverträgen angebunden sind, sowie auf Wohnüberbauungen in urbanen Gegenden. Solche Angebote waren auf dem Markt allerdings Mangelware. Häufiger angeboten wurden dagegen Fachmärkte, Liegenschaften an peripheren Lagen, Objekte mit hohen Leerständen oder im Baurecht. Doch solche Anlagen sind nicht konform mit den Strategien der allermeisten Schweizer Anleger.
Angebotsquote schweizweit vorerst noch stabil bei 4.2%
Seit Herbst 2011 verläuft die Nachfrage nach Büromietflächen schleppend. Potenzielle Nutzer reagieren sensibel auf die makroökonomischen Ereignisse und verhalten sich abwartend. Da sich die Mietinteressenten in der stärkeren Position befinden, kommen die Eigentümer meist nicht um Zugeständnisse in Form von mietfreien Zeiten oder einer Beteiligung an den Ausbaukosten herum.
Auf das Marktangebot wirkte sich diese Situation noch nicht aus: Die Angebotsquote lag Ende 2011 gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert bei 4.2%. Dies entsprach einer verfügbaren Fläche von rund 1.6 Mio. m2. Der durchschnittliche Mietpreis stieg leicht an auf netto CHF 249
pro m2 und Jahr (Vorjahr: CHF 234). Die Spitzenmieten wurden wie in den Vorjahren in der Genfer City mit rund CHF 1‘000 pro m2 und Jahr netto registriert sowie in der Zürcher Innenstadt mit CHF 840. Im Quervergleich zeigt sich, dass die durchschnittliche Büromiete in der Agglomeration Genf mit CHF 432 höher ist als die Topmieten in Basel und Bern, welche jeweils unter CHF 400 liegen.
Im laufenden Jahr erwartet Colliers International Zürich eine leichte Zunahme des Büroflächenleerstandes und eine weiter gestärkte Verhandlungsposition der Mieter. Positiv wird sich auswirken, dass die Schweiz im internationalen Vergleich weiterhin eine sehr hohe Stabilität und Standortqualität aufweist.
Zürich: Exodus aus der City geht weiter
Nachdem bereits 2011 verschiedene grosse Unternehmen aus der City nach Zürich-West oder Zürich-Nord gezogen waren, wird ab Mitte 2012 die Pädagogische Hochschule weitere Lücken öffnen. Sie bezieht auf diesen Zeitpunkt hin ihren neuen Campus am Zürcher Hauptbahnhof und lässt an 19 städtischen Standorten insgesamt 40’000 m2 Fläche für Schulräume, Büros und Wohnungen zurück. Ob der Markt den im Rahmen des Exodus aus der City entstehenden Leerstand absorbieren wird, ist noch offen. Erste Bewegungen zeigen, dass Dienstleistungsunternehmen wie Ärzte, Werbeagenturen, PR-Büros, kleinere Beratungsfirmen oder Anwaltskanzleien die entstandenen Lücken füllen.
Bern: Neues Dienstleistungszentrum im Wankdorf City
In Bern bahnt sich ein ähnlicher Exodus aus der Innenstadt an wie in Zürich. An der Peripherie der Bundeshauptstadt entsteht zurzeit mit Wankdorf City ein grosses Dienstleistungszentrum. Die SBB werden dort 2014 mit 1700 Angestellten zwei neue Gebäude beziehen. Im selben Jahr wird auch die Post ihren Konzernsitz mit 1700 Mitarbeitenden nach Wankdorf City verlegen. Ein weiteres Dienstleistungsgebäude wird Flächen für ca. 1000 Arbeitsplätze bieten, die unter anderem der Baukonzern Losinger Marazzi nutzen wird. Zudem werden auch die Swisscom und verschiedene weitere Behördenstellen neue Gebäude ausserhalb der Innenstadt beziehen. (Colliers/mc/pg)