Artur P. Schmidt: Sie müssten alle laut schreien
Ein Kommentar von Artur P. Schmidt
Das Bekämpfen von Symptomen
Wenn Dummheit, weh täte, dann würde ein lautes Gebrüll Europas Parlamente durchziehen. Selten hat man Eliten gesehen, die vor Einfältigkeit nur so strotzen und die mit Methoden von vorgestern aktuelle und Probleme von morgen lösen wollen. Die Kursstürze rund um den Globus sind nichts anderes als die Antwort des Marktes, der Notenbanker und Politiker spüren lässt, dass sie von Anbeginn der Finanzkrise an alles falsch gemacht haben, was man nur falsch machen konnte. Die Euro- und Dollar-Krisen gehen in die Verlängerung, ohne dass es den Akteuren irgendwann einmal in den Sinne käme, die Ursachen anstatt die Symptome der Krise zu bekämpfen.
Die Phase der Absurdität
Das, was zuvor schon bei den Amerikanern vorgemacht wurde, nämlich durch Gelddrucken die Wirtschaft wieder flott zu machen, und was auch die Europäer seit geraumer Zeit versuchen, nämlich die Schulden weg zu inflationieren, ist zum Scheitern verurteilt, weil es die Lösung der Probleme immer weiter in die Zukunft prolongiert. Man wird den Eindruck nicht los, dass gerade in Europa das erstarrte Klima der 80er Jahre aktuell eine Neuauflage erfährt. Die Märkte sollen mit verbalen Valiumdosen beruhigt werden, doch niemand glaubt einem Berlusconi, wenn er ein hohes Wachstum für Italien verspricht. Zu viele Lobbyisten und Banker haben die westlichen Industriestaaten in den letzten Jahren zu Selbstbedienungsläden für Ihre persönlichen Interessen missbraucht. Wir leben aktuell in einer Phase der kompletten Absurdität, die wahrscheinlich nur kommenden Generationen als solche erkennen werden. Entscheidungen werden heute ohne die Berücksichtigung von Wechselwirkungen oder dem Vorhandensein von Lenkungscockpits im absoluten Blindflug getroffen.
Ein Trojaner namens Sozialismus
Nachdem der Sozialismus in sich zusammengebrochen war, glaubte man, dass goldene Wachstumszeiten anbrechen würden ohne zu merken, dass mit dem Zusammenbruch die Umwandlung der westlichen Industriestaaten in sozialistische «Banksterdiktaturen» eingeleitet wurde. Den Höhepunkt dieser sozialistischen Inbesitznahme des Kapitalismus stellt sicherlich der kontinuierliche Aufstieg Chinas und die Bankenrettung durch Bailouts dar. Dass ausgerechnet das kommunistische Land China heute zum kapitalistischsten Land der Welt geworden ist, ist die Rache des Marktes gegenüber denjenigen, die versucht haben, ihre Probleme durch die Verlagerung von einer Blase zu einer noch grösseren Blase zu lösen. Durch die Manipulation von Statistiken, die Ausblendung von Risiken, eine falsche Zinspolitik und die Rettung bankrotter Banken wurde die endgültige Ruinierung der Staatsfinanzen eingeleitet. Die Euro-Zone und die USA nähern sich in immer schnelleren Schritten der Zahlungsunfähigkeit mit der Folge, dass sich damit nicht nur die wirtschaftlichen, sondern vor allem die politischen Machtgefüge nachhaltig verändern.
Die Schuldenfalle droht
Asien wird als der klare Sieger aus dem transatlantischen Offenbarungseid hervorgehen. Der grösste Kapitalgeber der Welt, China, wird vor allem bei den USA nicht mehr lange zuschauen, wie dort im Rahmen einer peinlichen Schmierenkomödie die Frage diskutiert wird, mit welchen Bedingungen man die Schuldengrenze der USA anheben kann. Sie werden Ihre Dollaranlagen reduzieren mit der Folge, dass nach der aktuellen deflationären Bereinigungsphase die Kosten für Kredite in den USA, wenn deren Kreditwürdigkeit nicht mehr nur durch S&P herabgestuft worden ist, griechische Verhältnisse erreichen können. Ist das Vertrauen erst einmal verloren, wird es für die grösste Volkswirtschaft der Welt schwer werden, sich an den weltweiten Finanzmärkten noch billiges Geld zu leihen. Dannzumal wird den USA das japanische Schicksal drohen, allerdings mit einem schlechten Rating, d.h. das Land könnte mehr als ein Jahrzehnt in einer Schuldenspirale gefangen bleiben, aus dem es nur noch durch eine neue Weltwährung ein Entrinnen gäbe.
Rückführung der Vermögensdisparität
Wir leben heute in den westlichen Industrienationen in Ländern mit der grössten Vermögensdisparität aller Zeiten, wo immer weniger Menschen immer mehr vom zu verteilenden Kuchen besitzen. Wer die Wurzel des Übels anpacken will, muss den Menschen wieder die Kaufkraft zurückgeben und aufhören, diese durch das bewusste Herbeiführen von Inflation zu enteignen. Die Bürger müssen wieder zu Besitzenden gemacht werden, anstatt die Umverteilungspolitik von den Schwächeren zu den Starken fortzusetzen. Die heutigen Eliten werden erkennen müssen, dass weniger mehr ist und dass es darauf ankommt, sich den Ursachen zuzuwenden, warum die Schulden immer grösser werden. Es muss die Frage gestellt werden, ob es Alternativen zum heutigen Zinseszinssystem gibt und wie man die Hortung von Kapital und dessen Verlagerung in die Hände immer weniger stoppen kann. Wer die Innovationsfähigkeit der Länder forcieren will, wird nicht darum herum kommen, den heutigen Akkumulierungskreislauf des Kapitals zu durchbrechen.
Ihre Meinung interessiert uns. Benutzen Sie die untenstehende Kommentarfunktion.
Über Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag erschienen ist, heisst «Unter Bankstern».
Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com, www.wallstreetcockpit.com, www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH. Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.