Höhere Strompreise senken Verbrauch nur langfristig

Höhere Strompreise senken Verbrauch nur langfristig

KOF: Ein vollständiger Atomausstieg führt zu einem Strompreisanstieg von rund zwei Drittel.

Zürich – Die KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich hat in einer breit angelegten Literaturstudie untersucht, wie stark Energiepreisänderungen die Nachfrage nach Elektrizität beeinflussen. Es zeigt sich, dass kurzfristig geringe, längerfristig grössere Nachfrageänderungen festzustellen sind.

Die Studie soll einen Informations- und Diskussionsbeitrag zur zukünftigen Ausrichtung der Schweizer Energiepolitik liefern. Die volkswirtschaftlichen Kosten verschiedener energiewirtschaftlicher Strategien hängen wesentlich davon ab, welche Auswirkungen mit Änderungen der Energiepreise verbunden sind. Im Fokus der KOF Studie steht dabei die Frage, wie stark die Nachfrage nach Elektrizität auf eine Änderung des Preises reagiert. Die KOF hat die wichtigsten Forschungsergebnisse zu dieser sogenannten Preiselastizität zusammengetragen. Sie bieten eine Informationsbasis für die gegenwärtige Diskussion um die Ausrichtung der schweizerischen Energiepolitik.

Nachfrage kurzfristig unelastisch
Bei der Preiselastizität der Elektrizitätsnachfrage wird deutlich, dass die Bandbreite der Auswirkungen relativ gross ausfällt. Dennoch lassen sich gewisse Muster erkennen. So sind die Auswirkungen von Preisänderungen auf die Nachfrage kurzfristig (d.h. ein Zeithorizont von bis zu einem Jahr) gering. Dies trifft sowohl für die privaten Haushalte wie auch für den industriellen und gewerblichen Verbrauch zu. Konkret: Im Durchschnitt der vorliegenden Ergebnisse führt ein 10-prozentiger Anstieg der Elektrizitätspreise zu einem 2-prozentigen Rückgang der Nachfrage. Die Schätzwerte zur langfristigen Preisreaktion (d.h. ein Zeithorizont von nicht weniger als zehn Jahren) zeigen, dass bei den privaten Haushalten ein 10-prozentiger Anstieg der Elektrizitätspreise durchschnittlich zu einem 6-prozentigen Nachfragerückgang führt. Im industriellgewerblichen Sektor schwankt der Nachfragerückgang zwischen 6 und 10 Prozent. Damit ist die Preiselastizität der Nachfrage in der Regel kleiner als eins und gilt als relativ unelastisch.

Atomausstieg führt zu um 2/3 erhöhte Stromkosten

Das heisst, dass langfristige Preisänderungen relativ hoch sein müssen, um die Nachfrage substanziell zu beeinflussen. Dieser stärkere Rückgang in der langen Frist dürfte auf einen erhöhten Einsatz energieeffizienter Investitionen zurückzuführen sein. Nimmt man die in der Studie betrachtete Literatur, die grösstenteils auf Erfahrungen im Ausland beruht, als Grundlage, so würde in einem Extremszenario, das die Abschaltung aller AKW in der Schweiz vorsieht (etwa 40% der Elektrizitätsproduktion), ein Preisanstieg um rund 2/3 resultieren, damit die Nachfrage sich entsprechend anpasst. Eine solche partielle Betrachtung kann jedoch nicht als Grundlage für die Abschätzung der tatsächlichen Auswirkungen dienen. Beispielsweise ist hierbei nicht berücksichtigt, dass ein solcher Preisanstieg Potenzial für alternative Energiequellen eröffnen könnte. Weitere Forschung ist hierzu somit notwendig.

Einpreisung der gesamten Kosten
In der zukünftigen Elektrizitätsstrategie dürften die Strompreise eine immer stärkere Rolle spielen, sei es für Anreize in Effizienzinvestitionen, für die Rentabilität alternativer Energieformen oder für den Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage. Insbesondere wurden bisher die Energiepreise kaum marktbasiert gestaltet und die Gesamtkosten nicht vollständig verursachergerecht getragen. Somit wären durch den Abbau direkter und indirekter Subventionen Wohlfahrtsgewinne möglich. Entscheidend für Investitionen ist dabei, dass die Preissignale langfristig ausgerichtet und glaubwürdig sind – nur dann lohnt es sich, bereits heute zu investieren.  Jede energiewirtschaftliche Strategie, für die sich die Schweiz entscheidet, wird Effekte auf die Preise haben. Dies trifft auch auf den Entscheid über Erneuerung oder Ausstieg aus der Kernkraft zu. Der Ausstieg aus der Atomenergie wie auch die Internalisierung externer Effekte (z.B. höhere Versicherungsdeckung von Kernenergie, steigende Preise für CO2-Emissionszertifikate) von nuk learen oder fossilen Grosskraftwerken dürfte die Konsumenten von Elektrizität stärker belasten.

Die KOF Studie «Elastizitäten und Substitutionsmöglichkeiten der Elektrizitätsnachfrage – Literaturübersicht mit besonderem Fokus auf den Schweizer Strommarkt» ist mit finanzieller Unterstützung des Wirtschaftsverbandes Economiesuisse entstanden. Sie finden die vollständige Studie auf der Homepage der KOF: http://www.kof.ethz.ch

Schreibe einen Kommentar