Deutsche Bank: Schuldenkrise und Sonderfaktoren belasten
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann.
Frankfurt am Main – Die Schuldenkrise in Europa hat Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann seine letzte Jahresbilanz verdorben. Abschreibungen auf Griechenland-Anleihen und ein schwaches Kapitalmarktgeschäft konnten durch bessere Zahlen bei Privatkunden nur zum Teil ausgeglichen werden. Seine Nachfolger stimmte der 63-Jährige am Donnerstag auf weiterhin widrige Zeiten ein.
Bis zu einer dauerhaften Lösung der Schuldenkrise werde «das politische und ökonomische Umfeld volatil und schwierig bleiben», sagte Ackermann in Frankfurt. Der Jahresstart 2012 war vergleichsweise schwach: «Der Januar war klar unter dem Vorjahr.» Ackermann betonte jedoch: «Die Deutsche Bank steht gut da. Sie ist für die Zukunft gut gerüstet. Und sie wird eine gute Zukunft haben.» Ackermann wird mit Ablauf der Hauptversammlung Ende Mai von seinen Vorstandskollegen Anshu Jain und Jürgen Fitschen abgelöst.
Rote Zahlen im vierten Quartal
Im vierten Quartal rutschte das Institut vor Steuern mit 351 Millionen Euro in die roten Zahlen. Im Schlussquartal 2010 hatte die Deutsche Bank vor Steuern noch 707 Millionen Euro verdient. Nur dank einer Steuergutschrift stand im vierten Quartal 2011 unter dem Strich noch ein Gewinn von 147 Millionen Euro (Vorjahr: 601 Mio Euro). Für das Gesamtjahr wies die Bank zwar einen deutlichen Zuwachs des Überschusses auf 4,1 (2,3) Milliarden Euro aus. Allerdings war das Vorjahresergebnis durch Kosten für die Integration der Postbank und den Umbau des Investmentbankings stark belastet. Der Vorsteuergewinn stieg auf rund 5,4 (4,0) Milliarden Euro.
Weit vom Rekordziel entfernt
Das Rekordziel von zehn Milliarden Euro Vorsteuergewinn für 2011 hatte die Bank wegen der turbulenten Märkte im Oktober kassiert. Ackermann betonte jedoch: «Ich habe überhaupt kein Problem damit zu sagen, dass diese 10 Milliarden Euro plus das Ertragspotenzial der Deutschen Bank darstellen so wie sie heute dasteht.» Das Institut liege «voll im Plan» 2012 die Effizienz weiter zu steigern. Der Konzern rechnet 2012 mit niedrigeren Kosten im Umfang von mehr als einer Milliarde Euro. Für das abgelaufene Jahr bezifferte die Bank die Kostenersparnis auf gut 600 Millionen Euro netto.
Gewinneinbruch im Investmentbanking
In der zweiten Jahreshälfte 2012 gab es im lange so erfolgreichen Investmentbanking – wie bei Konkurrenten auch – herbe Rückschläge. Ausgerechnet in der Sparte von Ackermann-Nachfolger Jain brach der Vorsteuergewinn im Gesamtjahr um mehr als 40 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro ein. In dem Bereich sollen bis März 500 Stellen abgebaut werden, weitere Stellenstreichungen hält sich das Unternehmen offen. Jain stellte klar: «Wir erwarten keine dramatischen Einschnitte.»
Bank bekennt sich zum Investmentbanking
Ackermann erklärte die Schwäche im Investmentbanking allein mit dem Marktumfeld. Das Geschäft mit Anleihen und Aktien brach ein, Börsengänge wurden verschoben, Firmenübernahmen abgesagt. Das Institut schlägt sich zudem vor allem in den USA mit Altlasten herum: Kläger werfen ihr angeblich unlautere Geschäftspraktiken vor der Finanzkrise vor. Für Rechtsrisiken legte die Bank 700 Millionen Euro zurück. Ackermann kündigte für die nächste Zeit einige Vergleiche an. Die Bank bekenne sich im Gegensatz zu einigen Konkurrenten trotz der Rückschläge «weiter voll zum Investmentbanking», betonte Ackermann: «Wir sind sicher, dass wir – nach erfolgter Marktkonsolidierung – auch in Zukunft viel Freude daran haben werden.»
Engagement an Europas Peripherie weiter verringert
Ihre Anlagen in Anleihen kriselnder Eurostaaten fuhr die Bank weiter zurück. In den drei Monaten bis Ende Dezember wurde das Engagement in Papiere von Griechenland, Italien, Irland, Portugal und Spanien um rund 700 Millionen Euro auf 3,67 Milliarden Euro verringert. Ende 2010 hatte die Bank noch etwas mehr als 12 Milliarden Euro in Anleihen der Krisenstaaten investiert. Griechische Staatsanleihen wertete das Institut 2011 insgesamt um 500 Millionen Euro ab, davon 144 Millionen Euro im vierten Quartal.
Privatkunden als Stütze
Das Privatkundengeschäft sowie die Vermögensverwaltung erwiesen sich indes 2011 als die erhofften Stützen. Die Sparte erzielte einen Rekordgewinn von 2,5 (knapp 1,0) Milliarden Euro vor Steuern. Die milliardenschweren Zukäufe von Postbank und Sal. Oppenheim zahlten sich hier aus. «Wir haben uns von riskanten Geschäftsaktivitäten verabschiedet und durch den massiven Ausbau des klassischen Bankgeschäfts unsere zweite Ertragssäule erheblich gestärkt», bilanzierte Ackermann.
Dickere Kapitaldecke
Insgesamt sei die Kapitaldecke deutlich dicker geworden: Mit 9,5 Prozent Kernkapitalquote habe die Bank bereits Ende 2011 die erst ab 2013 geltenden schärferen Vorgaben der Aufseher erfüllt. Die Deutsche Bank habe stets uneingeschränkten Zugang zu den Finanzierungsmärkten gehabt, betonte Ackermann. Das Institut verfüge über fast 220 Millionen Euro Liquiditätspuffer. Eine Kapitalerhöhung schloss Ackermann aus. Stattdessen setzt die Bank auf Verkäufe von Randgeschäften. Zur Disposition stehen etwa Teile des Vermögensverwaltung.
Firmenbeteiligungen belasten
Als erhebliche Belastungen erwiesen sich erneut die Firmenbeteiligungen des Instituts. Im Gesamtjahr musste die Bank dafür 1,1 Milliarden Euro Verlust verbuchen. So schrieb die Deutsche Bank auf den Arzneimittelhersteller Actavis 407 Millionen Euro ab. Zudem belastete die Beteiligung an einem Kasino in Las Vegas das Ergebnis mit 135 Millionen Euro. Die zum Verkauf stehende Frankfurter Privatbank BHF drückte den Gewinn um 97 Millionen Euro. (awp/mc/upd/ps)