ThyssenKrupp: Schulz übernimmt Verantwortung für Debakel

ThyssenKrupp: Schulz übernimmt Verantwortung für Debakel

«Zu lange den falschen Männern vertraut»: Ekkehard Schulz, ehemaliger ThyssenKrupp-Chef.

Essen – Nach dem milliardenschweren Brasilien-Debakel übernimmt der langjährige ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz die Verantwortung. Der 70-Jährige werde sein Aufsichtsratsmandat bei ThyssenKrupp zum Jahresende niederlegen, teilte das Unternehmen am Mittwoch in Essen mit. «Mit diesem Schritt möchte ich die öffentliche Diskussion um meine Person im Zusammenhang mit Investitionen bei ThyssenKrupp Steel Americas beenden», sagte der 70-Jährige laut einer Mitteilung.

Kurz darauf erklärte Schulz auch seinen Rückzug aus dem Kuratorium der einflussreichen Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. Die gemeinnützige Stiftung unter Vorsitz von Berthold Beitz ist mit einem Anteil von 25,3 Prozent wichtigste Grossaktionärin des ThyssenKrupp-Konzerns. Neu in das Stiftungskuratorium einziehen soll unter anderem NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD).

Abschreiber von 2,1 Milliarden Euro
«Ich bin mir zwar keiner beruflichen Fehler bewusst, aber in dieser Situation bereit, die Verantwortung zu übernehmen», hatte Schulz zuvor in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Mittwoch) erklärt. Im Januar hatte der Manager nach rund zwölf Jahren als Vorstandschef des grössten deutschen Stahlkonzerns das Amt an den Ex-Siemens-Manager Heinrich Hiesinger übergeben. Dank einer Sonderregel war er mit den Stimmen der Krupp-Stiftung direkt in den Aufsichtsrat des Konzerns eingezogen. Am vergangenen Freitag hatte Schulz-Nachfolger Hiesinger wegen nicht enden wollender Probleme im neuen Stahlwerk in Brasilien eine Abschreibung von 2,1 Milliarden Euro bekanntgegeben. Zusammen mit einer weiteren Wertberichtigung auf die zum Verkauf stehende Edelstahlsparte riss das den Konzern im Ende September ausgelaufenen Geschäftsjahr 2010/2011 tief in die roten Zahlen. Es entstand ein ein Verlust von 1,8 Milliarden Euro.

Projekt gegen alle Widerstände vorangetrieben
Schulz hatte als Vorstandschef das Brasilien-Projekt gegen alle Widerstände vorangetrieben. Schon in der Bauphase waren die Kosten explodiert – von ursprünglich 1,3 Milliarden auf zuletzt 5,2 Milliarden Euro. Vor allem Arbeitnehmervertreter hatten die Investition immer wieder aus Sorge vor einem Verlust von Arbeitsplätzen in Deutschland kritisiert. Aber auch Aufsichtsratschef Gerhard Cromme und der Chef der mächtigen Krupp-Stiftung, Berthold Beitz, hatten Bedenken und wurden dem Vernehmen nach mit den zunächst sehr niedrig kalkulierten Kosten überzeugt. Der «FAZ» zufolge hat Beitz beim anstehenden Abschied von Schulz mitgewirkt. «Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn persönlich sehr schätze, dass ich mich aber vor allem Alfried Krupp verpflichtet fühle», zitierte das Blatt Beitz. Um die «Pressekampagne» zu beenden, habe er Schulz gebeten, seine Rolle zu überdenken, sagte der 98-Jährige.

«Zu lange den falschen Männern vertraut»
Hauptschuld an der Misere in Brasilien haben für Schulz andere. «Das einzige, was ich mir vorwerfe, ist, dass ich zu lange den falschen Männern vertraut habe», erklärte er in der Zeitung. Damit sei vor allem der einst für Stahl zuständige Vorstand Karl-Ulrich Köhler gemeint, der 2009 mit einigen anderen Führungskräften das Unternehmen verlassen musste. Köhler galt damals vielen aber auch als Bauernopfer. Der Manager leitet inzwischen das europäische Geschäft des indischen Stahlkonzerns Tata, der nach der Übernahme des niederländisch-britischen Corus-Konzerns die Nummer zwei nach ArcelorMittal in Europa ist. (awp/mc/ps)

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