SNB-Bankrat lässt weitere Transaktionen untersuchen
Bern – Der Bankrat reagiert in der Affäre Hildebrand: Er lässt alle Bankgeschäfte der sechs Nationalbank-Kader in den vergangenen drei Jahren untersuchen. Das wurde am Wochenende bekannt. Bereits am Montag folgt der nächste Akt. Der Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Philipp Hildebrand, ist am Montag zu einer Anhörung bei in der Wirtschaftskommission des Nationalrates eingeladen. Er wird sich von den Parlamentariern – wie bereits an der Medienkonferenz am vergangenen Donnerstag – unangenehme Fragen stellen lassen müssen.
«Ich will wissen, ob Herr Hildebrand der Meinung ist, dass er in seiner Position mit Aktien und Devisen handeln darf – Reglemente hin oder her», sagte SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Dem Bankrat wirft sie vor, erst unter Druck gehandelt zu haben. Neben Hildebrand sind auch Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf und Bankrats-Präsident Hansueli Raggenbass an die Kommissionssitzung eingeladen.
Auftrag für Devisentransaktion ging von Frau Hildebrand aus
Der Auftrag für den umstrittenen Dollarkauf der Familie Hildebrand ging dabei offenbar von der Frau des Nationalbank-Präsidenten aus. Philipp Hildebrands Darstellung in dieser Affäre treffe wohl zu, heisst es in einem Artikel der «SonntagsZeitung» (Ausgabe 08.01.). Diese hatte gemäss eigenen Angaben Einblick in den E-Mail-Verkehr zwischen den Hildebrands und der Bank Sarasin. «…, wie besprochen möchten wir unsere FX-Position von 31 auf 50% erhöhen», zitiert die Zeitung aus dem entsprechenden E-Mail, welches die Dollar-Transaktion im August auslöste.
Weiter zitiert die Zeitung auch aus dem E-Mail, welches Philipp Hildebrand am darauffolgenden Morgen an die Bank und an seine Frau versandte. «…aus Gründen der Compliance seid ihr künftig nicht mehr berechtigt, Devisentransaktionen auszuführen, es sei denn, der Auftrag kommt von mir oder ich bestätige ihn.» Hildebrand verwies dabei auch auf das interne Reglement der SNB und den Umstand, dass persönliche Investments mindestens sechs Monate gehalten werden müssten.
Andere Prüfgesellschaft
Am Samstag teilte der Bankrat – das Aufsichtsorgan der Nationalbank – mit, er wolle sämtliche Banktransaktionen der Mitglieder des Erweiterten Direktoriums zwischen Anfang 2009 und Ende 2011 unter die Lupe nehmen. Zudem sollen das Reglement und die Weisungen über Eigengeschäfte überarbeitet werden. Die Untersuchung der Banktransaktionen wird durch eine externe Revisionsgesellschaft durchgeführt, «vorzugsweise durch KPMG oder Ernst&Young», wie es einer Mitteilung des Bankrats heisst. Die Überprüfung der Geschäfte, die über Hildebrands Konto abgewickelt wurden, führte PriceWaterhouseCoopers (PwC) durch. Die Prüfung wurde von verschiedenen Seiten als zu harmlos kritisiert.
Das Reglement und die Weisungen über die Eigengeschäfte mit Finanzinstrumenten der Nationalbank-Kader will der Bankrat «grundlegend und unter Beizug externer Spezialisten» überprüfen. Der Entwurf des neuen Reglements und der überarbeiteten Weisungen sollen «so rasch als möglich» vorgelegt werden. Auch zu einer Sofortmassnahme sah sich der Bankrat veranlasst: Devisentransaktionen der Mitglieder des Erweiterten Direktoriums und von Mitarbeitenden mit Zugang zu privilegierten Informationen, die 20’000 Franken übersteigen, müssen bis auf Weiteres vom Chief Compliance Officer der Nationalbank genehmigt werden.
SVP-Kantonsrat Lei: «Informant stiess bankintern an»
Am Samstag meldete sich auch der SVP-Kantonsrat und Anwalt Hermann Lei zu Wort: In einem Interview mit dem «St. Galler Tagblatt» sagte Lei, er bereue nicht, dass er die Bankdaten von Hildebrand an SVP-Chefstratege Christoph Blocher weitergeleitet habe. Der Informant habe sich in «grosser Not» an ihn gewandt. Denn der IT-Mitarbeiter sei bankintern nicht weitergekommen. «Er ist mit seinen Vorbehalten angestossen», sagte Lei. Damit widerspricht er der betroffenen Bank Sarasin. Diese hielt auf Anfrage an ihrer Darstellung fest, wonach sich der inzwischen entlassene Mitarbeiter weder bei seinem Vorgesetzten noch bei der internen Compliance Abteilung gemeldet habe. «Ich war eine Art Briefträger», sagte Lei – wie vor ihm bereits Christoph Blocher. Der oberste Währungshüter dürfe nicht spekulieren. Dass Hildebrand den Währungsgewinn gespendet hat, betrachtet Lei als Schuldeingeständnis. Er selber sei sich keines Fehlverhaltens bewusst.
Hildebrands Daten auch von weiteren Sarasin-Mitarbeitern angeschaut
Nach einem Bericht der «SonntagsZeitung» war der IT-Mitarbeiter nicht der einzige Sarasin-Angestellte, der die Bankdaten Hildebrands anschaute. Insgesamt hätten zwölf Mitarbeitende einen Blick auf die elektronisch abgespeicherten Daten geworfen. Sarasin-Sprecher Benedikt Gratzl wollte diese Zahl nicht kommentieren. Es sei aber gut möglich, dass andere Mitarbeiter die Bankdaten «zu Arbeitszwecken» abgerufen hätten, sagte Gratzl. Die Bank Sarasin habe überprüft, wer die Daten alles abgefragt habe und zu welchem Zweck. (awp/mc/ps)