NR heisst Bundesrats-Vorschlag zu Grossbanken gut

NR heisst Bundesrats-Vorschlag zu Grossbanken gut

Bern – Trotz des letzte Woche bekanntgegebenen UBS-Milliardenverlusts wollte der Nationalrat die Schraube für systemrelevante Grossbanken nicht wesentlich stärker anziehen als vom Bundesrat vorgeschlagen. Er hiess die Vorlage zur Eindämmung der Grossbankenrisiken mit 121 zu 42 Stimmen bei 12 Enthaltungen gut.

So wollte die grosse Kammer keine Debatte darüber führen, ob systemrelevanten Grossbanken verboten werden soll, Investmentbanking zu betreiben. Ohne inhaltliche Diskussion lehnte der Nationalrat einen Ordnungsantrag von Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) ab, die eine entsprechende Klausel nachträglich in die Vorlage einbauen wollte. Sie begründete ihr Anliegen mit dem Risiko, das von einzelnen Händlern für eine Grossbank – und schliesslich für die Steuerzahler – ausgehen könne.

Ebenfalls mit dem Fall UBS begründeten die linken Parteien einen Antrag, mit dem sie den Eigenhandel der Grossbanken «auf ein geschäftsnotwendiges Minimum» einschränken wollten. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf bezeichnete dieses Ansinnen als nicht praktikabel, da es schwierig sei abzugrenzen, was nötig sei und was nur der Gewinnmaximierung diene.

Grossbanken müssen Eigenmittel deutlich aufstocken
In der letzte Woche aufgenommenen und am Montag abgeschlossenen Detailberatung folgte der Nationalrat meist dem Ständerat. So unterstützte er das Grundkonzept des Bundesrats, dass Grossbanken, deren Untergang die Schweizer Volkswirtschaft stark beeinträchtigen würde, ihre Eigenmittel deutlich aufstocken müssen. Gemäss den Vorschlägen des Bundesrats sollen die Grossbanken, die zu gross sind, um untergehen zu lassen («too big to fail»), eine Eigenkapitalquote von 19 Prozent ausweisen. Neun Prozent davon sollen sie in Form von Pflichtwandelanleihen (CoCo-Bonds) halten können, die bei drohender Insolvenz in Eigenkapital umgewandelt werden müssen.

Tiefere Eigenkapitaldecke bei geringeren Risiken
Dabei stimmte der Nationalrat einem Beschluss des Erstrats zu, dass die Finanzmarktaufsicht (FINMA) die Anforderungen an die Eigenkapitaldecke von systemrelevanten Grossbanken senken muss, wenn diese ihre Risiken senken. Der Bundesrat hatte hier eine Kann-Formulierung vorgeschlagen. Schon der Ständerat war aber der Meinung, dass den Grossbanken diese Rabatte, in denen die Ratslinke eine Aushöhlung der Eigenmittelvorschriften sieht, zwingend gewährt werden müssen. Der Nationalrat legte im Gegensatz zum Ständerat auch gleich fest, dass der Rabatt vollständig gewährt werden muss, «sofern die Weiterführung der systemrelevanten Funktionen in der Schweiz umgesetzt ist».

Verrechnungssteuer soll fünf Jahre ausgesetzt werden
Ausserdem beschloss er, dass der Bundesrat die Verordnungen, in denen die detaillierten Werte und Anforderungen an die Grossbanken aufgelistet werden, dem Parlament unterbreitet werden müssen. Weitere Differenzen schuf der Nationalrat bei den steuerlichen Rahmenbedingungen, die für die Schaffung der Eigenkapitaldecken gelten sollen. Er sprach sich dafür aus, dass die Verrechnungssteuer während fünf Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes ausgesetzt werden soll.

Vergeblich wehrte sich die Finanzministerin unterstützt von den linken Parteien gegen diesen Entscheid. Widmer-Schlumpf bezeichnete ihn als unnötig, da der Bundesrat bei der Verrechnungssteuer bereits einen Wechsel zum Zahlstellenprinzip eingeleitet habe. Zusammen mit der von beiden Räten gutgeheissenen Streichung der Stempelabgabe auf Obligationen würden die Rahmenbedingungen für die CoCo-Bonds so genügend verbessert.

Kein Gehör für verschärfende Massnahmen
Abgelehnt wurden im Nationalrat zahlreiche Versuche der Linken, die Anforderungen an systemrelevante Grossbanken über die Vorschläge des Bundesrats hinaus zu verschärfen. Nichts wissen wollte der Rat etwa von der von den Grünen geforderten Banken-Abgabe, mit der diese die faktische Staatsgarantie, von der sie profitieren, abgelten sollten.

Keine Einmischung in Lohnpolitik, wenn…
Ferner lehnte es der Rat ab, bei den Grossbanken präventiv in die Lohnpolitik einzugreifen und vorzuschreiben, dass die variablen Lohnbestandteile (Boni) nicht mehr als die Hälfte der festen Vergütungen betragen dürfen. Hingegen unterstützte der Nationalrat wie schon der Ständerat den Vorschlag des Bundesrats, dass dieser in die Lohnpolitik einer Grossbank eingreifen darf, falls ihr trotz der höheren Eigenmittel und den anderen getroffenen Massnahmen, finanziell unter die Arme gegriffen werden muss.

Gegen das Gesetz sprach sich im Nationalrat nur die SVP aus. Sie hatte letzten Donnerstag erfolglos die Rückweisung des Geschäfts an den Bundesrat verlangt. Dieser solle die Vorlage überarbeiten und ein Trennbankensystem oder Holdingmodell einbauen. Die Vorlage gelangt bereits am Mittwoch wieder in den Ständerat. (awp/mc/pg)

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