SGB: Lohndruck und -dumping geraten ausser Kontrolle
SGB-Chefökonom Daniel Lampart.
Bern – Die Folgen der Frankenstärke sind dramatisch, wie SGB-Chefökonom Daniel Lampart am Dienstag vor den Medien aufzeigte: Die Exporte und Übernachtungszahlen sinken, die Pensionskassen dürften bis heute schon gegen 30 Mrd. Franken Buchverluste erlitten haben, und die Einkäufe von Firmen im Ausland sowie der Einkaufstourismus Privater nehmen zu. Wenn die Kaufkraft wegen höherer Arbeitslosigkeit oder nur schwach steigender Löhne zurückgeht, droht eine Rezession. «Wir erleben zurzeit alle möglichen Formen der Lohndrückerei.
Von der simplen Lohnsenkung, über die unbezahlte Verlängerung der Arbeitszeit, die Einführung von Eurolöhnen für die ganze oder auch ’nur› für einen Teil der Belegschaft bis hin zur Bindung der Löhne oder auch einer Arbeitszeitverlängerung an völlig willkürlich festgelegte Wechselkursbandbreiten», sagt Renzo Ambrosetti, Co-Präsident der Unia. Seine Gewerkschaft bekämpfte mehrere solcher Fälle mit Gewerkschaftsaktionen bin hin zum Streik sowie juristisch.
«Abwehrdispositiv hat zu grosse Lücken»
Die Entwicklung der letzten Monate zeigt überdeutlich: Das Abwehrdispositiv der flankierenden Massnahmen hat zu grosse Lücken. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund schlägt Alarm: Die flankierenden Massnahmen sind so eingerichtet, dass sie bei einem «fairen» Frankenkurs wirken. Bei einem um 20 Prozent überbewerteten Franken sind sie zu wenig scharf. «Wir müssen den Lohnschutz allwettertauglich machen. Den Frankenkurs normalisieren, nicht nur stabilisieren», verlangt SGB-Präsident Paul Rechsteiner.
Euro: Mindestkurs von 1,40 CHF
Damit die Löhne auch in der Wechselkurskrise geschützt sind, verlangt der SGB folgende Massnahmen: Das Problem des überbewerteten Frankens muss an der Wurzel gepackt werden. Damit die Löhne und Arbeitsplätze geschützt sind, braucht es einen Franken/Euro-Kurs von mindestens 1.40.
- Die Schweizerische Nationalbank SNB muss ihre Untergrenze erhöhen. Es braucht mindestens einen Kurs von 1.40 Fr./Euro.
- Bei starken Verwerfungen auf den Finanzmärkten ist eine Flucht in den Franken nicht auszuschliessen. Für diesen Fall müssen SNB und Bund ergänzend Kapitalverkehrskontrollen einführen bzw. die freie Handelbarkeit des Frankens einschränken.
- Die Flankierenden Massnahmen müssen verschärft werden, dass die Löhne in jedem Fall geschützt sind: 50 Prozent der Neueinstellungen und der Entsendefirmen müssen kontrolliert werden. Der Bund soll dafür im Paket gegen die Frankenstärke für 2012 die notwendigen Mittel beschliessen. Wird Dumping aufgedeckt, müssen Bund und Kantone Mindestlöhne erlassen, welche die Schweizer Löhne schützen. Das Volkswirtschaftsdepartement ist dafür verantwortlich, dass dieser gesetzliche Auftrag bei Bund und Kantonen ausgeführt wird. Tut es das nicht, ist es am Lohndruck mitschuldig. Die Bussen müssen verschärft werden, damit sich Lohndumping nicht lohnt (höhere Bussen, Solidarhaftung).
- Der Bundesrat muss die maximale Dauer der Kurzarbeit von 12 auf 18 Monate verlängern, um Entlassungen zu verhindern. Und er soll rasch ein zweites Paket gegen die Frankenstärke vorlegen. Neben einem Zusatzbeitrag für mehr Lohnkontrollen muss es u.a. Massnahmen gegen Renteneinbussen bei der 2. Säule enthalten (bei Entlassungen oder Liquidationen).
- Auch kleine und mittlere Firmen müssen sich gegen Wechselkursschwankungen absichern können. Die Kantonalbanken und die Exportrisikoversicherung müssen entsprechende Möglichkeiten anbieten.
(SGB/mc/ps)