Ex-Finanzchef der EKT-Holding vor Gericht
Arbon – Am Montag hat vor dem Bezirksgericht Arbon der Prozess gegen den Ex-Finanzchef der EKT-Holding begonnen. Ihm wird Veruntreuung und Geldwäscherei vorgeworfen. Er soll rund 35 Mio verspekuliert und eine Mio CHF veruntreut haben. Mitangeklagt sind drei Finanzberater. Der Ex-Finanzchef der EKT-Holding, der Muttergesellschaft des Elektrizitätswerks des Kantons Thurgau, lebt heute in Thailand und investiert dort in Immobilien. Er nahm an der Gerichtsverhandlung teil.
Dem 49-Jährigen wird vorgeworfen, gegen das Anlagereglement der EKT-Holding verstossen zu haben, indem er mit sehr hohen Investitionen bei der US-Bank Lehman Brothers ein Klumpenrisiko einging. Mit der Pleite von Lehman Brothers verlor die EKT Holding im Jahr 2008 über 30 Mio CHF. Mehrheitsaktionärin der EKT Holding ist der Kanton Thurgau.
Eine Million an Provisionen
Dem ehemaligen EKT-CFO wird zudem vorgeworfen, in acht Fällen unrechtmässig Provisionen von rund 750’000 CHF und 375’000 USD kassiert zu haben. Der Ex-Finanzchef sagte vor Gericht, er habe nicht gewusst, dass er beim Investieren in sogenannte strukturierte Produkte Provisionen erhalte. «Man war einfach einmal bei diesem Thema», sagte er. Als er die ersten Provisionen entgegennahm, habe er gedacht, dass sei ein «Lucky Punch». Er habe nie in Geldnot gesteckt. Es sei ihm auch nicht in den Sinn gekommen, wegen der Provisionen, die er sich alle drei Monate via ein Drittinstitut auf sein Konto bei einer Bank in Liechtenstein überweisen liess, schlecht für die EKT Holding gehandelt zu haben.
Vermittler oder EKT-CFO?
Der Hauptangeklagte sagte vor Gericht, er habe sich bei einem der mitangeklagten Finanzberater von Beginn an als EKT-Finanzchef ausgegeben. Der Franzose widersprach. Er sagte, der Ex-Finanzchef der EKT Holding sei ihm von einem dritten Finanzexperten als «Vermittler» vorgestellt werden. Er habe ihm gesagt, er könne Provisionen nicht an Privatpersonen auszahlen. Ein zweiter Finanzberater verweigerte Aussagen zum angeklagten Sachverhalt. Ein dritter, der heute in Brasilien lebt, wurde von der Verhandlung dispensiert. Zwei der angeklagten Finanzberater und der Ex-Finanzchef der EKT-Holding kennen sich aus der Zeit ihres Studiums.
Provisionen zurückerstattet
Der Hauptangeklagte gab zu, von dem Finanzberater, der nicht vor Gericht erschien, dreimal 40’000 CHF erhalten zu haben – in bar, in 1000er-Noten, jeweils in einem Couvert. Wie diese Provisionen habe er in der Zwischenzeit auch alle anderen, die er sich unrechtmässig auf seinen Namen auszahlen hatte lassen, der EKT Holding zurückbezahlt, erklärte er. Er habe nie EKT-Geld angelegt aus dem Grund, Provisionen zu bekommen. Er habe aber mit der Zeit gemerkt, dass die Kommissionen einfach so flössen; hätte er sie nicht entgegengenommen, wären sie beim Finanzberater geblieben. Er sei da in etwas hineingeraten, aus dem es dann kein Zurück mehr gab. Er würde heute keine Kommission mehr entgegennehmen, sagte er den Richtern.
Klumpenrisiko
2008 hatte der Ex-Finanzchef für die EKT Holding rund 35 Mio CHF in verschiedene Fonds und Produkte bei der US-Investmentbank Lehman Brothers angelegt – was rund die Hälfte sämtlicher EKT-Anlagen entsprach. Die Anklage warf ihm vor, diese Wertpapiere nicht rechtzeitig veräussert zu haben vor dem Hintergrund, seine in Aussicht gestellten Provisionen nicht zu erhalten. Der Angeklagte sagte, eine Umschichtung hätte Kosten von 300’000 bis 400’000 CHF verursacht. Wenige Tage vor dem Lehmann-Konkurs hätten UBS-Experten Anlegern geraten, Lehman-Brothers-Papiere zu halten.
EKT-Story ein Politikum
Die Verhandlung vor dem Bezirksgericht im Schloss Arbon wird am Dienstag mit dem Vortrag und den Strafanträgen der Thurgauer Staatsanwaltschaft fortgesetzt. Das Urteil gegen die vier Angeklagten wird voraussichtlich am Montag nächster Woche eröffnet. Der Verlust der EKT-Holding wurde im Thurgau auch zum Politikum. Der damalige Verwaltungsratspräsident trat wegen der Lehman-Geschichte von seinem Amt zurück. Regierungsrat Kaspar Schläpfer demissionierte 2010 aus dem Verwaltungsrat. Der EKT-Geschäftsführer räumte ebenfalls 2010 das Feld. Im Grossen Rat hatte es etliche Vorstösse gegeben; die letzten dieses Jahr. (awp/mc/ps)