Etappensieg für Bayer: Xarelto vor US-Zulassung
Marijn Dekkers, Vorstandsvorsitzender Bayer.
Leverkusen – Überraschender Etappensieg für den deutschen Pharma- und Chemiekonzern Bayer : Das Schlaganfallmittel Xarelto könnte schneller auf den wichtigen US-Markt kommen als zuletzt angenommen. Ein Expertenausschuss der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA hat die Zulassung des Gerinnungshemmers zur Zulassung empfohlen. Da die Behörde dem Votum des unabhängigen Gremiums meistens folgt, ist der Weg auf den amerikanischen Markt so gut wie frei – die endgültige Entscheidung soll Anfang November erfolgen.
Nachdem die Bayer-Aktie zuletzt wegen der Spekulationen auf Probleme bei der Zulassung deutlich an Boden verloren hatte, legte die Aktie am Freitag vorbörslich kräftig zu.
Deutlicher Entscheid
Die Mitglieder im Ausschuss der US-Gesundheitsbehörde FDA stimmten mit neun zu zwei Stimmen für die Zulassung des Medikaments zum Schutz vor Schlaganfällen bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen votiert, wie Bayer am späten Donnerstagabend in Leverkusen mitteilte. «Das kommt wirklich überraschend, nachdem es vor wenigen Tagen kritischen Stimmen seitens der FDA gegeben hat und weitere Daten verlangt wurden», sagte ein Händler. Im Expertengremium gab es allerdings unterschiedliche Auffassungen über die Wirksamkeit des Mittels im Vergleich zu der bisherigen Standardtherapie, die auf dem Wirkstoff Warfarin aufbaut. Xarelto basiert auf dem Wirkstoff Rivaroxaban.
Marktpotenzial von 10 Milliarden Dollar
Analysten schätzen das Marktpotenzial der neuen Schlaganfall-Mittel weltweit auf mehr als zehn Milliarden Dollar. Davon möchte sich Bayer einen gehörigen Anteil sichern. Im vorbörslichen Handel bei Lang & Schwarz legte die Aktie gegen 8 Uhr um knapp fünf Prozent auf 40,90 Euro. Ein Händler warnte allerdings davor, die Auswirkungen der Empfehlung auf den Kurs zu überschätzen. «Xarelto wird wahrscheinlich nicht als Standardtherapie empfohlen, so dass das Umsatzpotenzial niedriger ausfallen könnte als bislang erhofft.» Daher könnte das Papier im Handelsverlauf einen Teil der Gewinne wieder abgeben.
Entscheidender Hoffnungsträger
Xarelto gilt als der entscheidende Hoffnungsträger für das Bayer-Pharmageschäft. Der Einsatz bei Schlaganfällen ist ein besonders umsatzträchtiges Anwendungsgebiet. Insgesamt werden dem Mittel von Bayer in allen Einsatzgebieten Spitzenumsätze von mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr zugetraut. Bayer entwickelt das Mittel zusammen mit seinem US-Partner Johnson & Johnson. Vor der entscheidenden Sitzung des Ausschusses hatten kritische Fragen von Vertretern der FDA die Erwartungen an eine rasche Zulassung bereits stark gedämpft, woraufhin der Bayer-Kurs am Dienstag zweistellig eingebrochen waren. Analysten hatten nach den kritischen Äusserungen mindestens mit einer Verzögerung bei der Zulassung für dieses Anwendungsgebiet in den USA gerechnet.
Johnson & Johnson entrichtet Lizenzgebühren für USA
Während Bayer die Vertriebsrechte für Xarelto für sämtliche Märkte ausserhalb der USA besitzt, hat sein Kooperationspartner Johnson & Johnson diese für die USA und verbucht etwaige Umsätze bei sich. Bayer erhalte von Johnson & Johnson Lizenzgebühren in Abhängigkeit von möglichen Umsätzen. Bayer geht nun unverändert davon aus, seine eigenen Umsätze in der geplanten Höhe in den grossen Märkten ausserhalb der USA sowie in Europa und Japan, erzielen zu können. Die Zulassung von Xarelto in Europa werde weiter im dritten oder vierten Quartal 2011 erwartet, bekräftigte die Sprecherin. (awp/mc/ps)