Cameron: Deutsch-französische Pläne «Wahnsinn»
Grossbritanniens Premierminister David Cameron in Davos. (© swiss-image.ch)
Davos – Der britische Premierminister David Cameron will den deutsch-französischen Plan einer EU-weiten Steuer auf Finanztransaktion weiter blockieren. «Wenn man die jetzt in Betracht zieht, dann ist das einfach Wahnsinn. Das sollte man nicht weiter verfolgen», sagte Cameron am Donnerstag auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Er verwies auf die britische Lösung einer Bankgebühr und einer Stempelsteuer auf Aktiengeschäfte: «Das sind Massnahmen, die andere Länder auch einführen sollten.»
Eine Finanztransaktionssteuer könne die EU bis zu 200 Milliarden Euro Wirtschaftsleistung und bis zu 500.000 Arbeitsplätze kosten, warnte Cameron und verwies auf Berechnungen der EU-Kommission. Cameron griff auch das von Deutschland geführte Euro-Krisenmanagement an. Man dürfe sich in der Eurokrise «nicht von Versagensangst leiten lassen», Europa müsse Führungsqualitäten zeigen. «Da und dort rumzubasteln reicht nicht mehr. Wir müssen kühn und mutig sein und nicht ängstlich und zögerlich.»
«Ungewissheit in Griechenland muss endlich aufhören»
Er erkenne an, dass viele Euro-Länder schmerzvolle Schritte bei der Haushaltssanierung machten. Auch der Aufbau einer Brandmauer gegen die Krise sei wichtig. «Ich unterschätze nicht den Mut, soweit zu kommen», sagte der Premier. Doch noch immer sei es dringend nötig, kurzfristige Massnahmen zu ergreifen: «Die Ungewissheit in Griechenland muss endlich aufhören. Und, wie der IWF sagte: Die Brandmauer muss hoch genug sein, um Angriffe auch abzuwehren.» Die IWF-Chefin Christine Lagarde hatte gefordert, den künftigen Rettungsschirm kräftig aufzustocken. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt das ab.
Europas «wirtschaftliche Achillesferse»
Als Europas «wirtschaftliche Achillesferse» nannte Cameron mangelnde Wettbewerbsfähigkeit. Die Statistiken seien erschreckend: Viele EU-Mitgliedsstaaten seien heute weniger konkurrenzfähig als vor Jahren. «Fünf sind sogar weniger konkurrenzfähig als der Iran.» Grossbritannien dagegen habe einen «aggressiven Plan» entwickelt, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Sein Land mache eine radikalliberale Geldpolitik: «Wir fluten das Bankensystem mit Geld.» «Genauso kühne und mutige Massnahmen brauchen wir auf europäischer Ebene.»
«Wir laufen nicht aus der EU weg»
Zu seiner umstrittenen Blockadehaltung beim EU-Gipfel im Dezember sagte Cameron, er habe Sicherheiten für ein gemeinsames Abkommen verlangt, «und diese Sicherheiten habe ich nicht bekommen. Deswegen gibt es das Abkommen nicht.» Grossbritannien wolle aber, dass die EU erfolgreich sei: «Wir laufen nicht aus der EU weg. Die Mitgliedschaft in der EU ist selbst gewählt, und wir wollen, dass sie erfolgreich ist.» Er glaube immer noch an das europäische Projekt, «aber nur, wenn wir kühn und mutig sind». Wenn der politische Wille da sei, könne Europa «wirklich etwas bewegen in der Welt», sagte Cameron und verwies auf die Durchsetzung des Ölembargos gegen den Iran, den Militäreinsatz in Libyen und den Druck aus der EU auf den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad: «Wir werden nicht nachlassen, bis er zurücktritt.» (awp/mc/ps)