Chevron muss Öl-Bohrung in Brasilien stoppen
Chevron-CEO John Watson.
São Paulo – Brasiliens Behörden haben alle Bohrarbeiten des US-Ölkonzerns Chevron im Land vorläufig gestoppt. Damit reagierte die Nationale Erdölagentur (ANP) auf mutmassliche Nachlässigkeiten und Informationsmängel von Chevron Upstream Brasil beim Ölunfall vor Brasiliens Küste. Chevron selbst teilte mit, man habe alle derzeitigen und künftigen Offshore-Bohroperationen freiwillig suspendiert. Davon nicht betroffen sei die Produktion im Ölfeld Frade, die derzeit bei 79.000 Barrel am Tag liege.
Nach ANP-Angaben gilt der Bohrstopp so lange, bis die Ursache für den Ölaustritt geklärt und die Verantwortlichen gefunden sind. Die Entscheidung beruhe auf Analysen, «die aufseiten des Konzessionärs (Chevron) Fahrlässigkeit bei der Ermittlung fundamentaler Daten für die Bohrungen» zeigten. Chevron teilte am späten Mittwochabend mit, die Niederlassung in Brasilien sei noch nicht über die Entscheidung informiert worden, obwohl die ANP einen entsprechenden Text auf ihrer Internetseite eingestellt habe.
Sand über Ölfilm auf hoher See gestreut?
Zugleich informierte der Konzern, dass bei der Bekämpfung des Ölteppichs nur Säuberungs- und Verteilungsmethoden angewandt worden seien, die von den brasilianischen Behörden anerkannt seien. Derzeit werden aber auch Vorwürfe geprüft, wonach Chevron Sand über den Ölfilm auf hoher See gestreut haben soll. Bei dem Unfall im Frade-Feld im Campos-Becken rund 370 Kilometer nordöstlich Rios waren hunderttausende Liter Rohöl ausgetreten. Chevron hatte für den Vorgang die volle Verantwortung übernommen.
Chevron entschuldigt sich
Ursache des Ölunfalls sind möglicherweise Fehler bei der Druckberechnung für eine Bohrung. Der Präsident von Chevron Brasil, George Buck, sagte bei einer Anhörung im Parlament in Brasília: «Ich bitte das brasilianische Volk und die brasilianische Regierung aufrichtig um Entschuldigung.» Er hoffe, dass Chevron Partner Brasiliens bleiben könne. Der Konzern wurde mit einer ersten Strafe von 50 Millionen Reais (20,5 Mio. Euro) belegt, muss aber mit weiteren Bussen rechnen, die die Summe mehr als verdreifachen könnten.
Noch keine verlässlichen Daten zum Unglück
Auch mehr als zwei Wochen nach dem Ölunfall gibt es noch keine verlässlichen Daten über die Gesamtmenge des ausgelaufenen Öls. Chevron selbst berechnete, dass insgesamt 2400 Barrel Öl ins Meer flossen, was in etwa einer anfänglichen Schätzung der ANP entspricht. Die Angaben basieren auf der Annahme, dass täglich zwischen 200 und 330 Barrel Öl ins Meer entwichen. Die US-Organisation Skytruth hatte das Tagesvolumen dagegen nach Auswertung von Satellitenfotos auf bis zu 3.738 Barrel geschätzt und damit auf mehr als Zehnfache. (awp/mc/ps)