Avenir Suisse: Magnet Schweiz – Premiumstandort mit Verknappungseffekten

Avenir Suisse: Magnet Schweiz – Premiumstandort mit Verknappungseffekten

Zürich – Wie ein Magnet zieht die Schweiz Firmensitze, Privatvermögen und Arbeitskräfte an. Diese Attraktivität beschert dem Land Wachstum und Wohlstand, aber auch Probleme – wie die aktuelle Diskussion über die Personenfreizügigkeit zeigt. Ein Leporello von Avenir Suisse bereichert die emotional ge-führte Debatte mit Zahlen und Fakten.

Dank guter Rahmenbedingungen feiert die Schweiz im globalen Standortwettbewerb grosse Erfolge und landet in internationalen Rankings meist auf Spitzenplätzen. Der Zuzug von Firmen und Arbeitskräften führt aber auch zu negativen Begleiterscheinungen. Angesichts von Auswir-kungen wie Siedlungsdruck, Verkehrsstaus und Dichtestress fragen sich immer mehr Einwohner: Bezahlt die Schweiz einen zu hohen Preis für ihre Attraktivität? Das Leporello «Magnet Schweiz: Die Schweiz im internationalen Standortwettbewerb» zeigt, dass der Zuzug von qualifizierten Arbeitskräften nur eine – wenn auch wichtige – Facette der Standortattraktivität ist. Das Land zieht auch andere mobile Wirtschaftsaktivitäten und Produktionsfaktoren an, darunter Firmenzentralen, Produktionsstätten, Finanzanlagen und vermögende Privatpersonen. Jeder zehnte Milliardär der Welt lebt hier, und die Schweiz hat weltweit eine der höchsten Dichten an Millionärshaushalten (22%). Ein Viertel (27%) aller grenzüberschreitend verwalteten Finanzanlagen werden am Finanzplatz Schweiz verwaltet.

«Denker-und-Lenker»-Ökonomie
Die Schweiz weist schon lange eine einzigartige Dichte international agierender Unternehmen auf. Auf der aktuellen Liste der Global 500 des US-Wirtschaftsmagazins «Fortune» stehen 15 Schweizer Firmen, also fast 2 pro Million Einwohner – die Niederlande auf dem zweiten Platz kommen nur auf einen Wert von 0,8. Multinationale Unternehmen – d.h. Firmen mit einem besonders hohen Grad an internationalen Verflechtungen – erarbeiten ein Drittel der Schweizer Wirtschaftsleistung (BIP). Und ihre Bedeutung nimmt zu: 2003-2009 zogen 269 ausländische Firmen mit ihrem Hauptquartier in die Schweiz. Dadurch entwickelt sich die Schweizer Wirtschaft zusehends zu einer «Denker-und-Lenker-Ökonomie», von der aus internationale Firmennetzwerke gesteuert werden. Das bringt der Schweiz viele Arbeitsplätze und Aktivitäten mit hoher Wertschöpfung. Ein Indikator dafür ist der Bestand an Direktinvestitionen. Er entspricht in der Schweiz 164% der nationalen Wirtschaftsleistung, also des BIP. Damit liegt die Schweiz weit vor Deutschland (41%) und Österreich (44%) und auch noch deutlich vor anderen stark internationalisierten, wohlhabenden Ländern wie Schweden (91%) oder den Niederlanden (108%).

Job-Maschine Schweiz
Von 2002 bis 2007 schuf die Schweizer Wirtschaft 350’000 zusätzliche Arbeitsplätze. Die neuen Jobs wurden zu 60 Prozent mit Zuwanderern besetzt, und inzwischen wird jede vierte Arbeitsstunde von Ausländern geleistet. Die Personenfreizügigkeit war eine wichtige Voraussetzung für den Boom der letzten Jahre. Während das Wachstum der Schweiz vor 2004 (Abschaffung des Inländervorrangs) unter dem Durchschnitt der Euro-Zone lag, liegt es seither darüber. Die Zuwanderung verschaffte der Schweiz einen Wachstumsbonus. Dies hängt auch mit dem veränderten Migrationsmix zusammen. Da die Zuwanderung im Rahmen der Personenfreizügigkeit durch den Arbeitsmarkt gesteuert wird, kamen in den letzten Jahren viele qualifizierte Arbeitskräfte in die Schweiz. Der Anteil der Einwanderer, die aus Gründen der Erwerbstätigkeit neu ins Land kamen, verdoppelte sich innerhalb von zehn Jahren (1998–2008) von 21% auf knapp 49%. In den letzten 15 Jahren erhöhte sich zudem der Anteil der einwandernden Erwerbstätigen mit tertiärem Bildungsabschluss (d.h. Hochschule, Fachhochschule, höhere Berufsschule) von 21% auf 56%.

Verknappungseffekte und «Dichtestress»
Zu den wirtschaftlichen Vorteilen des «Ressourcen-Magnetismus» zählen höheres Wachstum und die gute Lage der öffentlichen Haushalte und Sozialkassen. Zusehends werden jedoch auch negative Begleiterscheinungen sichtbar, wie etwa Verkehrsengpässe, Zersiedelung, steigende Immobilienpreise und Überfremdungsängste, die mit dem starken Zuzug verbunden sind. Auch andere «Premiumstandorte» wie Singapur, London oder der Grossraum München leben mit diesem Spannungsverhältnis zwischen Vor- und Nachteilen ihres Magnetismus. Durch die Bevölkerungszunahme ergeben sich gerade für ein kleines, dichtbesiedeltes Land wie die Schweiz gewisse «Verknappungseffekte». Aufgrund der kontinuierlich hohen Zuwanderung hat die Einwohnerzahl der Schweiz in den letzten 30 Jahren um 1,5 Millionen zugenommen. Dies entspricht einem langjährigen Wachstum von 50‘000 Personen pro Jahr. In den letzten Jahren betrug der jährliche Zuwachs sogar 50‘000–100‘000. Entsprechend stark ist die Bauaktivität: Während sich die Siedlungsfläche vor der Jahrtausendwende noch um 13 km2 im Jahr ausdehnte, wuchs sie seither (2002–2008) um 27 km2 pro Jahr. Die Sorgen vor einer Überbevölkerung sind zwar insofern zu relativieren, als die Bevölkerung der Schweiz ist so gross wie die von London, dessen Fläche nur jener des Kantons Zürich entspricht.

Gleichwohl bringt die Bevölkerungszunahme eine Zersiedelung der Landschaft und Engpässe bei der Infrastruktur mit sich und verschärft jene Entwicklungen, die sich auch ohne Zuwanderung abgezeichnet haben, aufgrund einer unkoordinierten Einzonungspolitik und einer durch massive Subventionen (über 50% der Kosten der Eisenbahn) geförderten Übernutzung der Verkehrsinfrastruktur. Einige der negativen Effekte konzentrieren sich besonders stark auf einige «Hot-Spots». So sind die Immobilienpreise vor allem in Genf, Zürich und einigen Niedrigsteuergebieten gestiegen, während die Entwicklung im Rest des Landes deutlich gemässigter verlief. Inflationsbereinigt liegen die Preise in den meisten Regionen – mit Ausnahme der Genfersee-Region – etwa auf dem Niveau der späten 1980er Jahre. (AS/mc/hfu)

Publikation:
Das Leporello «Magnet Schweiz» mit weiteren Zahlen, Fakten und Vergleichen ist in Deutsch, Französisch und Italienisch erschienen und kann auf der neuen Website von Avenir Suisse heruntergeladen werden.

Weitere Auskünfte:
Dr. Daniel Müller-Jentsch, [email protected], Tel. 044 445 90 14

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