Industriekapitän will Euro von der SNB für 1,45 CHF

Industriekapitän will Euro von der SNB für 1,45 CHF

Jürg Brand, VRP VonRoll infratec.

Luzern – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) soll unter der CHFstärke ächzenden Exporteuren den Euro zu 1,45 CHF umtauschen, fordert ein Industriekapitän. Die Politik hat sich am Wochenende ebenfalls zu Wort gemeldet: Während die CVP eine Sondersession des Parlaments fordert, sind für die SVP längere Arbeitszeiten unvermeidlich. In der vergangene Woche fiel der schwächelnde Euro zeitweise unter die Marke von 1,15 CHF.

Ein Vorzugskurs als zeitlich begrenzte Massnahme für den Export würde laut Jürg Brand, Verwaltungsratspräsident der 800 Mitarbeiter zählenden Zuger Firma VonRoll infratec, wieder Luft geben. VonRoll infratec, aus dem Giesserei- und Wassergeschäft des Von-Roll-Konzerns entstanden, ist direkt und indirekt zu 90% vom Export abhängig und hat laut Brand durch den Kurszerfall der Einheitswährung 15% an Umsatz verloren, wie Brand der Zeitung «Zentralschweiz am Sonntag» sagte. Es gehe um die Substanz des Werkplatzes Schweiz, warnt der Konzernlenker. Deswegen will Brand auch bei den Steuern ein Zeichen setzen: «Wenn wir 15% weniger einnehmen, dann können wir halt auch nur 15% weniger abliefern.»

«Keine Steuerverweigerung»
«Konkret heisst das, dass wir beispielsweise eine Abgaberechnung in der Höhe von einer Million CHF nur im Umfang von 800’000 CHF bezahlen», sagte Brand. Dies sei keine Steuerverweigerung, sondern «zeitgerechte Berücksichtigung» einer fundamentalen Krise. VonRoll infratec bereite Schreiben an die Amtsstellen jener Kantone vor, in denen die Gruppe Steuern bezahlen muss. Es sei ihm aber bewusst, dass dieses Vorgehen juristisch nicht durchsetzbar sei. Daher sei das Vorhaben ein Ersuchen um politische Unterstützung, sagte Brand. Brand versteht seine ungewöhnliche Forderung als Weck- und Hilferuf an die Politik. Die Verantwortlichen, namentlich Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (FDP), reagierten auf die Dramatik der Euro- und Dollarkrise nicht entschieden genug.

CVP fordert Sondersession zur CHF- und Europroblematik
Kritik an Wirtschaftsminister äusserte auch der Parteipräsident der CVP, Christophe Darbellay. Schneider-Ammann habe das Problem wohl erkannt, aber er bringe keine Lösungsvorschläge, sagte der CVP-Chef gegenüber der «Südostschweiz am Sonntag»: «Jetzt geht er in die Ferien. Das ist falsch, denn wir dürfen nicht noch mehr Zeit verlieren.» Darbelley will deswegen eine Sondersession zur CHF- und Europroblematik. Dafür müsse der Bundesrat Vorgehensweisen ins Gespräch bringen, über die das Parlament nach der Sommerpause beraten könne. Auch die SNB müsse in den «Masterplan» einbezogen werden. Eine Absage erteilte der CVP-Chef aber der Forderung der SP, den CHF an den Euro anzubinden sowie den UBS-Vorschlag eines 100-Milliarden-Staatsfonds. Die Schweiz brauche weiter gesunde Staatsfinanzen.

SVP für längeres Arbeiten
Gegen Staatshilfen ist auch SVP-Präsident Toni Brunner, der in der «Samstagsrundschau» auf Schweizer Radio DRS eine Steigerung der Produktivität als Mittel gegen die Folgen der Frankenstärke nannte. Dies bedeute, dass Arbeitszeiten verlängert werden müssten. Für Brunner ist dies eine ähnliche Massnahme wie die Kurzarbeit, zu der in der jüngsten Rezession zahlreiche Firmen gegriffen hatten. Es sei eine Illusion, dass die Schweiz den Euro stützen und den CHF schwächer machen könne, sagte Brunner. Zudem müsse die Schweiz ausbaden, was Europa mit der Schuldenkrise eingebrockt habe: Die Schweiz treffe keine Schuld am starken CHF. (awp/mc/ps)

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