Swissmem bedauert den Entscheid des Bundesrates
Hans Hess, Präsident Swissmem
Zürich – Swissmem bedauert den Entscheid des Bundesrates, die bestehenden Kernkraftwerke am Ende ihrer Betriebszeit nicht zu ersetzen. Der Bundesrat hat damit grundlegende Weichen gestellt, ohne dass zum heutigen Zeitpunkt eine realistische und fundierte Gesamtenergiestrategie vorliegt, wie die wegfallende Stromproduktion aus Kernkraft ökonomisch wie auch ökologisch sinnvoll ersetzt werden könnte.
Damit sind Versorgungssicherheit, Autonomie und Wirtschaftlichkeit bei der Stromproduktion gefährdet. Für den Industriestandort Schweiz ist eine lückenlose Versorgungssicherheit von grösster Bedeutung. Bereits kurze Stromausfälle können zu finanziellen Ausfällen in Millionenhöhe führen. Die Schweizer Kernkraftwerke tragen zurzeit 40% zur inländischen Stromproduktion bei und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Bereits heute reicht die inländische Stromproduktion nicht aus, um die Nachfrage im Winterhalbjahr zu decken.
Vor diesem Hintergrund ist der bundesrätliche Entscheid für Swissmem bedauerlich:
- Der schrittweise Verlust von 40% der inländischen Stromproduktion kann in den nächsten 10 bis 15 Jahre nicht allein durch Effizienzmassnahmen und erneuerbare Energien kompensiert werden. Damit ist die für die Industrie essenziell wichtige Versorgungssicherheit gefährdet.
- Es besteht noch keine realistische und politisch umsetzbare Vorstellung, wie die wegfallende Stromproduktion ersetzt werden soll. Auf Stromimporte zu setzen, ist unverantwortlich, weil sich auch im Ausland die Produktionskapazitäten verknappen. Ausserdem können nur Produktionskapazitäten in der Nähe des Verbrauches eine hohe Versorgungssicherheit garantieren.
- Um die wegfallende Stromerzeugungskapazität mittel- und langfristig mit erneuerbaren Energien zu ersetzen, ist ein massiver Ausbau der Infrastruktur (Stromnetze, Speicherkraftwerke, Windkraftanlagen, etc.) notwendig. Deren gesellschaftliche Akzeptanz ist aus heutiger Sicht noch nicht gesichert.
- Für breitbandige Stromerzeugung stehen als Alternative zur Kernkraft heute nur Gaskombikraftwerke zur Verfügung. Die Schweiz wird daher zwangsläufig ihre CO2-Emissionen massiv erhöhen. Damit wird das Erreichen der CO2-Reduktionsziele allein mit Inlandmassnahmen illusorisch. Dazu kommen hohe Auslandabhängigkeit und hohe Investitionen in grosse Gasspeicher.
- Eine Diskussion unter Einbezug aller technologischen Varianten ist nun verunmöglicht. Mit dem Verzicht auf die Kernkraft wird eine Technologie a priori ausgeschlossen, die sicherheitstechnisch, wirtschaftlich und ökologisch (wie im Übrigen alle Formen der Stromerzeugung) über Entwicklungspotenzial verfügt.
Im Interesse des Produktionsstandortes Schweiz stellt Swissmem folgende Forderungen an Bundesrat und Parlament:
- Eine Expertenkommission muss innerhalb der nächsten 6 Monate eine fundierte Gesamtenergiestrategie erarbeiten und realistische, politisch umsetzbare Möglichkeiten aufzeigen, wie die wegfallenden Kraftwerkskapazitäten ersetzt werden können.
- Die klimapolitischen Rahmenbedingungen müssen angepasst werden, damit Gaskombikraftwerke wirtschaftlich betrieben werden können. Insbesondere das CO2-Gesetz muss im Hinblick auf die Möglichkeit der Auslandkompensation nochmals überarbeitet werden.
- Die nun zu erwartenden der neuen Lenkungs- und Fördermassnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz und zugunsten der erneuerbaren Energien werden den Strompreis deutlich erhöhen. Sie müssen jedoch so ausgestaltet werden, dass sie die Industrie und das verarbeitende Gewerbe nicht aus der Schweiz verdrängen. Die Wirtschaft muss bei der Planung dieser Lenkungs- und Fördermassnahmen zwingend eingebunden werden.
(Swissmem/mc/hfu)