HP-Chef Apotheker geht – Whitman kommt
Kurzes Gastspiel bei HP: Léo Apotheker.
Palo Alto – Einer der wenigen Deutschen an der Spitze eines US-Konzerns räumt seinen Posten: Léo Apotheker hört nach nicht mal einem Jahr beim Computerprimus Hewlett-Packard auf. Und das mit sofortiger Wirkung, wie das Unternehmen am Donnerstag im kalifornischen Palo Alto mitteilte. Nachfolgerin wird wie erwartet die ehemalige Ebay-Chefin Meg Whitman. «Wir befinden uns in einer kritischen Phase und wir brauchen eine erneuerte Führung, um unsere Strategie erfolgreich umzusetzen und unsere Marktchancen in der Zukunft zu nutzen».
Dies sagte der Verwaltungsratsvorsitzende Ray Lane, der selbst eine aktivere Rolle im Management übernehmen wird. Üblicherweise hat der Verwaltungsratschef nur eine Kontrollfunktion.
Lane: «Meg hat tiefes Wissen um unsere Produkte»
Doch Whitman ist ein Neuling in der Computer-Szene, und könnte Unterstützung gebrauchen, auch wenn Lane betonte, dass sie schon seit acht Monaten im Verwaltungsrat sitze. «Meg hat ein tiefes Wissen um unsere Produkte und unsere Märkte.» Die Managerin hatte das Online-Auktionshaus eBay gross gemacht. Gegen HP sieht die Internetfirma aber immer noch winzig aus. Kritiker zweifelten schon daran, dass es Whitman gelingen werde, einen solch komplexen Computerkonzern zu managen, zumal der gerade in einer Krise steckt. «Ich fühle mich geehrt und bin begeistert, HP zu führen», sagte Whitman selbst.
Drastischer Strategieschwenk
Vorgänger Apotheker hatte vor einigen Wochen – mit Rückendeckung des Verwaltungsrates – einen drastischen Strategieschwenk angekündigt. Er wollte die PC-Sparte abspalten und stattdessen auf das Geschäft mit Software setzen. Dafür kauft HP den britischen Software-Spezialisten Autonomy. Die Ankündigung löste einen massiven Kurseinbruch aus. Nun ruhen alle Augen auf Whitman. Es ist aber unklar, inwieweit die neue Konzernchefin die jüngsten Entscheidungen überhaupt noch zurückdrehen kann oder will. Die rund 10 Milliarden Dollar schwere Übernahme von Autonomy dürfte sich zumindest nicht so einfach abblasen lassen. Immerhin hat sich HP bei der Trennung von der PC-Sparte ein Hintertürchen offengehalten und versichert, dass noch nichts endgültig entschieden sei.
Kunden verunsichert
Der Strategieschwenk scheint viele Kunden derart verunsichert zu haben, so dass sie Käufe aufschoben. Hinzu kam die allgemeine wirtschaftliche Abkühlung. Gleich drei Mal musste Apotheker die Prognose zurücknehmen. An jedem verkauften Computer hängt im Firmenkundengeschäft aber auch oft die lukrative Wartung dran. Die Delle dürfte sich damit in der Zukunft fortsetzen. Verwaltungsratschef Lane dankte Apotheker trotz aller Querelen ausdrücklich für seine Arbeit: «Der Verwaltungsrat ist aber der Ansicht, dass der Posten des HP-Chefs nun weitere Eigenschaften verlangt, um die Firmenstrategie erfolgreich umzusetzen. Meg hat die gesuchten operativen und kommunikativen Fähigkeiten.»
Schroffer Führungsstil
Während ehemalige Mitarbeiter Apotheker einen schroffen Führungsstil nachsagen, gilt Whitman als gute Kommunikatorin. Sie hatte auch in der Politik ihr Glück versucht und sich als Gouverneurin von Kalifornien zur Wahl gestellt, war allerdings gescheitert. Zuletzt arbeitete die 55-Jährige als Beraterin. Apotheker hatte am 1. November vergangenen Jahres das Ruder bei HP übernommen. Seit er an der Spitze steht, verlor die HP-Aktie fast die Hälfte ihres Werts. Am Donnerstag legte das Papier nachbörslich leicht zu.
Zweiter Tiefschlag in Folge für Apotheker
Für Apotheker ist es schon der zweite Tiefschlag in Folge. Bei SAP hatte er den Spitzenposten nach Differenzen mit Gründer Hasso Plattner ebenfalls nach weniger als einem Jahr als alleiniger Firmenchef räumen müssen. Ein kleiner Trost bleibt Apotheker: Weil HP den Deutschen für mehrere Jahre verpflichtet hatte, darf er sich auf eine satte Abfindung einstellen. Die Berechnungen in US-Medien reichen von rund 9 bis 35 Millionen Dollar, die dem Manager noch zustehen könnten. Der Konzern selbst liess dies offen. (awp/mc/ps)