Islamic Bonds sind wieder gefragt
Gillian Walmsley, Head of Fixed Income Products, London Stock Exchange (LSE), baut das Segment für Sukuk konsequent aus, doch die Bourse de Luxembourg ist ihr auf den Fersen.
von Gérard Al-Fil
Gerade hat die London Stock Exchange (LSE) zwei neue Islamic Bonds auf ihren Kurszetttel gelockt: einen von der Islamischen Entwicklunsgbank IDB und einen weiteren von Sharjah Islamic Bank aus dem gleichnamigen Scheichtum. Nach einem moderaten Jahr 2009 befinden sich Scharia-Bonds wieder im Aufwind.
Neuer Appetit auf Sukuk
Seit Anfang 2011 wurden weltweit Islamic Bonds, auch Sukuk genannt, im Wert von 7,8 Mrd. Dollar platziert, ein Zuwachs von 24 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. In London kommt das LSE-Segment Fixed Income unter der Leitung von Gillian Walmsley mit den zwei eingangs erwähnten Neuplatzierungen auf 33 Sukuk. Diese vereinen 19,4 Mrd. Dolllar auf sich, ein Plus von 72% im Vergleich zu Ende 2009.
In Ägypten stellt der Gesetzgeber derzeit die rechtlichen Weichen für islamische Finanzierungspapiere. Unter Ex-Präsident Mubarak, der im Februar nach einem Volksaufstand gestürtzt wurde, fristste die Islamic Finance am Nil nur ein Schattendasein. Al Baraka Bank Egypt hat Interesse bekundet, den ersten Sukuk aus Kairo zu begeben.
Sukuk sind keine Anleihen
Laut HSBC Amanah, dem islamischen Bankenbereich von Europas grösster Bank HSBC, ist die Pipeline auch für das zweite Halbjahr gut gefüllt. HSBC Middle East lancierte vor einigen Wochen als erste konventionelle Bank einen Sukuk über 500 Mio. Dollar.
Sukuk fallen nicht unter die Kategorie «Festverzinsliche» im konventionellen Sinne, da sie gerade keine Zinskupons aufweisen. Zinsen gelten im Islam als verpönt. Vielmehr werden die Käufer von Sukuk an periodischen Auschüttungen zugrunde liegender Anlageobjeke (Immobilien, Rohstoffe,…) beteiligt, wie beispielswiese an Mieteinnahmen.
Royaler Wettlauf: London vs. Luxemburg
Im Bereich Sovereign Sukuk musste die Branche einen Wehrmutstropfen schlucken, als Luxemburg vor einigen Wochen erklärte einen angekündigten Islamic Bond vorerst nicht zu emmitieren. Da das Grossherzogtum mit einem Schuldenstand zum BIP von nur 14% kaum öffentlichen Finanzierungsbedarf hat, wäre ein Luxemburg-Sukuk eher «gesture econmomics». Mit 16 kotierten Sukuk im Wert von 5,5 Mrd. Euro ist die Bourse de Luxembourg die stärkse Konkurrentin der Londoner LSE. Die Swiss Exchange SIX hält sich aus dem Sukuk-Markt konsequent raus.
Nach Angaben der Credit Suisse stieg der weltweite Sukuk-Markt 2010, also Neuemissionen und bestehende Sukuk zusammen gerechnet, um über die Hälte an, auf knapp 60 Mrd. Dollar. Der westafrikanische Staat Ghana plant bis Ende Jahr einen Sukuk zu platzieren. Mit der Bewertung einer internationalen Rating-Agentur lassen sich Scharia-Bonds zu vergleichbaren Kosten platzieren. Mit Sukuk dürfen keine «unislamischen» Betriebe finanziert werden wie Rüstungsfirmen, Alkohol-, Schweinefleisch- und Tabakproduzenten oder Entertainmentfirmen.
Auch für Kleinanleger geeignet
Sukuk sind aber nicht nur Instrumente für Staaten und Konzerne. Auch unter Kleinanlegern erfreuen sich Islamic Bonds immer grösserer Beliebtheit. In den Vereinigten Arabischen Emiraten bringt der Staat seit 2006 National Bonds («Sukuk Al-Watanyia») unters Volk, die islamsch korrekt in Projekte investieren und bislang einen Gewinnateil um 4 Prozent pro Jahr ausschütten. Damit soll die Bevölkerung zum Sparen motiviert werden. Bis dato haben sich über 600,000 private Anleger National Bonds ins Depot gelegt.