Häme – aber auch Sorge über Berlins Anleihe-Fehlschlag

Häme – aber auch Sorge über Berlins Anleihe-Fehlschlag

Berlin – Die jüngsten Probleme Deutschlands bei der Auflage einer Milliarden-Staatsanleihe haben im europäischen Ausland Sorge, aber auch unverhohlene Schadenfreude ausgelöst. Zum Teil gingen die Kommentare führender Medien mit Bundeskanzlerin Angela Merkel hart ins Gericht. Besonders in den Euro-Krisenländern war die Resonanz heftig:

Spanien: «Nun bekommen die Deutschen die europäische Schuldenkrise am eigenen Leib zu spüren», kommentierte die Madrider Zeitung «El Mundo». Das Konkurrenzblatt «El País» sprach von einem «Rückschlag» für Bundeskanzlerin Angela Merkel. «Die gescheiterte Anleiheauktion und die Debatte über die Eurobonds schwächen die deutsche Position.» Das Wirtschaftsblatt «Expansión»: «Angela Merkel hält anscheinend unbeugsam an ihrem Vorhaben fest, die EU zu germanisieren. Sie glaubt, ihr Land sei gegenüber dem Misstrauen der Märkte immun. Aber nun beginnt der beängstigende Stress-Test, dem sie die Euro-Zone unterziehen will, sich gegen die Kanzlerin selbst zu richten.»

Portugal: «Deutschland hat seine eigene Medizin bekommen, und es hat dem Land nicht geschmeckt (…) Das Unvorstellbare ist passiert. Aber auch ein Unglück hat oft sein Gutes. Der Rückschlag bei der gestrigen Auflage kann Deutschland dazu bewegen, seine bisherige Haltung aufzugeben, die lautet: ‹Mit dem Übel der anderen komme ich gut zurecht'», schrieb die Wirtschaftszeitung «Diario Económico».

Italien: «Jetzt zittert auch Deutschland», meinte die liberale Turiner Zeitung «La Stampa». Der konservative «Corriere della Sera» spricht ganz ähnlich von Berlin «in der Schusslinie der Krise». Nun da auch Deutschland als «Lokomotive der EU» ganz offensichtlich nicht mehr immun sei gegen den Schuldensog, müsse Berlin einlenken im Punkt Eurobonds, heisst es überwiegend in den Kommentaren. Auch der neue Premier Mario Monti ist ein Verfechter der Eurobonds.

Frankreich
: «Die Vertrauenskrise an den Märkten weitet sich auf Deutschland aus», titelte «La Tribune». Nach der «desaströsen Auktion» werde sich die Bundesregierung ihre abwartende Politik nicht weiter leisten können. «Ein Scheitern, das wie ein Alarmsignal klingt», schrieb der «Figaro» und merkte die «Ironie der Situation» an, in der nun die ansonsten so «inflexible» Bundesbank eingesprungen sei. «Das passiert in Deutschland, da wo man ablehnt, dass die EZB im äussersten Notfall zum Geldgeber wird», so «Libération».

Griechenland
: Die den Sozialisten nahestehende Athener Tageszeitung «Ta Nea»: «Während Angela Merkel mehr Druck als jede akzeptable Grenze auf Länder wie Griechenland ausübt und verantwortliche Erklärungen verlangt, um Geld (Hilfe) auszuzahlen, antworten die Märkte: ‹Die Krise kommt Deutschland immer näher.› Berlin muss die Nachricht empfangen: Es gibt keinen Ausweg aus der Krise ohne mehr Solidarität und weniger Überheblichkeit.»

Grossbritannien: Es sei ein «alarmierendes Anzeichen» dafür, dass die Schuldenkrise sich bald «bis ins Herz der Eurozone» ausbreiten könnte, hiess es in der britischen Zeitung «The Independent». Die «Financial Times» schrieb, es herrsche nun «Angst, dass die Schuldenkrise auf dem Kontinent nun Berlin betrifft, die grösste Wirtschaft der Region und Schlüssel zum Überleben der einheitlichen Währung.» Der «Daily Telegraph» sprach von «Schock» und «Desaster».

Schweiz
: «Die Deutschen sehen sich selbst gleichzeitig als letzte Mohikaner der geldpolitischen Tugend und als Opfer von faulen Griechen, arroganten Franzosen und arglistigen US-Investmentbankern. Dieses schiefe Selbstbildnis muss endlich gerade gerückt werden. Dazu kommt die Klatsche der Obligationenmärkte gerade richtig», hiess es in der Online-Ausgabe des «Tages-Anzeigers» in Zürich. (awp/mc/ps)

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