Detailhändler lassen Innovationen zu wenig Zeit

Detailhändler lassen Innovationen zu wenig Zeit

Marketingspezialist Torsten Tomczak.

Bern – Eine Umfrage des schweizerischen Markenartikelverbandes Promarca unter den 100 Geschäftsführern seiner Mitgliedsunternehmen bestätigt: Der Schweizer Handel lässt neuen, hochinnovativen Markenprodukten zu wenig Zeit, sich am Schweizer Markt durchzusetzen. 60 Prozent der Unternehmen veranschlagen dafür 1 bis 3 Jahre, aber nur jedes vierte bekommt diese Frist vom Handel zugesprochen.

Der Grossteil (67%) der Innovationen muss sich binnen der ersten 12 Monate behaupten – sonst droht die Auslistung. Eine wertvernichtende Praxis für Hersteller, Handel und Konsumenten. Forschung & Entwicklung, Produktion, Vermarktung und Hunderttausende von Franken an Listungsgebühren an den Handel – viel Geld und Zeit investiert ein Markenhersteller in der Schweiz, bis ein neues Produkt im Gestell der Händler steht. Ein enormes wirtschaftliches Risiko, zumal die höchste aller Hürden erst noch ansteht: 56% der befragten Geschäftsführer geben an, vom Handelspartner 7 bis 12 Monate Zeit eingeräumt zu bekommen, um mit ihren hochinnovativen Neuprodukten erfolgreich zu sein, 11% sogar nur 1 bis 6 Monate. Dabei bräuchten diese eigentlich 1 bis 2 Jahre (33% der Befragten) bzw. 2 bis 3 Jahre (27%), um reüssieren zu können.

Gemeinsame Wege finden
Prof. Torsten Tomczak, Marketingspezialist an der Universität St. Gallen (HSG), ist sich sicher: «Hochinnovative Neuprodukte sind sowohl für den langfristigen Erfolg von Markenherstellern als auch für die Differenzierung von Händlern wichtig. Dass benötigte und gewährte Zeit bis zur Marktdurchsetzung auseinanderklaffen, führt grundsätzlich zu einer Wertvernichtung. Hersteller und Händler sollten daher gemeinsame Wege finden, um mit doppelter Kraft hochinnovativen Neuprodukten schneller zu Markterfolg zu verhelfen. Beispielsweise über gemeinsame Promotionen oder Zusammenarbeit bereits in der Phase der Produktentwicklung. Somit würde für alle Seiten Mehrwert geschaffen – für Händler, Markenhersteller und Konsumenten.»

Flops als Folge
Dass dies dringend notwendig ist, beweisen die massiven Konsequenzen der bisherigen Handelspraxis: Mehr als jeder dritte Produkte-Flop ist laut den befragten CEOs darauf zurückzuführen, dass die Händler dem Neuprodukt zu wenig Zeit gewährt haben. Anastasia Li-Treyer, Direktorin des Schweizerischen Markenartikelverbandes Promarca, hält die Schweizer Händler daher an, Innovationen eine Chance zu geben, auch im eigenen Interesse: «Markenhersteller leisten mit Innovation Grosses für den Konsumenten, den Wirtschaftsstandort Schweiz und den Händler selber, der mit Markenprodukten Kunden in seine Läden holt. Um eine Markenpersönlichkeit aufzubauen und sich im Kopf der Konsumenten zu verankern, braucht es aber mehr als ein Jahr. Das müssen die Händler anerkennen und im Sinne einer guten Partnerschaft Markenherstellern entgegenkommen.» Allein im Jahr 2010 hätten die knapp 100 Promarca Mitglieder 6354 Produkte lanciert. «Dies zeigt, wie wichtig Innovation für Marken ist», unterstreicht Li-Treyer. (Promarca/mc/ps)

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