Verhandlungen in Athen gehen in neue Runde
Griechenlands Ministerpräsident Lucas Papademos.
Athen – In Athen gehen Verhandlungen über den dringend nötigen freiwilligen Schuldenschnitt von rund 100 Milliarden Euro in eine neue Runde. Der Chef des Internationalen Bankenverbandes IIF, Charles Dallara, werde die Gespräche fortsetzen, bestätigte am Mittwoch ein Sprecher des Finanzministeriums in Athen.
Am späten Nachmittag sei auch ein Treffen mit Regierungschef Lucas Papademos geplant. EU-Währungskommissar Olli Rehn begrüsste den Fortgang der Gespräche. Er hoffe auf eine schnelle Einigung. Gleichzeitig prüfen Vertreter der Geldgeber die Bücher. Ohne ihr grünes Licht kann Athen nicht auf weitere Finanzspritzen hoffen. Gewerkschaften und Arbeitgeber suchen derweil nach Wegen, die Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen – etwa durch Lohnkürzungen.
Zinssatz umstritten
Bei den Verhandlungen mit den Banken sei nach wie vor vor allem der Zinssatz der neuen Anleihen umstritten, die nach einer Einigung die alten ersetzen sollen. Die Gläubiger seien bereit, bei fünf Prozent zuzustimmen. Athen hatte vier Prozent ins Spiel gebracht, wichtige Geldgeber wollen drei Prozent erreichen. Den teilweisen Schuldenerlass für Athen in Höhe von 50 Prozent sollen private Gläubiger wie Banken, Versicherungen und Hedge-Fonds freiwillig schultern. Ihr Engagement ist ein entscheidender Baustein für das zweite, 130 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm für Griechenland.
Doch vor allem Hedge-Fonds sollen sich Berichten zufolge weigern, bei dem Schuldenschnitt mitzumachen. Griechenlands Regierungschef Papademos hat nun gedroht, private Gläubiger per Gesetz zum Forderungsverzicht zu zwingen. Falls keine Einigung zustande komme, könne das nicht ausgeschlossen werden, sagte Papademos der «New York Times» am Mittwoch. Papademos zeigte sich aber mit Blick auf die Gespräche zuversichtlich. «Bedenkt man die Komplexität der Übung, würde ich sagen, wir sind sehr nah an einer Einigung.»
Zahlungsbedingungen könnten geändert werden
Papademos Äusserung bezieht sich auf den Umstand, dass ein Grossteil der Anleihen nach griechischem Recht begeben wurde. Die Zahlungsbedingungen könnten demnach jederzeit geändert werden, schreibt die «Financial Times Deutschland». Auch deshalb wollen die Gläubiger offenbar erreichen, dass neue Anleihen nach britischen Recht begeben werden.
Die Zeit für eine Einigung wird immer knapper. Bis zum 23. Januar soll eigentlich das Rahmenabkommen mit den Banken stehen, damit die Eurogruppe und danach der EU-Gipfel Ende Januar Grünes Licht geben können. Sollten Verzögerungen auftreten, könnte Griechenland die nächste Rate seiner Schuldentilgung nicht zahlen und pleite gehen.
Troika wieder in Athen
In Athen befinden sich auch Experten der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) zu einer neue Kontrolle des griechischen Reformprogramms. Mit Ergebnissen wird in der nächsten Woche gerechnet. Die Experten prüfen in regelmässigen Abständen, welche Fortschritte Athen bei der Umsetzung der Auflagen für die internationalen Kredithilfen gemacht hat. Davon hängt die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem Hilfspaket ab.
Beratungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften
Unterdessen sind Arbeitgeber und Gewerkschaften zusammengekommen, um Massnahmen zur Stärkung der griechischen Wirtschaft zu beraten. Die Sitzung wurde wenige Minuten nach Beginn unterbrochen. Mitglieder kommunistischer Gewerkschaften besetzten den Tagungsgraum im Zentrum Athens, berichteten Augenzeugen. Die Kommunistische Partei ruft seit Monaten zum Austritt aus dem Euroland auf. Wie es weitergehen soll, blieb zunächst unklar. Die Regierung hatte beide Seiten aufgerufen, sich zu einigen. Anderenfalls schliesst sie eine gesetzliche Regelung nicht aus. Im Mittelpunkt steht die Kürzung des 13. und 14. Gehalts im privaten Sektor. Zudem soll der Mindestlohn von 751 auf 566 Euro sinken. (awp/mc/ps)