Bundesrat will auch keine AKW neuer Generation
Bern – Der Bundesrat möchte den Bau neuer Atomkraftwerke in der Schweiz gänzlich verbieten: Er spricht sich dagegen aus, die Türe für Atomkraftwerke einer neuen Generation offen zu lassen, wie dies die Energiekommission des Ständerates will. Ein Ausstieg mit Einschränkungen würde zu grosser Unsicherheit führen, schreibt der Bundesrat in seiner am Donnerstag veröffentlichten Antwort auf eine Motion. Es sei unklar, was eine neue Reaktortechnologie wäre und wer dies definieren würde.
Er verschliesse sich allfälligen technischen Neuerungen nicht, hält der Bundesrat fest. Doch sollte bis dahin der Weg, die bestehenden Kernkraftwerke nicht zu ersetzen, «unmissverständlich befolgt werden». Es gehe auch um Planungssicherheit. Der Bundesrat schreibt dies in der Antwort auf eine Motion von FDP-Nationalrat Felix Gutzwiller (ZH). Dieser verlangt, dass nur der Bau von Atomkraftwerken «mit der aktuellen Reaktorgeneration» verboten wird. Ein ähnliches Ziel verfolgt die ständerätliche Energiekommission (UREK). Sie möchte nur den Bau von Atomkraftwerken der «heutigen Generation» verbieten.
Ständeratsentscheid am 28. September
Am Mittwoch bekräftigte die Kommission dies; den Grundsatzentscheid dazu hatte sie bereits vergangene Woche gefällt. Laut Kommissionsmitglied René Imoberdorf (CVP/VS) opponierte Energieministerin Doris Leuthard damals nicht gegen den Kompromissvorschlag. Der Ständerat entscheidet am 28. September, ob er die vom Nationalrat gutgeheissenen Vorstösse für ein Verbot neuer AKW abändert oder nicht. Daneben hat er sich auch mit einer Reihe von Vorstössen zu erneuerbaren Energien zu befassen – unter anderem mit der Frage, ob das Verbandsbeschwerderecht bei Energieprojekten aufgehoben werden soll.
Beschwerderecht noch nicht definitiv
Der Nationalrat hatte einer Motion zugestimmt, welche die Aufhebung dieses Rechts verlangt. Umweltverbände könnten damit künftig gegen Wind- oder Wasserkraft-Projekte keine Beschwerde mehr erheben. Die Ständeratskommission will davon aber nichts wissen. Mit nur einer Gegenstimme beschloss die Kommission, den Motionstext abzuändern – und zwar so, dass ein Verbot nicht mehr zur Debatte steht. Der Bundesrat soll lediglich beauftragt werden, Massnahmen zu ergreifen, damit Einsprachen in einem möglichst raschen Verfahren behandelt werden. Dabei soll er auch die Einführung von Behandlungsfristen prüfen. Nimmt der Ständerat die Motion in der abgeänderten Form an, ist die Aufhebung des Beschwerderechts vorläufig vom Tisch: Der Nationalrat kann die abgeänderte Motion annehmen oder ablehnen, jedoch nicht zu seiner Version zurückkehren.
Deckelung des KEV-Zuschlags soll beibehalten werden
Weiter sprach sich die Ständeratskommission dagegen aus, die Deckelung des Zuschlags zur Finanzierung der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) für Strom aus erneuerbaren Energien aufzuheben. Mit 9 zu 3 Stimmen empfiehlt sie dem Ständerat, zwei Motionen abzulehnen, wie die Parlamentsdienste am Donnerstag mitteilten. Der Nationalrat hatte mit einem Ja zu den Motionen ein Zeichen für die Förderung erneuerbarer Energien gesetzt. Nach seinem Willen soll nicht nur die Gesamtbegrenzung, sondern auch die Obergrenze für einzelne Technologien aufgehoben werden, damit mehr erneuerbare Energien gefördert werden können. Die Ständeratskommission sorgt sich eher, dass die Energiekosten Grossverbraucher zu stark belasten könnten: Sie möchte, dass Verbraucher, deren Elektrizitätskosten mehr als 10% der Bruttowertschöpfung betragen, vom KEV-Zuschlag auf Strom befreit werden.
Vorstösse zur Versorgungssicherheit zur Annahme empfohlen
Für Endverbraucher mit Elektrizitätskosten von 4 bis 10% der Bruttowertschöpfung soll der Zuschlag reduziert werden. Die Kommission fordert dies mit einer Parlamentarischen Initiative. Stimmt die nationalrätliche Schwesterkommission zu, kann die Ständeratskommission eine Gesetzesvorlage ausarbeiten. Zur Annahme empfiehlt sie schliesslich Vorstösse, welche die Versorgungssicherheit betreffen. Demnach soll der Bundesrat den Grad der Versorgungssicherheit definieren und das technische Potenzial diverser Energiequellen umfassend beurteilen. Auch Vorstösse zu den Stromnetzen hat die Kommission gutgeheissen. Unter anderem soll der Bundesrat Bewilligungsverfahren für den Bau von Hochspannungsleitungen vereinfachen.(awp/mc/ps)