Heimmarkt reisst Telefónica in die roten Zahlen
Telefónica -Chef César Alierta.
Madrid – Der spanische Telekommunikationskonzern Telefónica leidet unter der Wirtschaftsschwäche im Heimatland. Während die Geschäfte in Europa und insbesondere Lateinamerika ordentlich bis blendend laufen, muss die spanische Geschäftseinheit mit heftigen Einbussen bei Umsatz und Gewinn zurechtkommen. Der geplante Personalabbau lastet vorerst ebenfalls auf der Bilanz, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte.
Lateinamerika wird dagegen immer mehr zum wichtigsten Standbein des ehemaligen Staatskonzerns. Auch in Deutschland liefen die Geschäfte der Marke O2 gut, doch die Entwicklung in Spanien überschattete die Erfolge. Die Anleger quittierten die schlechten Nachrichten mit Kursverlusten. In einem freundlichen EuroStoxx 50 lagen Telefónica am Mittag mit 0,9 Prozent Minus am unteren Ende des Tableaus. Im Gesamtkonzern wuchs der Umsatz in den Monaten von Juli bis September um 3,7 Prozent auf 15,8 Milliarden Euro. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen erwirtschafteten die Spanier 2,9 Milliarden Euro, unter dem Strich stand jedoch ein Verlust von 429 Millionen Euro – mehr als Analysten erwartet hatten.
Tochter O2 in Deutschland stark
Telefónica Deutschland zeigte mit ihrer Marke O2 wie schon im Vorquartal, dass Deutschland für Telefónica als einziger europäischer Markt ein Wachstumsmarkt ist. Die Datenumsätze ohne SMS legten um 53 Prozent zu, wie Deutschland-Chef René Schuster sagte. Trotz hohen Wettbewerbsdrucks steigerte O2 seinen Mobilfunkumsatz dank des Kundenzuwachses um rund acht Prozent. Doch das schlug nicht voll auf das Betriebsergebnis durch: Kosten für das Marketing von Smartphones und sinkende durchschnittliche Erlöse je Kunde liessen den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lediglich um rund 3,3 Prozent auf 314 Millionen Euro steigen. Ohnehin machen die Datenumsätze aus dem Mobilbereich nach wie vor mit einem Achtel nur einen kleinen Teil der Gesamtumsätze aus. Sprachdienste bilden noch immer den Löwenanteil – und hier herrscht grosser Wettbewerb. Telefónica Deutschland will daher zum Weihnachtsgeschäft auch im Verkauf von Smartphones punkten.
Spanienumsatz um 9% rückläufig
Die Umsätze des Konzern in Spanien gingen zum Vorjahr um neun Prozent zurück, vor Zinsen und Steuern verlor der Konzern 1,1 Milliarden Euro. Die durchschnittlichen Erlöse je Kunde gingen wegen hohen Wettbewerbsdrucks und vor dem Hintergrund der trüben spanischen Konjunktur zurück, erklärte das Unternehmen. Werbemassnahmen und neue Produkte sollen nun zumindest den Kundenschwund aufhalten – kosten das Unternehmen aber zusätzlich Geld. Auch der angekündigte Personalabbau verhagelte den Madrilenen zuerst einmal die Ergebnisse: Rund 2,6 Milliarden Euro stellte das Unternehmen im dritten Quartal für Abfindungen und Vorruhestandsgehälter zurück.
Vivo erstmals voll in eigener Bilanz ausgewiesen
In Lateinamerika steht Telefónica kurz vor dem 200-millionsten Kunden. 160 von 195 Millionen Kunden nutzten die Telefónica-Netze über das Handy und gaben zunehmend mehr Geld für die Dienstleistungen aus. Rund die Hälfte des gesamten operativen Ertrags erwirtschaften die Spanier mittlerweile in Süd- und Mittelamerika. Wechselkursbereinigt setzten sie 32 Prozent mehr mit Datendiensten um. Am stärksten wuchsen die Geschäfte in Brasilien und Argentinien. In der brasilianischen Mobilfunksparte erlöste das Unternehmen gleich mehr als das doppelte, auch weil der Zukauf von Vivo im Gegensatz zum Vorjahr voll in der eigenen Bilanz ausgewiesen wurde. Doch auch organisch gewannen die Märkte dank eines makroökonomisch freundlichen Umfeldes und wegen des Nachholbedarfs der lateinamerikanischen Kunden.
EBIT-Margenziel nur noch knapp zu erreichen
Mit dem Rückenwind der Auslandsmärkte will das Management von Telefónica auch die Jahresziele erreichen. In dem von null bis zwei Prozent angepeilten organischen Umsatzwachstum liegen das Unternehmen nach den neun Monaten bisher am unteren Ende mit einem Miniplus von 0,3 Prozent. Bei der operativen Marge wird es ähnlich eng: Mit 35,8 Prozent liegt das Unternehmen nur leicht im anvisierten oberen 30-Prozent-Bereich. (awp/mc/upd/ps)